Politik

Jaques Chiracs Tod löst weltweite Trauer aus

Lesezeit: 2 min
26.09.2019 17:21  Aktualisiert: 26.09.2019 17:29
Der Tod des ehemaligen französischen Präsidenten Jaques Chirac hat weltweit Trauer ausgelöst.
Jaques Chiracs Tod löst weltweite Trauer aus
Foto: Wolfgang_Kumm

Der Tod des früheren französischen Präsidenten Jacques Chirac hat weltweit Bestürzung und Trauer ausgelöst. Chirac sei "ein großer Staatsmann und Europäer" gewesen, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag, kurz nachdem die Angehörigen den Tod des 86-jährigen Chirac bekannt gegeben hatten. Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) erinnerte daran, dass Deutschland und Frankreich während Chiracs und seiner Amtszeit 2003 zu dem "sinnlosen Krieg" im Irak gemeinsam "Nein gesagt" hätten. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigte sich durch die Todesnachricht "bewegt und am Boden zerstört". Chirac sei am Donnerstagmorgen im Kreis seiner Angehörigen "friedlich" gestorben, teilte sein Schwiegersohn mit. Beide Kammern des Pariser Parlaments legten eine Schweigeminute ein.

Chirac war 18 Jahre lang Pariser Bürgermeister, mehrfach Minister, zweimal Premierminister und zwölf Jahre lang - von 1995 bis 2007 - Präsident Frankreichs. Schon 2005 erlitt er einen Schlaganfall. Im Laufe der Jahre kamen andere Gesundheitsprobleme wie Gedächtnisverlust und Schwerhörigkeit hinzu, Ende 2013 musste er sich einer Nierenoperation unterziehen.

Merkel würdigte Chirac als "herausragenden Partner und Freund". "Wir verlieren einen großen Staatsmann und Europäer", erklärte auch Außenminister Heiko Maas (SPD). "Sein Nein zum Irakkrieg und seine konsequente Aufarbeitung der Naziverbrechen auch durch französische Kollaborateure und die Vichy-Regierung ehren sein Andenken." Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hob hervor: "Deutschland hat ihm viel zu verdanken."

"Ihm war klar, dass Europa nur gut funktionieren kann, wenn Deutschland und Frankreich sich einig sind. Er hat Deutschland immer die Hand gereicht", erklärte Schröder. Er habe Chirac, den er als "Freund" bezeichnete, "persönlich sehr geschätzt". Während der Auseinandersetzung mit den USA um den Irak-Krieg sei Chirac für ihn neben dem russischen Präsidenten Wladimir Putin der wichtigste Partner gewesen. Putin bescheinigte Chirac ein "hohes internationales Ansehen als weiser und visionärer Staatenlenker".

Der französische Premierminister Edouard Philippe zeigte sich "sehr bewegt und ein wenig nostalgisch - wie alle Franzosen". Mit Chirac sei ein Mann gestorben, der "im Leben unseres Landes gezählt hat", sagte Philippe. Präsident Emmanuel Macron wollte am Abend eine Fernsehansprache zum Tode Chiracs halten.

In der Außenpolitik sah sich Chirac in der Tradition von Republikgründer Charles de Gaulle und vertrat den Kurs eines unabhängigen Frankreichs, insbesondere auch im Verhältnis zu Washington. Auf EU-Ebene setzte Chirac die enge Partnerschaft mit Deutschland fort - und vertrat immer wieder vehement auch die Interessen der französischen Landwirte. Zum politischen Erbe Chiracs gehören daneben die Verkürzung der Amtszeit des Präsidenten von sieben auf fünf Jahre, die Abschaffung der Wehrpflicht und die Anerkennung der Mitverantwortung des französischen Staates für Nazi-Verbrechen während der deutschen Besatzung.

Nach seinem sozialistischen Vorgänger François Mitterrand, der von 1981 bis 1995 Präsident war, kam Chirac auf die zweitlängste Amtszeit eines französischen Staatschefs nach dem Zweiten Weltkrieg. Er war aber auch der erste Präsident, der nach dem Ausscheiden aus dem Amt 2011 verurteilt wurde - wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder.

Seinen letzten großen Auftritt in der Öffentlichkeit absolvierte Chirac 2014 in Paris am Musée du Quai Branly, das seither seinen Namen trägt. Chirac hatte sich stets durch seine Leidenschaft für Kunstschätze aus fernen Ländern und für das Sumo-Ringen ausgezeichnet.

Chirac heiratete 1956 die Adelige Bernadette Chodron de Courcel, die er an der Elite-Hochschule Sciences Po kennengelernt hatte. Das Paar bekam zwei Töchter, Laurence und Claude. Chirac räumte außereheliche Affären ein, die er jedoch "so diskret wie möglich" ausgelebt habe.

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Die Ampel auf Rot: Warum die deutsche Wirtschaft abwandert
08.05.2024

Der Frust des deutschen Mittelstands ist gewaltig. Immer mehr Unternehmer denken über Verlagerung ihrer Produktionsbetriebe nach. Nach...

DWN
Finanzen
Finanzen KfW: Deutlich weniger Förder-Kredite, aber mehr Gewinn zum Jahresauftakt
08.05.2024

Nach mehreren Krisenjahren hat sich das Kreditgeschäft der staatlichen Förderbank wieder normalisiert. Gleichwohl verdient die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Insolvenzen in Deutschland steigen weiter dramatisch an - Zukunftsaussichten bleiben düster
08.05.2024

Im April verzeichnete Deutschland erneut einen starken Anstieg der Firmeninsolvenzen - ein bedenklicher Trend, der bereits seit 10 Monaten...

DWN
Technologie
Technologie Abzocke an der Ladesäule? E-Auto laden unterwegs teurer als Benzin E10
08.05.2024

Die Begeisterung für Stromer hat in Deutschland schon arg gelitten. Die Ampel gewährt keine Zuschüsse mehr bei der Anschaffung - und nun...

DWN
Unternehmen
Unternehmen BMW mit Gewinnrückgang - Konzernchef Zipse bleibt extrem optimistisch
08.05.2024

Der Autobauer BMW musste im ersten Quartal trotz des florierenden Luxussegments Gewinneinbußen verbuchen. Konzernchef Oliver Zipse bleibt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Siemens Energy beendet Misere und startet Sanierungsplan für Windkraftsparte Gamesa
08.05.2024

Beim kriselnden Energietechnikkonzern Siemens Energy scheint sich der Wind zu drehen. Nach einem guten zweiten Quartal mit schwarzen Zahlen...

DWN
Finanzen
Finanzen Anlagevermögen in Deutschland 2023 um 10 Prozent gewachsen
08.05.2024

Deutsche Kapitalanleger sind trotz schwacher Weltkonjunktur reicher geworden. Eine erfreuliche Nachricht für die Vermögensverwalter, die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft LNG: EU-Sanktionen bedrohen Russlands Energiegeschäfte
08.05.2024

Russland steht vor möglichen schmerzhaften EU-Sanktionen im Zusammenhang mit seinen Geschäften im Bereich Flüssigerdgas (LNG). Die...