Politik

Eskalation in Nahost: USA töten iranischen Spitzenkommandeur, Iran kündigt Rache an

Lesezeit: 2 min
03.01.2020 08:58  Aktualisiert: 03.01.2020 08:58
Die Spannungen im Nahen Osten zwischen den USA und ihren Verbündeten und dem Iran eskalieren. Der Tod eines Spitzenkommandeurs der iranischen Revolutionsgarden werde gerächt, kündigte Teheran an. Die Preise für Öl und Gold ziehen deutlich an. Die US-Regierung ruft alle Amerikaner zur "sofortigen Ausreise" aus dem Irak auf.
Eskalation in Nahost: USA töten iranischen Spitzenkommandeur, Iran kündigt Rache an
18.09.2016, Iran, Teheran: Ein Foto, das von einer offiziellen Webseite des Büros des Iranischen Obersten Führers zur Verfügung gestellt wurde, zeigt Ghassem Soleimani, der Kommandeur der iranischen Al-Kuds-Brigaden. (Foto: dpa)
Foto: Uncredited

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Iran hat mit scharfen Drohungen auf die Tötung eines einflussreichen Spitzenkommandeurs durch die USA im Irak reagiert. Der religiöse und politische Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, sagte am Freitag in einer im Fernsehen übertragenen Ansprache, der Widerstand gegen die USA und Israel werde nun mit doppeltem Ansporn weitergehen. Zugleich rief er eine dreitägige Staatstrauer aus.

Zuvor hatten sich die USA zu einem Luftangriff auf den internationalen Flughafen in Bagdad bekannt, bei dem unter anderem Kassem Soleimani, der Kommandeur der iranischen Kuds-Brigaden, der Eliteeinheit der Revolutionsgarde, getötet wurde. Damit sollten weitere Angriffe des Iran verhindert werden, erklärte das Verteidigungsministerium in Washington.

Der iranische Außenminister Mohammad Dschawad Sarif sprach von einer "extrem gefährlichen und dummen Eskalation". Er warf den USA einen brutalen terroristischen Angriff vor. Für die Konsequenzen trügen allein die Vereinigten Staaten die Verantwortung, erklärte Sarif auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Die US-Regierung hat ihre Bürger aufgerufen, den Irak umgehend zu verlassen. Die US-Botschaft in Bagdad rief alle US-Bürger in dem Staat am Freitag zur "sofortigen" Ausreise auf.

Der einflussreiche irakische Schiitenführer Moktada al-Sadr hat nach dem tödlichen US-Angriff auf den iranischen Elite-General Kassem Soleimani seine Anti-US-Miliz wieder zum Kampf gerufen. Über den Kurzbotschaftendienst Twitter rief er die Kämpfer seiner vor gut einem Jahrzehnt offiziell aufgelösten Mahdi-Armee am Freitag auf, sich "bereit zu halten". Während der jahrelangen US-Präsenz im Irak war die etwa 60.000 Mann starke Mahdi-Armee von al-Sadr lange der mächtigste Gegner der US-Truppen. Al-Sadr hatte die Mahdi-Armee nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Saddam Hussein durch die US-Invasion 2003 gegründet. Nach wochenlangen Kämpfen um ihre Hochburg Sadr-City im Frühjahr 2008 löste er die Miliz auf und gründete eine politische Bewegung. Der populistische Volkstribun und Prediger spielt seit Jahren eine zentrale Rolle in der Politik im Irak. Mit einem einzigen Tweet kann er Hunderttausende auf die Straße rufen.

Der irakische Ministerpräsident Adel Abdul Mahdi verurteilt die Tötung Soleimanis als Aggression gegen sein Land und als empörenden Verstoß gegen die Voraussetzungen für die Präsenz der US-Truppen im Irak. Er spricht von einer gefährlichen Eskalation und warnt vor einem Krieg in der Region. Außerdem fordert er das Parlament zu einer Sondersitzung auf.

Das iranische Außenministerium berief inzwischen einen Gesandten der Schweiz ein, der die Interessen der USA in Teheran vertritt, und übergab diesem eine Protestbotschaft, wie das staatliche Fernsehen berichtet.

Israels Militär ist dem Armee-Radio zufolge in erhöhter Alarmbereitschaft. Es gibt Befürchtungen, dass Racheakte von regionalen Verbündeten wie die vom Iran unterstützte Hisbollah oder durch die Hamas oder den islamischen Dschihad in Gaza erfolgen könnten.

Die Eskalation der Spannungen in der Golf-Region treibt Anleger in Gold. Der Preis der "Antikrisen-Währung" steigt um ein Prozent und liegt mit 1543,66 Dollar je Feinunze so hoch wie zuletzt vor vier Monaten. Aus Furcht vor Lieferausfällen decken sich Anleger am Freitag zudem mit Rohöl ein. Die Sorte Brent verteuert sich um 4,4 Prozent auf 69,16 Dollar je Barrel. Das ist der größte Anstieg seit den Angriffen auf saudi-arabische Förderanlagen im September.


Mehr zum Thema:  

DWN
Panorama
Panorama Alarmierende Umfrage: Kriege und Klimakrise belasten Schüler in Deutschland
24.11.2024

Eine neue Umfrage zeigt: Viele Schülerinnen und Schüler in Deutschland sind von Sorgen geplagt. Kriege, Klimakrise und Leistungsdruck...

DWN
Politik
Politik Nato-Generalsekretär trifft sich in Florida mit Trump
24.11.2024

Die zweite Amtszeit von Donald Trump wird in der Nato von vielen Alliierten mit Sorge gesehen. Schon vor dem Machtwechsel reist der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Leerstand in Innenstädten: Decathlon setzt auf Expansion gegen die Krise
24.11.2024

Leerstand prägt deutsche Innenstädte. Doch Decathlon sieht Chancen: Bis 2027 sollen mehr als 60 neue Filialen entstehen – viele davon...

DWN
Finanzen
Finanzen DWN-Sonntagskolumne: The Rational Investor - warum Emotionen bei der Geldanlage schaden
24.11.2024

Als ich gehört habe, dass in einer Umfrage des ZDF vor der US-Präsidentschaftswahl am 5. November 2024 über 70 Prozent der Deutschen...

DWN
Politik
Politik Christian Lindners Vorwurf lautet: SPD strebt "Zerstörung" der Liberalen an
24.11.2024

Seit dem Bruch der Ampel-Koalition herrscht ein scharfer Ton zwischen SPD und FDP. Nun legt der entlassene Finanzminister nach. Die SPD...

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW hält an Werksschließungen fest - Sparansage auch bei Bosch
24.11.2024

Im Streit um Einsparungen bei VW bleibt das Unternehmen hart: Die Kapazitäten sollen schnell runter. Die IG Metall reagiert in der...

DWN
Panorama
Panorama Sammelkarten als Wertanlage: Das Geschäft mit begehrten Karten
24.11.2024

Sammelkarten sind weit mehr als nur ein Zeitvertreib. Besonders seltene Karten erzielen zum Teil Rekordpreise. Was steckt hinter diesem...

DWN
Panorama
Panorama Migration, Terrorgefahr und Krieg: Die größten Sorgen der EU-Bürger
24.11.2024

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine wird von Menschen in Osteuropa als ernste Bedrohung wahrgenommen. Doch betrachtet man die...