Wirtschaft

Druschba-Pipeline: Tödliche Chemikalie stoppte Gaslieferungen nach Deutschland

Eine unabhängige Untersuchung hat ergeben, dass die Druschba-Pipeline durch eine tödliche Chemikalie zum Stillstand gebracht wurde. Ob es sich um Sabotage handelte, ist noch ungeklärt.
23.12.2019 12:00
Lesezeit: 2 min
Druschba-Pipeline: Tödliche Chemikalie stoppte Gaslieferungen nach Deutschland
Die Druschba-Pipeline liefert Rohöl nach Deutschland. (Grafik: Stratfor)

Bei der Substanz, die im April 2019 die russische Druschba-Pipeline zum Stillstand brachte, handelte es sich um die tödliche Chemikalie Tetrachlorkohlenstoff. Die Pipeline liefert Rohöl von Russland über Weißrussland und die Ukraine nach Deutschland, Polen, Ungarn, in die Slowakei und in die Tschechische Republik.

Das geht aus einer Zusammenfassung der Ergebnisse eines Tests, den der englischsprachige Dienst der Nachrichtenagentur Reuters im Mai 2019 für das russische Energieministerium und für Transneft, den Betreiber der Pipeline, durch ein in Moskau ansässiges staatliches chemisches Labor durchgeführt hat.

Die Anwesenheit von Tetrachlorkohlenstoff deutet darauf hin, dass Russland den illegalen Handel mit Chemikalien offenbar nicht unterbinden kann. Tetrachlorkohlenstoff ist nach russischem Recht streng reglementiert.

Nach Angaben von Branchenexperten hat das russische Energieministerium den Stillstand der Druschba-Pipeline auf ein gesetzlich gehandeltes Lösungsmittel namens Ethylendichlorid zurückgeführt - eine organische Chloridverbindung, die zur Reinigung von Ölquellen verwendet wird und die Ausrüstung zerfressen kann, wenn sie in eine Raffinerie gelangt.

Zwei getrennte Tests, die von zwei verschiedenen Unternehmen durchgeführt wurden, einem Raffinerieunternehmen der Europäischen Union und einer internationalen Ölhandelsfirma, die beide Reuters mitteilten, sie hätten versehentlich verdorbenes Rohöl aus der Pipeline gekauft, ergaben nahezu identische Ergebnisse wie die Tests des staatlichen Labors in Moskau.

Russland, der zweitgrößte Ölexporteur der Welt, verlor mehr als eine Milliarde US-Dollar an Einnahmen aufgrund des mehr als einmonatigen Stillstands der Pipeline. Die russischen Behörden untersuchen immer noch die Kontamination, von der rund fünf Millionen Tonnen Öl in der Pipeline betroffen waren.

Mittlerweile wurden vier Verdächtige festgenommen. Zwei der Verdächtigen haben zumindest ein Fehlverhalten eingestanden. Allerdings ist bisher noch ungeklärt, wie die Substanz in die Pipeline eingeführt wurde. Über die Motive der Verdächtigen ist auch nichts bekannt.

Tetrachlorkohlenstoff wurde in der Vergangenheit häufig zur Herstellung von Kältemitteln, Feuerlöschmitteln und Reinigungsmitteln verwendet. Die Produktion ist seit dem Inkrafttreten des Montrealer Protokolls, eines internationalen Übereinkommens zur Begrenzung der Verwendung von Stoffen, die zum Abbau der Ozonschicht führen, im Jahr 1989 stark zurückgegangen. Nach dem von jeder Nation ratifizierten Protokoll sind die Regierungen damit beauftragt, die Produktion bestimmter Chemikalien zu kontrollieren.

Trotzdem erklärten vier Ölhändler aus der russischen Regionen Tatarstan und Samara, in denen das verdorbene Öl nach Angaben der Behörden in die Druschba-Pipeline gelangt war, Reuters gegenüber, dass sie regelmäßig Tetrachlorkohlenstoff beschaffen, um teurere Ölprodukte zu produzieren.

Russland erlaubt nur zwei Fabriken zur Produktion von Tetrachlorkohlenstoff. Der Stoff wird im Khimprom-Werk der Orgsintez Group in der Region Tschuwaschien und im Werk von Galopolimer in Kirovo-Chepetsk produziert.

In jedem Fall müssen alle Abfälle, die Tetrachlorkohlenstoff enthalten, verbrannt werden und können nicht gekauft oder verkauft werden, ohne die Garantie, dass sie gemäß russischem Recht und den Bestimmungen des Montrealer Protokolls verarbeitet oder vernichtet werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Sicherheitsgarantien Ukraine: Warum Washington plötzlich auf einen Deal drängt
27.11.2025

Wachsende Irritationen in Europa treffen auf ein Washington, das den Ton sichtbar verschärft und ein Friedensabkommen zur Bedingung für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Studie von KfW Research: Industriestandort Deutschland benötigt mehr Wagniskapital
27.11.2025

Deutschlands Industrie steht unter Druck: KfW Research sieht schrumpfende Wertschöpfung und zu wenig Risikokapital. Chefvolkswirt Dirk...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Immer mehr Arbeitsplätze wandern ins Ausland ab: Wirtschaftsstandort Deutschland wackelt
27.11.2025

Hohe Preise für Energie, belastende Lohnnebenkosten, eine ausufernde Bürokratie und politische Vorgaben des Staates: Immer mehr Firmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Microsoft-Aktie im Fokus: Rekordinvestitionen in Cloud und KI stärken das Wachstum
27.11.2025

Microsoft setzt mit massiven Investitionen in Cloud-Infrastruktur und künstliche Intelligenz auf Wachstum und Innovation. Können diese...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundespräsident Steinmeier: Europa muss Potenzial als Wirtschaftsmacht ausschöpfen
27.11.2025

Krieg, Machtverschiebungen und zähe Entscheidungen in der EU belasten die Wirtschaftsmacht Europa. Auf dem Wirtschaftsforum in Madrid...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Kursrückgang nach enttäuschenden Studien – trotz positivem Analystenkommentar
27.11.2025

Die Novo Nordisk-Aktie steht seit vielen Monaten unter Druck. Auch im Donnerstaghandel an der Frankfurter Börse verbucht die Novo...

DWN
Panorama
Panorama Rabattschlacht: Warum Fake-Shops am Black Friday besonders riskant sind – und wie Sie sie erkennen
27.11.2025

Der Black Friday lockt mit Rekordrabatten – doch zwischen echten Deals verstecken sich zunehmend Fake-Shops. Professionell gestaltet und...

DWN
Immobilien
Immobilien EH-55-Förderung kehrt zurück: Was Bauherren ab Dezember beachten müssen
27.11.2025

Ab Mitte Dezember fließt wieder Geld für Neubauten im EH-55-Standard. Die KfW öffnet ein bekanntes Förderfenster – doch nur unter...