Wirtschaft

Der vernachlässigte Klimakiller Zementindustrie schreitet unaufhaltsam voran

Dass auch die Zementindustrie das Klima erheblich belastet, wissen nicht alle. Und es sieht auch nicht danach aus, dass sich daran etwas ändert: Prognosen zufolge werden die Umsätze der Unternehmen bis 2026 um die Hälfte auf 436 Milliarden Dollar steigen. Dazu gehört auch HeidelbergCement.
12.01.2020 13:26
Lesezeit: 2 min
Der vernachlässigte Klimakiller Zementindustrie schreitet unaufhaltsam voran
Der Drehofen von "Cemex Zement" in Rüdersdorf (Brandenburg). (Foto: dpa) Foto: Patrick Pleul

Alle reden von der Autobranche mit ihren Verbrennungsmotoren als schlimmstem Schädling für das Klima. Doch nur sehr wenige beschäftigen sich mit einem Wirtschaftszweig, der ebenso riesige Schäden verursacht: So ist die Zementindustrie, die pro Jahr Milliarden Tonnen in die Luft bläst, weltweit für bis zu acht Prozent der Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich. Die Gründe: Zum einen tritt bei der Produktion des Baustoffs eine vergleichsweise große Menge an CO2 aus. Zum anderen verbrauchen dabei die Hersteller ziemlich viel Energie.

Jetzt lassen zwei neue Prognosen aufhorchen, die von einem erheblichem Wachstum der Branche bis 2026 beziehungsweise 2024 ausgehen – allen Klimazielen der Politiker zum Trotz: Das indische Institut für Wirtschaftsanalysen Fortune Business Insights (FBI) geht davon aus, dass die Umsätze der Produzenten weltweit bis zum Jahr 2026 im Vergleich zum Jahr 2018 um die Hälfte auf 436 Milliarden Dollar steigen. Die rasant wachsende Nachfrage nach Infrastrukturprojekten sei ein Grund dafür, berichtet das FBI.

Das ist noch nicht alles: Die Wissenschaftler der internationalen Einrichtung IMARC Group haben errechnet, dass die Produktionsvolumina der Zementhersteller bis 2024 mit einem jährlichen Wachstum von durchschnittlich 3,5 Prozent auf 6,2 Milliarden Tonnen wachsen.

Indien, Malaysia und Indonesien bringen wichtige Wachstumsimpulse

„Länder wie Indien, Malaysia und Indonesien investieren in ihren Gesundheits- und Bildungssektor“, nennen die Fachleute eine Ursache für die Entwicklung. „Genauso vergrößert sich auch die Nachfrage nach Infrastrukturprojekten in den entwickelten Ländern“, glauben sie. „Es werden verstärkt Wohnungen gebaut“, analysieren die Fachleute.

Vom allgemeinen Wachstumstrend wohl wird auch der deutsche Hersteller HeidelbergCement profitieren, der mit jährlichen Umsätzen von mehr als 20 Milliarden Dollar weltweit auf der Liste der größten Produzenten auf dem vierten Rang liegt. Die Nummer eins ist der chinesische Konzern CNBM mit rund 32 Milliarden Dollar, gefolgt vom irischen Hersteller CRH (30 Milliarden Dollar) und der schweizerischen Holding LafargeHolcim (27 Milliarden Dollar). Die zehn größten Unternehmen kontrollieren die Hälfte des Weltmarktes, der über ein Volumen von mehr als 300 Milliarden Dollar verfügt und nun den internationalen Experten zufolge vor einem weiteren Wachstum steht.

„Allerdings gibt es einige Wachstumshindernisse – beispielsweise die zunehmenden Umweltbedenken, die verstärkte Knappheit von Rohstoffen, aber auch die Erschöpfung der fossilen Energiereserven“, berichten die Fachleute der IMARC Group, die darauf hinweisen, dass die Hersteller in den vergangenen Jahren versucht haben, Zement zu entwickeln, dessen Produktion weniger Energie verbraucht.

Die Unternehmen sprechen dabei von "Grünem Zement", der schon seit Jahren bei der Modernisierung der Branche in der Strategie der Hersteller eine wichtige Rolle spielt. So hat die deutsche Zementindustrie zwischen 2015 und 2017 eine halbe Milliarde Euro in die Restrukturierung der Produktionsstätten gesteckt, um dem Emissionsausstoß zu verringern.

Doch sind damit die Probleme bei weitem noch nicht gelöst, wie auch der VDZ unumwunden zugibt: "Wir haben deutliche Fortschritte gemacht und unsere CO2-Performance weiter verbessert", sagte der Präsident des VDZ, Christian Knell. "Klar ist aber auch, dass wir bei der Verringerung der Emissionen mit der bestehenden Technik zunehmend an unsere Grenzen stoßen", so der Funktionär. "Wir arbeiten daher an neuen zukunftsweisenden Technologien, vor allen Dingen an der Abscheidung des CO2, um es anschließend weiterwenden oder speichern zu können", erklärte der Präsident.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EZB-Zinsentscheid: Steht Europas Geldpolitik vor einem Kurswechsel?
17.12.2025

Die Geldpolitik in Europa gerät in Bewegung, während sich die Signale der Europäischen Zentralbank spürbar verändern. Deutet der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft VW-Aktie im Fokus: Was die Werksschließung bei Volkswagen für die Autoindustrie bedeutet
16.12.2025

Ein symbolträchtiger Standort der deutschen Autoindustrie schließt seine Tore und rückt die VW-Aktie erneut in den Fokus von Anlegern...

DWN
Politik
Politik Teure Mieten, hohe Steuern, weniger Kinder: Auswanderungen aus Deutschland weiterhin auf hohem Niveau
16.12.2025

Nach wie vor wandern sehr viele Menschen aus Deutschland aus, gleichzeitig bekommen Deutsche immer weniger Kinder: Eine fatale Entwicklung...

DWN
Politik
Politik Umfrage: Spätere Rente für Akademiker spaltet die Deutschen
16.12.2025

Sollte das Renteneintrittsalter an die Zahl der Beitragsjahre gekoppelt sein? Die Bürger sind sich darin nicht einig. Deutsche mit Abitur...

DWN
Politik
Politik CDU-Vorsitz: Einstimmiges Votum aus NRW - Merz soll CDU-Chef bleiben
16.12.2025

Friedrich Merz erhält einstimmige Unterstützung aus NRW für eine weitere Amtszeit als CDU-Bundesvorsitzender. Der Vorschlag kommt von...

DWN
Politik
Politik Anschlag geplant? Terrorverdächtiger in Magdeburg reiste legal ein
16.12.2025

Mit Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem 21-jährigen Mann in...

DWN
Politik
Politik Sudan führt auch 2026 Krisenliste von Hilfsorganisation an
16.12.2025

Die Hilfsorganisation IRC erstellt jeden Dezember eine Liste von Krisenstaaten, die im Folgejahr zu beachten sind. Der Sudan steht im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bargeld: Barzahlen wird bei Behörden zur Ausnahme - Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
16.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...