Deutschland

Deutsche Industrie verzeichnet starkes Auftragsminus, Geschäft mit Euro-Zone bricht ein

Das Neugeschäft ist im Dezember überraschend um 2,1 Prozent gesunken. Dies war der stärkste Rückgang seit Februar 2019.
06.02.2020 09:07
Aktualisiert: 06.02.2020 09:07
Lesezeit: 2 min
Deutsche Industrie verzeichnet starkes Auftragsminus, Geschäft mit Euro-Zone bricht ein
Container werden von einem Frachter am Terminal Eurokai (Eurogate) im Hafen Hamburg gelöscht. (Foto: dpa) Foto: Christian Charisius

Die deutsche Industrie kommt nicht aus der Talsohle heraus und schürt Sorgen um einen schwachen Start der gesamten Wirtschaft ins neue Jahr. Die Betriebe sammelten im Dezember überraschend 2,1 Prozent weniger Aufträge ein als im Vormonat und verbuchten damit den größten Rückgang seit Februar 2019, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Donnerstag mitteilte.

Vor allem das Geschäft mit der Euro-Zone brach ein. "Die Industrierezession gewinnt derzeit an Schärfe", sagte Chefökonom Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe. Viele Ökonomen fürchten, dass die Konjunktur auch wegen der Unsicherheit über das Coronavirus derzeit auf der Stelle tritt. "Dieses Jahr könnte ein Fehlstart drohen", sagte LBBW-Experte Jens-Oliver Niklasch.

Während es bei den Dienstleistern dank der Inlandsnachfrage gut läuft, steckt die Industrie seit langem in der Rezession. Zu schaffen macht den exportorientierten Betrieben das Hick-Hack um den Brexit und die internationalen Handelskonflikte. Zuletzt hatte aber die monatliche Ifo-Umfrage vom Januar gezeigt, dass es im Verarbeitenden Gewerbe bergauf geht. Fachleute wurden nun von den Aufträgen auf dem falschen Fuß erwischt.

"Die Zahlen waren eine kalte Dusche", sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. Zwar seien Daten zum Jahresende wegen der Lage von Weihnachten und Werksferien immer mit Vorsicht zu genießen. Der deutliche Rückgang spreche aber dafür, "dass die Industrieproduktion im ersten Quartal eher noch einmal zurückgehen wird, zumal es mit dem Ausbruch des Coronavirus in China einen zusätzlichen Belastungsfaktor gibt".

Das Münchner Ifo-Institut geht davon aus, dass ein Dämpfer des chinesischen Wirtschaftswachstums um einen Prozentpunkt durch das Coronavirus das Wachstum in Deutschland um 0,06 Punkte schmälern könnte. Sollte die Epidemie aber gravierender ausfallen als die Atemwegskrankheit Sars 2003, gäbe es mehr Bremseffekte.

"Größere Produktionsausfälle in der chinesischen Industrie könnten die Auswirkungen des Coronavirus auf die deutsche Konjunktur spürbar verstärken", sagte Ifo-Experte Timo Wollmershäuser. Auch Nils Jannsen vom Kieler IfW-Institut betonte: "Mit der Ausbreitung des Coronavirus droht neues Ungemach, nicht nur für die Nachfrage, sondern auch für die Produktionsprozesse in der Industrie." Das Bruttoinlandsprodukt im laufenden ersten Quartal "dürfte kaum mehr als stagnieren".

Im gesamten Schlussvierteljahr 2019 fielen die Industrieaufträge um 0,5 Prozent zum Vorquartal. Allein im Dezember schrumpfte das Neugeschäft binnen Jahresfrist um fast neun Prozent. "Die Auftragslage bleibt ein Grauen", sagte Bankhaus Lampe-Experte Krüger.

Das Ministerium sprach von einem verhaltenen Ausblick für die Industriekonjunktur. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht die Auftragsschwäche als Tribut an das Brexit-Chaos und die weltweiten Handelskonflikte. "Auch im Jahr 2020 sind die Hoffnungen der deutschen Unternehmen auf Besserungen im Auslandsgeschäft gering", sagte DIHK-Fachmann Kevin Heidenreich.

Während die Bestellungen aus dem Inland im Dezember um 1,4 Prozent stiegen, sanken die Auslandsaufträge kräftig um 4,5 Prozent. Dabei brach die Nachfrage aus den Euro-Ländern um fast 14 Prozent ein. Das Geschäft mit dem Rest der Welt stieg jedoch um 2,1 Prozent.

Auch bei den deutschen Maschinenbauern werden die Auftragsbücher immer dünner - und eine Trendwende ist nicht in Sicht. Insgesamt sanken die Bestellungen 2019 nach Angaben des Branchenverbandes VDMA um neun Prozent.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die gemäßigte Haltung der US-Notenbank (Fed) verhilft XRP zu einem Kurs von 3,20 US-Dollar. DOT Miners bieten Anlegern stabile Renditen.

Institutionelle Fonds treiben die XRP-Preise in die Höhe. Das Green Mining von DOT Miners bietet Anlegern einen neuen Weg für stabile...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Fed-Zinsentscheid: Jerome Powell signalisiert erste Bereitschaft zu Zinssenkung
25.08.2025

Die US-Notenbank sendet neue Signale: Arbeitsmarkt schwächt sich ab, Trumps Zölle treiben die Preise – Fed-Chef Jerome Powell deutet in...

DWN
Politik
Politik Polens Machtkampf: Präsident und Premier machen das Land zur Lachnummer Europas
25.08.2025

Polen gehört zu den größten Unterstützern der Ukraine – doch in Washington blieb der Platz der Nation leer. Während Präsident...

DWN
Technologie
Technologie Social-Media-Sucht: Minister setzt auf differenzierte Maßnahmen statt Verbote
25.08.2025

Angesichts wachsender Sorgen über die intensive Nutzung digitaler Medien durch Kinder und Jugendliche hat NRW-Medienminister Nathanael...

DWN
Panorama
Panorama US-Amerikaner wegen mutmaßlicher Spionage für China in Koblenz angeklagt
25.08.2025

Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen einen US-Staatsbürger erhoben, der auf einem Militärstützpunkt in Deutschland tätig war. Dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft IG Metall: Kündigungswelle bei Porsche-Batterietochter Cellforce droht
25.08.2025

Bei der Porsche-Tochter Cellforce stehen zahlreichen Mitarbeitern nach Angaben der Gewerkschaft IG Metall Kündigungen bevor. Die Schreiben...

DWN
Politik
Politik Grünes Licht für umstrittene Atommülltransporte durch NRW
25.08.2025

Nordrhein-Westfalen bereitet sich auf eine der umfangreichsten Straßen-Atommülltransporte seit Jahrzehnten vor: Das Bundesamt für die...

DWN
Panorama
Panorama Ambrosia breitet sich aus: Allergiegefahr an Straßenrändern steigt
25.08.2025

Die Pollen der Ambrosia-Pflanze sorgen zunehmend für Beschwerden bei Allergikern. Schon kleinste Mengen können heftige Reaktionen...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage für Kinder: Warum P2P-Investments in die Schuldenfalle führen können
25.08.2025

Hohe Renditeversprechen locken, doch verspätete Zahlungen, fragwürdige Kreditvergaben und Plattformrisiken machen P2P-Investments zu...