Politik

Größte Flüchtlings-Welle des Syrien-Konflikts könnte bald Europa erreichen

Die jüngste Offensive der syrischen Armee, die von Russland und dem Iran unterstützt wird, hat die größte Flüchtlings-Krise seit Beginn des Syrien-Konflikts ausgelöst. Die EU zeigt sich gleichgültig, obwohl die Flüchtlings-Krise nach Informationen der Financial Times alsbald Europa erreichen könnte.
12.02.2020 12:13
Aktualisiert: 12.02.2020 12:13
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Größte Flüchtlings-Welle des Syrien-Konflikts könnte bald Europa erreichen
Eine große Flüchtlingswelle wurde in Idlib ausgelöst. (Grafik: Syria Live Map/DWN)

Dem UN-Flüchtlingswerk UNHCR zufolge befinden sich hunderttausende Einwohner der syrischen Provinz Idlib auf der Flucht. “Rund 700.000 Menschen sind seit Anfang Dezember in oder aus den Konfliktgebieten in den syrischen Gouvernements Idlib und Aleppo geflohen”, so das UNHCR in einer Mitteilung.

Auslöser der größten Flüchtlings-Krise des Syrien-Konflikts ist die jüngste russisch-syrische Offensive in der Provinz Idlib.

“In nur zehn Wochen, seit dem 1. Dezember 2019, wurden 690.000 Menschen aus ihren Häusern in Idlib und Umgebung vertrieben. Dies ist nach unserer ersten Analyse die größte Zahl von Menschen, die in einem einzigen Zeitraum seit Beginn der Syrienkrise vor fast neun Jahren vertrieben wurden”, zitiert France 24 den Sprecher des UN-Büros für humanitäre Hilfe (OCHA), David Swanson.

Der israelischen Zeitung Maariv zufolge entspricht das einer wöchentlichen Flüchtlingsrate von 100.000 Männern, Frauen und Kindern. Zuletzt wurden zwischen April und August 2019 aus Idlib 400.000 Menschen vertrieben.

Die Türkei ist finanziell und gesellschaftlich nicht mehr imstande, weitere Flüchtlinge aufzunehmen, zumal sie laut UNHCR mittlerweile 4,1 Millionen Flüchtlinge beherbergt.

Die Financial Times berichtet, dass auch Europa alsbald die Auswirkungen der neuen Flüchtlings-Krise spüren könnte. “Die von Russland unterstützte Offensive gegen Idlib im Nordwesten Syriens, der letzte Ausweg aus dem Aufstand gegen das Regime von Baschar al-Assad, entwickelt sich schnell zur schlimmsten humanitären Katastrophe eines Krieges, der in sein neuntes Jahr eingetreten ist. Mehr als eine Million Menschen sind vor diesem neuen Ansturm des Regimes geflohen, der von der vom Iran unterstützten Miliz und der russischen Luftwaffe unterstützt wird”, so das Blatt.

Mehmet Akif Okur von der Yildiz Technical University in Istanbul sagte bei einer Sendung des türkischen Kanals TVNET, dass der Aufstieg der rechtsnationalen Parteien in Europa direkt mit den Vorkommnissen in Idlib zusammenhängt. “Das eine Ende dieser Entwicklung befindet sich in Idlib. Wenn Sie also erneut über eine Millionen Flüchtlinge aus Idlib nach Europa schicken, werden sich dort (Europa, Anm. d. Red) die Machtverhältnisse verschieben. Eine Seite der europäischen Strategie Russlands könnte auch darin bestehen, 100.000 bis eine Million Flüchtlinge in Richtung Europa zu treiben. Denn es gibt extrem rechte Parteien in Europa, die enge Beziehungen zu Russland haben. Durch eine neue Flüchtlings-Krise würde man diese Parteien in Europa stärken. Die Europäer sollten auf der Hut sein.”

Die aktuellen Vorkommnisse würden das Potenzial in sich bergen, die etablierten Eliten und Regierungen in Europa zu stürzen.

Trotz der prekären Lage in Syrien, zeigt sich die EU relativ gleichgültig für das Schicksal der Menschen aus Idlib, obwohl die Gefahr besteht, dass wie im Jahr 2015 Hunderttausende von Menschen zwangsläufig nach Europa fliehen müssen.

