Vor einem halben Jahrzehnt stand der Internationale Währungsfonds (IWF) noch massiv unter Druck – und zwar wegen der Griechenland-Krise. Die Organisation habe ihr eigenes Regelwerk heimlich geändert und das südosteuropäische Land zu sehr mit Krediten unterstützt. So der Vorwurf der internationalen Presse – beispielsweise von „Zeit online“.
Eine Quote, die sich an der Wirtschaftskraft orientiert, regelt, wie viel Geld ein Staat maximal bekommen kann. Im Fall von Griechenland sei das mögliche Maximum mehrfach übertroffen worden – ein Novum in der Geschichte des Fonds. Der damalige IWF-Chef, der Franzose Dominik Strauss-Kahn (DSK), habe ein persönliches Interesse daran gehabt, dass Griechenland gerettet wird. Denn überwiegend französische Banken hätten Athen mit Krediten versorgt. Die Journalisten warfen damit DSK vor, er habe den Fonds benutzt, um Politik für Frankreich zu machen.
Doch hat sich jetzt der IWF von dieser harten Kritik wieder weitestgehend erholt: So will Griechenland das Geld, das die Organisation der griechischen Regierung geliehen hat, früher als geplant zurückzahlen. Der griechische Finanzminister Christos Staikouras stellte deswegen einen Antrag beim Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und bei der Eurogruppe.
„Unser Land gewinnt damit an Glaubwürdigkeit und Selbstvertrauen“, sagte Staikouras. „Wir erhoffen uns, damit Zinskosten von 70 Millionen Euro zu sparen“, erklärte der griechische Politiker.
Athen hat schon fast zwei Drittel der IWF-Kredite zurückgezahlt
Hintergrund: Es geht in diesem Fall um IWF-Darlehen von 2,9 Milliarden Euro. Die Rendite beträgt 4,91 Prozent. Insgesamt muss Athen bei der Organisation noch Verbindlichkeiten von 8,8 Milliarden Euro tilgen, wie aus den Statistiken des griechischen Finanzministeriums hervorgeht. Und damit hat die griechische Regierung dem Fonds schon fast zwei Drittel der Summe zurückgezahlt, die sie von ihm im Laufe der großen Finanzkrise erhalten hatte – eine beachtliche Summe.
Denn ursprünglich hatte sich der IWF seit 2010 am gesamten Rettungsprogramm mit rund 32 Milliarden Euro beteiligt. Das Land steht nach dem letzten Reform- und Sparprogramm, das im August 2018 geendet hat, wieder am Kapitalmarkt gestärkt auf eigenen Beinen. Die Renditen für zehnjährige griechische Staatsanleihen betragen nun 1,5 Prozent. Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Jahr 2012 betrugen sie 35 Prozent.
Durch Restrukturierung und Haushaltsdisziplin hat Griechenland unter dem Druck des IWF und der anderen internationalen Geldgeber seit 2017 wieder ein kleines Wirtschaftswachstum erreicht.
2020 soll es einen Zuwachs von 2,2 Prozent geben, wie die deutsche Wirtschaftsförderungsgesellschaft GTAI prognostiziert. Dies ist eine Entwicklung, die durchaus positiv ist, auch wenn das südosteuropäische Land noch lange nicht über den Berg ist. Dies kann sich der IWF mit seinen finanziellen Unterstützungsleistungen auf seine Fahnen schreiben – gemeinsam mit den europäischen Partnern.
Dieses Hilfsprogramm ist nur eines von unzähligen Projekten, die der IWF seit seiner Gründung im Jahr 1944 organisiert hat. Seine Aufgabe ist, das internationale Finanz- und Wirtschaftssystem zu stabilisieren. Die Vertreter des Fonds beraten die Regierungen von Ländern, die in die finanzielle Schieflage geraten sind. Darüber hinaus ist die Gewährung von Krediten ein sehr wichtiges Mittel, um diesen Staaten zu helfen.
