Politik

Japan: Staatliche Heiratsvermittler verkuppeln Städter mit Dörflern

Im Kampf gegen den Bevölkerungsrückgang bemühen sich Japans staatliche Heiratsvermittler, gezielt junge Frauen aus den Städten mit jungen Männern aus den ländlichen Regionen zu verkuppeln.
10.10.2019 11:09
Aktualisiert: 10.10.2019 11:10
Lesezeit: 2 min
Japan: Staatliche Heiratsvermittler verkuppeln Städter mit Dörflern
Ein Brautpaar steht in Kyoto (Japan) für Hochzeitsfotos an einem See. (Foto: dpa) Foto: Franck Robichon

Über Jahre hat sie in Tokio Partys zur Partnervermittlung besucht, doch geeignete Partner hat die studierte junge Frau bisher nicht gefunden. "Ich bin es leid, zu diesen Veranstaltungen zu gehen und niemanden zu treffen", sagte sie dem Magazin Economist. Daher hat sie sich entschieden, ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt zu erhöhen und auch außerhalb der japanischen Hauptstadt nach dem Glück zu suchen. Auf einem Online-Portal, das Stadtbewohner mit Menschen aus ländlichen Gebieten zusammenbringt, hat sie ein Profil angelegt, das ihren Namen, ihren Job, ihre Hobbys und ihr Gewicht enthält.

Partnervermittlungen, die Singles bei der Suche nach einem Ehepartner unterstützen, werden in Japan immer häufiger angeboten, und zwar in der Regel von den Kommunen, die für eine tragfähige demografische Entwicklung kämpfen. In Deutschland würde man die Vermittlung von Ehepartnern sicherlich nicht als eine staatliche Aufgabe ansehen. Hierzulande hat schon die Politik Ungarns zur finanziellen Unterstützung von einheimischen Familien mit Kindern Kritik hervorgerufen. Japans lokale Regierungen setzen allerdings noch einen Schritt früher an, sie unterstützen ihre Bürger bereits bei der Partnerfindung, nicht erst bei der Familienfinanzierung wie Ungarn.

In Akita hingegen, einer Präfektur der Region Tōhoku nahe der Nordspitze der japanischen Hauptinsel Honshū, betreibt die kommunale Regierung seit langem eine Online-Partnervermittlung, um hier lebende Singles zusammen zu bringen. Die Präfektur sagt, dass sie seit ihrer Gründung vor neun Jahren mehr als 1.350 Akita-Bewohner erfolgreich vermittelt hat. Seit kurzem bietet sie nun auch einen Service an, um ihre Bewohner mit Menschen außerhalb der Präfektur bekannt zu machen, und sie ist optimistisch, was ihre Aussichten betrifft. "Wir hoffen, dass künftig mehr Menschen von außerhalb jemanden aus Akita heiraten und dass sie hierher kommen und hier leben", heißt es beim kommunalen Eheunterstützungszentrum.

Zusätzlich zur Online-Partnervermittlung veranstalten Kommunen in ganz Japan auch Partys, um Singles dabei zu helfen, sich zu treffen. Sie organisieren auch subventionierte Gruppentouren in ländlichen Präfekturen, bei denen die Hälfte der Teilnehmer Einheimische und die andere Hälfte Städter sind. Ziel ist es dabei, die Stadtbewohner zur Heirat und zum Umzug auf das Land anzuregen. Hunderte von Singles nehmen jedes Jahr an diesen Touren teil.

Die ländlichen Kommunen hoffen, auf diese Weise ihren Bevölkerungsrückgang einzudämmen. In 40 der 47 japanischen Präfekturen schrumpft die Bevölkerung. Junge Menschen ziehen vom Land in die Städte, um an die Universität zu gehen oder um einen passenden Job zu finden. Infolgedessen wird die Menge an Singles in den ländlichen Gebieten immer kleiner - eine Situation, die dann noch mehr junge Menschen ermutigt wegzuziehen. Denn bei allen lokalen Veranstaltungen zur Partnervermittlung tauchen immer wieder dieselben Singles auf, und es besteht wenig Aussicht, neue Leute zu treffen.

Die Schwierigkeit, auf dem Land einen Ehepartner zu finden, wird durch das dortige Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern noch verstärkt. In 80 Prozent der Präfekturen mit rückläufiger Bevölkerung ist die Wahrscheinlichkeit, dass junge Frauen in die Städte ziehen, höher als bei den jungen Männern. Das bedeutet, dass es in den Großstädten wie Tokio mehr Single-Frauen als Single-Männer gibt und dass es sich in den meisten ländlichen Gebieten genau umgekehrt verhält. Viele Männer auf dem Land werden abgehängt, sagte ein Regierungsbeamter in Akita.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...