Die Online-Nachrichtenseite Mako News, die zur israelischen Keshet Media Group gehört, führt aus, dass Griechenland plane, eine “Seemauer” zu errichten, um den Zustrom von Flüchtlingen einzudämmen. Die “Seemauer” soll bei Lesbos errichtet werden. Mako News wörtlich: “Die Insel Lesbos hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten aufgrund ihrer relativen Nähe zur türkischen Küste zu einem Zufluchtsort für Flüchtlinge und Migranten entwickelt. Von den nordöstlichen Stränden der Insel können Sie die türkische Küste sehen und umgekehrt.” Im vergangenen Jahr sollen 80.000 Flüchtlinge das Meer nach Lesbos überquert haben.

Die Zeitung Daily Sabah führt aus: “Obwohl die Syrienkrise weiterhin die Politik im Nahen Osten und das globale Gleichgewicht beeinflusst, sind die Europäische Union und große europäische Mächte wie Großbritannien, Deutschland und Frankreich weiterhin die zurückhaltendsten und unwirksamsten Akteure, die sich mit der Krise befassen (...) Daher sollten sie ihre Stimme gegen die vom Regime (und seinen Unterstützern Russland und Iran) bevorzugten militärischen Mittel erheben und diejenigen unterstützen, die sich für eine politische Lösung einsetzen.”

Tatsächlich sind mehrere pro-iranische Milizen in die Kämpfe um Idlib verwickelt. Al-Monitor wörtlich: “Zusammen mit der Hisbollah haben pro-iranische Gruppen wie die aus pakistanischen Schiiten bestehende Zainabiyoun-Brigade und die Fatemiyoun-Brigade, eine afghanische schiitische Miliz, an den jüngsten Kämpfen in der Region teilgenommen.”

Nach Angaben der UN hat der Syrienkonflikt die weltweit größte Vertreibungskrise ausgelöst. 5,5 Millionen Menschen sind aus dem Land vertrieben worden. Etwa Sechs Millionen Menschen wurden zu Binnenvertriebenen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Schnappen Sie sich den COME Mining Cloud-Mining-Vertrag und starten Sie Ihre Mining-Reise ganz einfach mit einem stabilen Tageseinkommen von über 7.000 $

Bei unseren Recherchen zum Bitcoin-Mining stellten wir fest, dass das traditionelle Mining-Modell für die meisten Nutzer ungeeignet ist....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte unter Druck: Wie private Kreditmärkte einen Börsencrash begünstigen
15.10.2025

Die Finanzmärkte sehen sich neuen Risiken ausgesetzt, die im schlimmsten Fall zu einem Börsencrash führen könnten. Besonders die...

DWN
Panorama
Panorama Mehr Demenz-Todesfälle in Deutschland registriert
15.10.2025

Immer mehr Menschen in Deutschland sterben an Demenz. Besonders betroffen sind Frauen – doch bei Männern steigt die Zahl besonders stark.

DWN
Politik
Politik Migration: Großteil der Geflüchteten armutsgefährdet
15.10.2025

Viele der in Deutschland lebenden Flüchtlinge gelten laut einer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) als...

DWN
Finanzen
Finanzen Ethereum-Kurs erholt sich nach Marktrückgang: Chancen für Kryptowährung
15.10.2025

Die weltweiten Finanzmärkte stehen unter Druck, während geopolitische Spannungen Investoren verunsichern. Der Ethereum-Kurs rückt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen US-Autoindustrie: Autokonzern Stellantis investiert Milliarden in den USA
15.10.2025

Der Opel-Mutterkonzern Stellantis will das lahmende Geschäft auf dem wichtigen US-Markt ankurbeln und nimmt dafür viel Geld in die Hand....

DWN
Politik
Politik Ärztliches Attest: Warken offen für Gespräche über Lockerung bei Krankschreibungen
15.10.2025

Der Chef darf ab dem ersten Krankheitstag ein ärztliches Attest verlangen. Diese Regel zu ändern, könnte Ärzte entlasten. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Die besten S&P 500-Aktien: Laut Analysten sollten Anleger diese Aktien aus dem S&P 500 jetzt kaufen
15.10.2025

Analysten empfehlen zehn S&P 500-Aktien zum Kauf. Doch während die Anleger an der Wall Street jubeln, bleibt die Frage: Sind sie wirklich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Öl in der Nordsee: Internationale Konzerne erzielen Milliardenumsätze
15.10.2025

Die Nordsee ist ein wichtiger Schauplatz der globalen Energiebranche, in dem internationale Konzerne hohe Umsätze erzielen und zugleich...