Die Summe, die der IWF grundsätzlich zur Verfügung hat, ist gigantisch: Insgesamt hat die Organisation eine Billion Dollar für Kredite auf ihren Konten. Darauf können die insgesamt 189 Mitgliedsländer zurückgreifen, die sich dem IWF angeschlossen haben.
200 Milliarden Dollar an Gesamtkrediten am Laufen
In Zahlen liest sich das so: Der IWF hat derzeit Darlehen mit einem Gesamtvolumen von 200 Milliarden Dollar gewährt – und zwar an mehr als 35 Länder. Das geht aus den Statistiken des Fonds hervor. Dazu gehören Ecuador, der Irak und die Ukraine. Ein gewichtiger Teil stammt aus Afrika wie Angola, Malawi oder Marokko.
Die Organisation hat während der Großen Finanzkrise fast 90 Länder mit Darlehen in Höhe von 540 Milliarden Dollar versorgt. Nicht nur Griechenland, sondern auch Island, Irland und Lettland profitierten dabei von den Geldern des internationalen Fonds. „Er ist der Kreditgeber, der dann kommt, wenn es nichts mehr geht“, heißt es in Fachkreisen. „Eine Krisen-Feuerwehr“, titelt die konservative „Neue Züricher Zeitung“.
Ein Land, auf das diese Losung im laufenden Jahr mit Sicherheit zutrifft, ist Äquatorial-Guinea in West-Afrika. Die Regierung des afrikanischen Staates hat im September beim IWF ein Darlehen in Höhe von 700 Millionen Dollar beantragt.
Der Grund: Damit soll die einheimische Währung gestärkt werden, die in der jüngsten Vergangenheit zunehmend unter Druck gekommen ist, weil sich der Ölpreis verringert hat. „Wir benötigen mehr verstärkt finanzielle Mittel, um unsere Reserven zu erhöhen“, sagte der Wirtschafts- und Finanzminister Cesar Mba Abogo.
Der afrikanische Staat, der auf einer Fläche liegt, die so groß wie Brandenburg ist, gehört aufgrund seiner reichen Ölvorkommen zu den aufsteigenden Ländern des schwarzen Kontinents. Doch kommt Äquatorial-Guinea derzeit verstärkt wirtschaftlich unter Druck, weil es sehr auf den Verkauf des Rohstoffes angewiesen ist.
Argentinien – eine Herkules-Aufgabe
Eine besonders große Aufgabe hat der Fonds in Argentinien zu lösen. Dem südamerikanischen Land hat der IWF im vergangenen Jahr den größten Bereitschaftskredit gewährt, den es je einem Einzelstaat bewilligt hat – nämlich 57 Milliarden Dollar. Diese finanzielle Unterstützung hat Argentinien aber nicht geholfen. So ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal 2019 um 5,8 Prozent gesunken.
Die Inflation liegt bei Niveaus von 54 Prozent – eine der höchsten der Welt. Die Armut steigt, und es kam auf den Straßen der argentinischen Städte verstärkt zu Demonstrationen und Protesten der Arbeitnehmer. „Wir sind bereit, mit Argentinien weiter zusammenzuarbeiten“, betonte Kristalina Georgieva, die Chefin des IWF, die erst seit Oktober ihren Posten übernommen hatte. „Wir bleiben eng miteinander verbunden“, erklärte die Ökonomin.
Die Probleme, die der Fonds in Angriff nehmen muss, werden auch immer bleiben. Doch gibt es doch immer wieder Hoffnung, wie im Fall von Griechenland. Hier hatte auch niemand auf dem Höhepunkt der Finanzkrise gedacht, dass die griechische Regierung irgendwann dorthin gelangen könnte, wo sie jetzt ist. Und dazu haben auch die finanziellen Mittel des IWF beigetragen – trotz aller Kritik, die es immer wieder an der internationalen Organisation gibt.