Am Montag hat die Deutsche Bank eine Studie zur Zukunft der digitalen Währungen veröffentlicht, worin unter anderem eine Umfrage unter 3.600 Kunden in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, China und den USA analysiert wird. Vor allem die Generation der Millenials, die in den 80-er und 90-er Jahren geboren wurde, rechnet demnach für die Zukunft mit einer rein digitalen Währung. "Eine große Mehrheit der Millenials glaubt, dass Kryptowährungen gut für die Wirtschaft sind und sagte, dass sie bereits eine Kryptowährung gekauft und verkauft haben", heißt es in der Studie. Mehr als ein Drittel der Millennials glaube, dass Kryptowährungen das Bargeld bereits ersetzen.
Und die Forscher der Deutschen Bank scheinen diese Ansicht zu teilen. Sie schreiben: "Wenn wir die Dematerialisierung bei Zahlungen [die Abkehr vom Bargeld] und den Anstieg der Kryptowährungen weiterdenken, so können wir uns eine nahe Zukunft vorstellen, in der Kryptowährungen eine breite Akzeptanz finden werden. Diese Sichtweise wird durch Trends bei der jungen Generation unterstützt, die digitale Währungen und Zahlungen bereitwillig akzeptiert."
Allerdings würden Kryptowährungen derzeit noch weitgehend als zusätzliches Mittel für Finanztransaktionen angesehen und nicht als Ersatz für die gängigen Methoden. "Trotz ihrer bekannten Vorteile wie Sicherheit, Schnelligkeit, minimale Transaktionsgebühren, einfache Speicherung und Relevanz im digitalen Zeitalter haben sie sich als Zahlungsmittel nicht durchgesetzt", so die Studienautoren.
Die Einführung von Kryptowährungen wird sich nach Ansicht der Deutschen Bank in Zukunft "wahrscheinlich" beschleunigen. Wenn die chinesische Regierung zusammen mit Google, Amazon, Facebook oder Apple oder auch mit einem chinesischen Unternehmen wie Tencent einige der Barrieren für Kryptowährungen überwinden kann, dann könnten Kryptowährungen attraktiver werden. "Dies wird ihre Einführung beschleunigen und ihnen das Potenzial verleihen, Bargeld zu ersetzen."
Vor allem die älteren Befragten nannten Sorgen im Hinblick auf die neue Technologie. So fanden sie Kryptowährungen schwer verständlich, sahen sie als wenig liquide Finanzinstrumente an und fürchteten das Entstehen von volatilen Finanzblasen. Ein Drittel aller Befragten hatte keine Ahnung, wie Kryptowährungen funktionieren, und weitere 40 Prozent hatten nur ein unvollständiges Verständnis.
Die Nutzung von Kryptowährungen wird aber nicht nur durch das Alter beeinflusst, sondern auch durch die kulturelle Perspektive. Die zentrale Frage dabei ist der Studie zufolge der Konflikt zwischen Privatsphäre und Bequemlichkeit. "Banknoten und Münzen verringern den digitalen Fußabdruck erheblich. Eine Bargeldtransaktion erzeugt keine digitalen Daten. Daher erhält keine dritte Partei, wie etwa ein Zahlungsanbieter, automatisch Transaktionsdaten, wodurch die Privatsphäre des Einzelnen erhöht wird."
Dennoch haben die Verbraucher eine starke Präferenz für digitale Zahlungen, vor allem aufgrund der größeren Bequemlichkeit. "Karten und Smartphones zum Beispiel machen das Mitführen von Bargeld und Münzen überflüssig. Die Händler müssen nicht mehr jeden Tag mit gepanzerten Lastwagen Bargeld zur Bank bringen." Die Wichtigkeit von Privatsphäre beziehungsweise Bequemlichkeit variiert von Kultur zu Kultur. Vor allem in Deutschland machen sich viele Bürger eher Sorgen um ihre Anonymität und Nachverfolgbarkeit.
- Deutsche - 42 Prozent
- Franzosen - 29 Prozent
- Amerikaner - 22 Prozent
- Briten - 21 Prozent
- Italiener - 19 Prozent
- Chinesen - 10 Prozent
Eine weitere entscheidende Hürde für die Einführung von Kryptowährungen als Ersatz für das Bargeld ist die Regulierung in den verschiedenen Teilen der Welt. Vor allem die anonymen Kryptowährungen wie Monero, Dash, Zcash haben die Aufsichtsbehörden auf den Plan gerufen, da diese zum Schutz der Privatsphäre entwickelten Münzen unter Umständen die Geldwäsche erheblich erleichtern können.
Doch auch pseudo-anonyme Kryptowährungen wie Bitcoin eröffnen neuartige finanzielle Möglichkeiten, die den Aufsichtsbehörden nach Ansicht der Studienautoren mitunter nicht genehm sind. "Keine Kryptowährung wird sich ohne die Genehmigung der Aufsichtsbehörden als Mainstream-Zahlungslösung durchsetzen können", heißt es in der Deutsche-Bank-Studie. Auch Facebooks Libra hat im letzten Jahr eine klare Absage der Behörden in den USA und in Deutschland erhalten.
Der Studie zufolge müssen Kryptowährungen, um das Bargeld ersetzen zu können, von den Geschäften akzeptiert werden. "Damit Kryptowährungen eine globale Reichweite auf dem Zahlungsmarkt erreichen können, müssen Allianzen mit den wichtigsten mobilen Zahlungsanwendungen, Kartenanbietern und Einzelhändlern geschlossen werden. Die chinesische digitale Währung könnte über die wichtigsten Zahlungsplattformen, einschließlich WeChat Pay, Alipay und UnionPay, genutzt werden. Sie ist strategisch positioniert, um de facto eine globale digitale Währung in den Schwellenländern zu werden. "
Ein weiteres Hindernis sind der Studie zuolge die enormen Preisschwankungen bei den meisten Kryptowährungen. Auch Bitcoin sei aus diesem Grund nicht als Wertspeicher oder als Zahlungsmittel einsetzbar. "Stellen Sie sich vor, wie schwer es für E-Händler wäre, einen Preis für ihre Waren in Bitcoin festzulegen. Ein Gebrauchtwagen hätte Anfang 2015 110 Bitmünzen und im Dezember 2017 nur 1 Bitmünze wert sein können!" Eine Besserung könnten die sogenannten Stablecoins bringen. Dies sind Kryptowährungen, die an einen weniger volatilen Vermögenswert wie den Dollar geknüpft sind.
Großes Potential sieht die Deutsche Bank auch im Hinblick auf den Einsatz von digitalen Zentralbankwährungen (central bank digital currencies, CBDCs). Hier würden sich ganz neue Lösungen im Umgang mit systemischen Problemen der Weltwirtschaft ergeben. Wenn die CBDCs vollständig eingeführt würden, könnten die Zentralbanken allen Bürgern zinsbringende Konten zur Verfügung stellen. Das könnte "viele Probleme lösen, die durch das derzeitige Teilreserve-Bankwesen verursacht werden", heißt es in dem Bericht. Die Geschäftsbanken wären dann nicht mehr anfällig für Bank-Runs, und die Staaten müssten nicht mehr wie im Jahr 2008 Banken retten, weil diese "too big to fail" seien, so die Forscher.
Ende letzten Jahres hatte der Deutsche-Bank-Analyst Jim Reid das Jahr 2030 als voraussichtlichen Zeitpunkt angegeben, bis zu dem einige Staaten der Welt ihre eigenen Kryptowährungen herausgegeben werden, um das bestehende Fiat-Geld zu ersetzen.