Politik

Ungarischer EU-Kommissar will die EU gegen Orban verteidigen

Der designierte ungarische EU-Erweiterungskommissar Oliver Varhelyi verspricht, dass er keine Anweisungen von Ungarns Staatspräsident Orban akzeptieren werde. Varhelyi gilt als Gefolgsmann Orbans.
19.11.2019 14:00
Lesezeit: 2 min
Ungarischer EU-Kommissar will die EU gegen Orban verteidigen
Oliver Varhelyi ist der designierte ungarische EU-Erweiterungskommissar. (Foto: dpa) Foto: Francisco Seco

Der neue designierte ungarische Kommissar für Erweiterung, Oliver Varhelyi, sagte am 14. November 2019 während einer Anhörung im EU-Parlament, dass er während seiner Amtszeit als EU-Kommissar keine Anweisungen von einer Regierung entgegennehmen werde, auch nicht von Premier Viktor Orban. “Als Kommissar werde ich von dem Tag an, an dem ich gewählt werde, völlig unabhängig handeln, keine Anweisung von einer Regierung oder Institution entgegennehmen, […] und ich werde die EU-Linie verfolgen und zwar nur die EU-Linie”, zitiert der EU Observer Varhelyi.

Mehrere Abgeordnete des Auswärtigen Ausschusses des EU-Parlaments forderten Varhelyi auf, sich von Orban zu distanzieren, der enge Beziehungen zu dem russischen Präsidenten Wladimir Putin unterhält und eine Allianz mit Russland und der Türkei schmiedet. Sie misstrauen Varhelyi und denken, dass er strikt nach den Vorgaben des ungarischen Premiers Orban handeln werde.

Im vergangenen Jahr hatte die EU-Kommission ein Rechtsstaatlichkeits-Verfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge gegen UNgarn eingeleitet. Zuvor hatte die Grünen-Abgeordnete Judith Sargentini im Auftrag des EU-Parlaments einen kritischen Bericht über angebliche rechtsstaatliche Defizite in Ungarn erstellt. Sargentini berief sich dabei auf offizielle Berichte der UN, des Europarats und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Während der Anhörung verteidigte Varhelyi seine Unabhängigkeit mit der Begründung, er habe als EU-Beamter in der Kommission gearbeitet, bevor Orban an die Macht kam. “Ich habe bereits als EU-Beamter selbständig gearbeitet und beabsichtige, denselben Ansatz zu verfolgen”, so Varhelyi. Die EU habe klare rechtsstaatliche Kriterien, die Beitrittsländer auf dem westlichen Balkan erfüllen müssen, und er beabsichtige nicht, diese zu ändern, so Varhelyi.

Der grüne Europaabgeordnete Ernest Urtasun forderte Varhelyi auf, sich vom Ansatz Orbans - der Türkei und weiteren Staaten als Vermittler zur EU helfen zu wollen - zu distanzieren. Urtasun fragte auch, wie Varhelyi angesichts der engen Beziehungen Ungarns zu Moskau dem russischen Einfluss in der Region standhalten könne, doch Varhelyi hielt an seiner Aussage, nur für die EU arbeiten zu wollen, fest.

Der österreichische Europaabgeordnete Andreas Schieder kritisierte, dass der ehemalige Premier Nordmazedoniens, Nikola Gruevski, mit Hilfe ungarischer Diplomaten aus seinem Land geflohen war und von Budapest Asyl erhielt, um der Justiz zu entgehen.

Es ist fraglich, ob Varhelyi tatsächlich in allen Fragen die Interessen der EU auch gegen Ungarn vertreten wird. Schließlich hat ihn Orban selbst für den Posten des EU-Erweiterungskommissar vorgeschlagen. Politico zufolge steht Varhelyi Orban sehr loyal gegenüber. Die Budapester Zeitung klassifiziert Varhelyi mit folgenden Worten: “Er gilt als loyal, hart und kompetent. Besonders in der großen Flüchtlingskrise 2015-2016 hatte er keinen leichten Stand, als er in Brüssel Ungarns Grenzzaun-Politik verteidigen musste. Er schlug sich aber mit Bravour und genießt allgemein ein hohes Ansehen.”

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Meta trainiert KI mit Ihren Daten – ohne Ihre Zustimmung. So stoppen Sie das jetzt!
09.05.2025

Ab dem 27. Mai analysiert Meta öffentlich sichtbare Inhalte von Facebook- und Instagram-Nutzern in Europa – zur Schulung seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Silicon Valley wankt: Zölle, Zoff und zerplatzte Tech-Träume
08.05.2025

Während Europa auf seine Rezession zusteuert und China seine Wirtschaft auf staatlicher Kommandobasis stabilisiert, gibt es auch im sonst...

DWN
Panorama
Panorama Verkehrswende: Ariadne-Verkehrswendemonitor zeigt Entwicklung auf
08.05.2025

Wie sich die Verkehrswende in Deutschland aktuell entwickelt, ist nun auf einer neuen Onlineplattform des Potsdam-Instituts für...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation bewältigen: 7 Strategien für finanzielle Stabilität, weniger Belastung und einen nachhaltigeren Lebensstil
08.05.2025

Wer die eigenen Ausgaben kennt, kann gezielt handeln. So behalten Sie die Kontrolle über Ihr Geld. Mit Budgetplanung und klugem Konsum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Maschinenbau: Bedeuten die Trump-Zölle das Ende einer deutschen Schlüsselindustrie?
08.05.2025

Der Maschinenbau befindet sich seit Jahren im Dauerkrisenmodus. Nun droht die fatale Zollpolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump zum...

DWN
Politik
Politik Anti-Trump-Plan: Halbe Milliarde Euro für Forschungsfreiheit in Europa
08.05.2025

Während US-Präsident Trump den Druck auf Hochschulen erhöht, setzt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf gezielte Anreize...

DWN
Technologie
Technologie Bitkom-Umfrage: Deutsche kritisieren Abhängigkeit von KI-Anbietern aus dem Ausland
08.05.2025

Die Bevölkerung in Deutschland verwendet zunehmend Anwendungen auf Basis künstlicher Intelligenz. Gleichzeitig nimmt die Sorge über eine...

DWN
Politik
Politik Migrationspolitik: Wie die Neuausrichtung an den deutschen Außengrenzen aussehen könnte
08.05.2025

Das Thema illegale Migration und wer bei irregulärer Einreise an deutschen Landesgrenzen zurückgewiesen wird, beschäftigt die Union seit...