Die Windenergie ist aus Deutschland nicht mehr wegzudenken. Im vergangenen Jahr hat sie fast ein Fünftel zur gesamten Stromerzeugung beigesteuert – mehr als der klassische Energieträger Erdgas. Darüber hinaus gilt sie als wichtiger Faktor bei der Energiewende. Ein Hersteller, der hierzulande eine bedeutende Rolle spielt, ist der aktiennotierte Produzent von Windkraftanlagen Nordex aus Rostock.
Jetzt hat es innerhalb der Eigentümerstruktur eine gewichtige Veränderung gegeben: Die Unternehmensleitung beschloss eine Kapitalerhöhung, bei der auf dem Wege einer Privatplatzierung etwa 9,7 Millionen neue Aktien an den spanischen Mischkonzern Acciona ausgegeben wurden – dem Hauptaktionär.
Der Preis: 99 Millionen Euro. Dadurch vergrößerte sich der Anteil von Acciona auf mehr als 30 Prozent. Bislang kontrollierte das Unternehmen mit 29,9 Prozent nur etwas weniger. Rechtlich waren die Spanier nun verpflichtet, den restlichen Aktionären ein Übernahmeangebot zu machen. Ihr Angebot: 10,32 Euro je Aktie. Der Kurs wies am 15. Oktober Werte von 11,37 Euro auf. Wie viele Anleger davon Gebrauch machen, steht noch nicht fest.
Zusätzliches Eigenkapital soll Kapitalstruktur stärken
„Wir begrüßen, dass Acciona ihr Engagement verstärkt und als größte Einzelaktionärin Nordex mit weiterem Eigenkapital unterstützt", sagte der Vorstandsvorsitzende José Luis Blanco. Mit dem Geld soll die Kapitalstruktur gestärkt werden. Das zusätzliche Eigenkapital soll zudem helfen, das starke Auftragsmomentum bedienen zu können, hieß es.
Hintergrund: Die Ergebnisse sind seit 2016 rückläufig. Denn das Unternehmen leidet unter dem Preisdruck in der kriselnden Windbranche sowie unter höheren Kosten. In Zahlen liest sich das folgendermaßen: So hat der Hersteller von Windkraftanlagen in jenem Jahr noch einen Gewinn nach Steuern von 95,4 Millionen Euro erwirtschaftet.
Zwölf Monate später schmolz das Plus auf etwa 300.000 Euro. Und im vergangenen Jahr stand unterm Strich schließlich ein satter Verlust von 83,9 Millionen Euro. Darüber hinaus haben sich die Umsätze innerhalb dieses Zeitraums um rund ein Drittel auf fast 2,5 Milliarden Euro verringert.
Allerdings gibt es doch einen Lichtblick: Denn die Auftragsbücher sind voll. So sind zwischen 2016 und 2018 die Order um elf Prozent auf 3,67 Milliarden Euro gestiegen. Besonders wichtig für Nordex sind die ausländischen Märkte, weil der deutsche Markt derzeit als schwierig gilt.
Deutscher Hersteller die Nummer eins in der Türkei
So hat der Hersteller beispielsweise Ende September eine neue Order in der Türkei erhalten. Das Volumen: Die Errichtung einer Anlage von 110 Megawatt (MW), wodurch das gesamte Projektvolumen, das Nordex derzeit bis 2020 in dem Land hat, auf rund 270 Megawatt klettert. Bisher hat der Produzent in der Türkei Anlagen mit einer Kapazität von mehr als 2.000 Megawatt errichtet. Damit ist Nordex mit einem Marktanteil von fast 27 Prozent die Nummer eins in dem Land.
Wie schwer es hingegen zuhause in Deutschland für alle Hersteller ist, wird an den jüngsten Statistiken deutlich: Zwischen 2014 und 2018 hat sich der Bruttoneuzubau Windkraftanlagen auf dem Land („Onshore“), den sämtliche Produzenten umgesetzt haben, auf 2.400 Megawatt halbiert.
Die Gründe: Die Genehmigungsverfahren ziehen sich oft in die Länge. Darüber hinaus blockieren vielfach Umweltverbände die Projekte. Eine Kritik, die sie üben: Viele Vögel und Fledermäuse seien davon massiv bedroht, weil sie oft mit den großen Anlagen kollidierten.
Deswegen sieht es auch im laufenden Jahr nicht sonderlich gut für Nordex und die anderen Produzenten aus: Dem Fachdienst „Windbranche.de“ zufolge sind die Volumina hierzulande auch im ersten Halbjahr auf 287 Megawatt drastisch geschrumpft. Zwölf Monate zuvor hatte es noch ein Volumen von 1.630 Megawatt gegeben. „Ein äußerst schwacher Start ins Jahr 2019“, zeigten sich auch die Experten des Branchendienstes skeptisch.
Altmaier mit Maßnahmenpaket zur Wiederbelebung des Windparkbaus
Das Problem ist so groß, dass sich damit die Bundesregierung schon beschäftigt hat. So hat im Oktober Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ein Maßnahmenpaket vorgelegt, um die Projekte für Windkraftanlagen, die auf dem Land gebaut werden, wiederzubeleben. Dabei sollen insbesondere die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.
Allerdings ist aus der Sicht von Altmaier nicht nur sein Ressort für die Lösung aller Probleme zuständig, die es in diesem Zusammenhang gibt. Der Bundeswirtschaftsminister findet, dass für manche Aufgaben andere Ministerien aktiv werden sollten – beispielsweise das von der SPD geführte Umweltressort beim Artenschutz.
Hier könnte es somit schon innerhalb der Regierung Streit geben, weswegen nicht klar ist, ob das Maßnahmenpaket überhaupt Aussicht auf Erfolg hat. Aber immerhin hat ein Ressort aus der Bundesregierung den Ernst der Lage für die Windparkbranche erkannt. Das ist immerhin auch etwas. Davon könnte auch Nordex profitieren, das gerade mit der Kapitalerhöhung einen wichtigen Schritt gemacht hat, um seine Eigentümerstrukturen zu verändern.