Politik

EU-Kommission nicht fähig, das Ausmaß des Pestizid-Risikos einzuschätzen

Dem EU-Rechnungshof zufolge ist die EU-Kommission nicht in der Lage, das Pestizid-Risiko in der EU einzuschätzen. Ihr fehlen schlichtweg die notwendigen Daten.
10.02.2020 14:55
Lesezeit: 1 min
EU-Kommission nicht fähig, das Ausmaß des Pestizid-Risikos einzuschätzen
Ein Landwirt fährt mit einer Dünger- und Pestizidspritze über ein Feld mit jungem Getreide nahe Neuranft im Oderbruch. (Foto: dpa) Foto: Patrick Pleul

Die Europäische Kommission ist aufgrund des Mangels an detaillierten und aktualisierten Daten nicht in der Lage, die mit dem Einsatz von Pestiziden verbundenen Risiken zu überwachen. Das geht aus einem Bericht des EU-Rechnungshofs hervor. “Die Kommission war bisher nicht in der Lage, die mit dem Einsatz von Pestiziden bei Landwirten verbundenen Risiken wesentlich zu verringern und zu kontrollieren”, zitiert der EU Observer ein Mitglied des EU-Rechnungshofs, Samo Jereb.

Darüber hinaus kritisiert der EU-Rechnungshof, dass es nur wenige Anreize gebe, die europäischen Landwirte dabei zu unterstützen, ihre Abhängigkeit von Pestiziden zu verringern. Die EU-Kommission hat eine “risikoarme” Pestizidkategorie eingeführt, von der jedoch nur drei Prozent (16 von 478 Stoffen) für die Landwirte verfügbar sind. Stattdessen ist beispielsweise das hochgiftige Pestizid Chlorpyrifos seit 2006 in der EU zugelassen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will jedoch das Zulassungs- und Genehmigungssystem für Pestizide verbessern - um den Marktzugang für risikoarme Stoffe in den nächsten zwei Jahren zu erleichtern.

Die EU-Kommission hat bei der Vorstellung des Europäischen “Green Deal” im Dezember 2019 letzten Jahres gefordert, den Einsatz und das Risiko chemischer Pestizide “erheblich” zu reduzieren. Es ist jedoch nicht klar, ob dies in ein verbindliches EU-weites Ziel umgesetzt wird.

“Wir brauchen eine agrarökologische Transformation der EU-Landwirtschaft, die unsere Abhängigkeit von Agrochemikalien drastisch verringert. Um dies zu erreichen, muss die Kommission jetzt eine klare Botschaft senden und verbindliche Reduktionsziele für Pestizide in der Landwirtschaft bekannt geben”, sagt Jabier Ruiz, Ernährungsbeauftragter der NGO World Wildlife Fund (WWF).

In Europa enthielt die Hälfte der 2016 getesteten Lebensmittel Pestizidrückstände. Nach Angaben der Prüfer benötigt die Europäische Union quantifizierte Daten, um EU-Ziele festzulegen, mit denen der Einsatz und die Auswirkungen schädlicher Pestizide verringert werden sollen.

“Durch die Verbesserung der verfügbaren Statistiken und Daten kann die Kommission erkennen, wo wir sind und wo wir sein wollen”, so Jereb.

Dem EU-Rechnungshof zufolge kann die EU-Kommission jedoch nur dann praktikable und wissenschaftlich fundierte Ziele festlegen, wenn detaillierte Daten darüber vorliegen, wie, wann und wo Pestizide eingesetzt werden.

Zu diesem Zweck sollten diese Informationen auch über die Mitgliedstaaten hinweg harmonisiert und vergleichbar sein, so Jereb.

Die EU verfügt seit 1991 über gemeinsame Vorschriften für die Zulassung und den Einsatz von Pestiziden sowie für den nachhaltigen Einsatz von Pestiziden seit 2009.

Viele Mitgliedstaaten verzögern die Umsetzung der EU-Vorschriften in nationales Recht, was zu erheblichen Lücken in ihren nationalen Aktionsplänen und zu einem Mangel an messbaren Daten führte, die es nahezu unmöglich machen, die erzielten Fortschritte zu bewerten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Kryptowährungsmarkt im Fokus: ETFs, XRP und Moon Hash – Weihnachtsbonusverträge beflügeln Cloud-Computing-Trends

Zum Jahresende erlebt der Kryptowährungsmarkt einen neuen Aufschwung. Kryptowährungs-ETFs und XRP ziehen zunehmend Gelder traditioneller...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Natrium-Batterien: Wie China die nächste Akkurevolution vorantreibt
20.12.2025

Chinesische Hersteller treiben die Entwicklung von Natrium-Batterien rasant voran und bedrohen damit das bisherige Lithium-Dominanzmodell...

DWN
Politik
Politik Härtefallfonds für bedürftige Ostrentner schliesst: 425 Millionen Euro ungenutzt
20.12.2025

Aus dem Härtefallfonds für bedürftige Rentner aus der ehemaligen DDR und Osteuropa fließen zu Jahresende mehrere Hundert Millionen Euro...

DWN
Panorama
Panorama Grüne Stadt der Zukunft: Wie realistisch CO2-neutrale Metropolen bis 2040 sind
20.12.2025

Städte sollen Europas Klima-Rettungsanker werden – doch zwischen Vision und Wirklichkeit klafft eine Lücke. EU-Ziele, Modellstädte und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chefin der Wirtschaftsvereinigung Stahl warnt: Die Deindustrialisierung ist real
20.12.2025

Kerstin Maria Rippel ist Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Im DWN-Interview sagt sie, dass Berlin nach dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Eigenkapitalbildung: Immobilienkauf laut IfW-Studie für Millennials schwerer
20.12.2025

Eigenkapitalbildung wird für viele Kaufwillige zur größten Hürde: Eine neue Studie vergleicht, wie stark sich die Anforderungen für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-CO2-Zoll wird ausgeweitet: Kommt die nächste Stufe für Waschmaschinen und andere Haushaltsgeräte?
20.12.2025

Der EU-CO2-Zoll steht vor der nächsten Ausbaustufe: Brüssel will ihn auf Haushaltsgeräte und weitere Industrieprodukte ausdehnen. Ab...

DWN
Politik
Politik Neues Ranking: Wer jetzt über Europas Zukunft entscheidet
20.12.2025

Donald Trumps Aufstieg an die Spitze des aktuellen Politico-Rankings zeigt, wie stark externe Kräfte Europas Politik inzwischen bestimmen....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Rallye mehrerer Technologieunternehmen treibt US-Aktien an
19.12.2025

Die US-Aktien unterbrachen ihre jüngste Verlustserie und stiegen am Freitag, da Anzeichen einer abkühlenden Inflation und nachlassende...