Technologie

Amnesty International: „Google und Facebook haben einen Überwachungs-Kapitalismus geschaffen“

Der Organisation Amnesty International zufolge haben Technologiekonzerne wie Facebook und Google ein räuberisches System erschaffen, welches nicht mit grundlegenden Menschenrechten vereinbar sei.
22.11.2019 10:23
Lesezeit: 1 min
Amnesty International: „Google und Facebook haben einen Überwachungs-Kapitalismus geschaffen“
Das Logo des Mediendienstes Instagram. (Foto: dpa) Foto: Carsten Rehder

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat Internetgiganten wie Facebook und Google vorgehalten, mit ihrem Geschäftsmodell die Menschenrechte zu bedrohen. Die "Geschäftsmodelle der unbeschränkten Überwachung und Datenausbeutung" solcher Konzerne seien unvereinbar mit dem Recht auf Privatsphäre und informationelle Selbstbestimmung, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Amnesty-Bericht "Surveillance Giants". Die Regierungen müssten "rechtsstaatliche Rahmenbedingungen schaffen, um die Grund- und Menschenrechte kommender Generationen in einer digitalen Welt zu wahren".

Die US-Unternehmen Facebook und Google seien Türhüter der digitalen Welt, heißt es in dem Amnesty-Bericht. Damit gehe eine "historisch einmalige Macht" dieser Konzerne einher. Nutzer würden vor die Herausforderung gestellt, ihre Rechte online nur in einem System wahrnehmen zu können, das "räuberisch" organisiert sei.

"Wir alle sollten am modernen digitalen Leben teilnehmen können, ohne irgendjemandem die umfassende Erfassung, Überwachung, dauerhafte Speicherung und individualisierte Auswertung unserer persönlichsten Daten erlauben zu müssen", erklärte der Amnesty-Generalsekretär in Deutschland, Markus N. Beeko. Dazu gehörten "Interessen, Vorlieben, Abneigungen, Familienstand oder auch Einkaufsverhalten und Bewegungsmuster".

Konzerne wie Facebook und Google sammelten jedoch Daten in einem "nie dagewesenen Ausmaß", kritisierte Amnesty. Dies umfasse nicht nur freiwillig zur Verfügung gestellte Informationen. So überwachten die Digitalkonzerne Aktivitäten ihrer Nutzer "weit über die Nutzung einzelner Social-Media-Plattformen hinaus".

"Während internationales Recht und Verfassungen elementare Menschenrechte garantieren, staatliche Behörden reglementieren und diese einer rechtsstaatlichen Gewaltenkontrolle unterwerfen, haben diese Konzerne ein privates Überwachungsregime geschaffen, welches sich der unabhängigen öffentlichen Kontrolle weitgehend entzieht", kritisierte Beeko. Er forderte eine digitale Infrastruktur und Angebote, "die Selbstbestimmung, Privatsphäre und Autonomie der Menschen respektieren und schützen."

Die Bundesregierung und die EU müssten "dem unkontrollierten Überwachungskapitalismus ein Ende setzen", forderte Beeko. "In einem ersten Schritt sollten die Gesetzgeber es Unternehmen untersagen, den Zugang zu ihren Diensten davon abhängig zu machen, ob die Nutzer der Sammlung und Nutzung ihrer persönlichen Informationen zu Werbezwecken zustimmen", forderte er weiter.

Laut Amnesty nutzen monatlich 2,8 Milliarden Menschen weltweit einen Facebook-Dienst, mehr als 90 Prozent aller Internetsuchen finden demnach auf Google statt. Seit zwei Jahrzehnten hätten die staatlichen Akteure darauf vertraut, dass die Technologie-Konzerne für "Selbstregulierung" sorgten, erklärte die Menschenrechtsorganisation.

Von Google gab es zunächst keine Stellungnahme zu den Vorwürfen. Facebook erklärte, sein Geschäftsmodell ziele darauf ab, Menschen die Wahrnehmung grundlegender Menschenrechte zu ermöglichen, etwa des Rechts auf Meinungsfreiheit und auf Vereinigungsfreiheit. Amnesty habe "zurecht" darauf hingewiesen, dass Facebook nicht persönliche Daten, sondern Werbung verkaufe.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rohstoffmacht China: Wie Peking Europas Mittelstand in die Abhängigkeit treibt
16.11.2025

China verschiebt seine Exportkontrollen für Seltene Erden – offiziell um ein Jahr. Doch das ist keine Entspannung, sondern eine...

DWN
Technologie
Technologie Kuka weitet Stellenabbau in Augsburg aus – 560 Jobs betroffen
16.11.2025

Der Roboterhersteller Kuka plant an seinem Stammsitz in Augsburg einen größeren Stellenabbau als zunächst angekündigt. Statt der...

DWN
Immobilien
Immobilien PV-Anlagen für Unternehmen: Wie Betriebe mit Steuerbonus und Eigenstrom doppelt punkten
16.11.2025

Gewerbliche Photovoltaikanlagen gewinnen für den Mittelstand zunehmend an Bedeutung. Durch den Investitionsabzugsbetrag und die...

DWN
Politik
Politik Europa im Wandel: Populismus und Spannungen in Deutschland, England und Frankreich
16.11.2025

Europa steht vor politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen, während der Zusammenhalt innerhalb der EU zunehmend brüchig wird....

DWN
Politik
Politik Von der Leyen unter Druck: Zwei Billionen Euro und kein Plan für Europas Bauern
16.11.2025

Der Streit um Agrarsubventionen spaltet die Europäische Union. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will den EU-Haushalt...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzskandal bei privaten Krediten: HPS und BNP Paribas verlieren hunderte Millionen
16.11.2025

Der Markt für private Kredite außerhalb regulierter Banken erlebt ein rasantes Wachstum, das zunehmend systemische Risiken birgt. Wie...

DWN
Politik
Politik TNT-Produktion in Europa: NATO-Staaten planen neue Fabriken zur Versorgungssicherung
16.11.2025

Europa verfügt derzeit über nur eine Produktionsstätte für NATO‑Standard‑TNT, während mehrere Länder neue Fabriken planen. Wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft CO2-Zertifikate: Europas Aufschub, der Autofahrer teuer zu stehen kommt
15.11.2025

Europa verschiebt den Start seines neuen CO2-Handelssystems – doch die Benzinpreise werden trotzdem steigen. Während Brüssel von...