Finanzen

Kahlschlag in London: Europas größte Bank streicht zehntausende Arbeitsplätze

Die Großbank HSBC streicht zehntausende Arbeitsplätze und will Milliarden einsparen. Es dürfte sich um Vorbereitungen für einen bevorstehenden Abschwung an den Finanzmärkten handeln.
18.02.2020 09:19
Aktualisiert: 18.02.2020 09:19
Lesezeit: 2 min
Kahlschlag in London: Europas größte Bank streicht zehntausende Arbeitsplätze
Das HSBC-Logo. (Foto: dpa) Foto: Rolf Vennenbernd

Die britische Großbank HSBC prüft innerhalb eines weiteren milliardenschweren Sparprogramms den Abbau von bis zu 35 000 Stellen. Die Zahl der Mitarbeiter könnte auf etwa 200 000 sinken, sagte Interims-Konzernchef Noel Quinn, der sich mit diesem Schritt den Posten dauerhaft sichern will, am Dienstag der Nachrichtenagentur Bloomberg. Er setzt damit die Rosskur der vergangenen Jahre fort. Nach der Finanzkrise zog sich die HSBC aus vielen Geschäftsfeldern und Ländern zurück und baute schon mehr als 70 000 Stellen ab.

Das Volumen des neuen Sparprogramms beläuft sich auf 4,5 Milliarden US-Dollar (4,15 Mrd Euro). "Teile unseres Geschäfts werfen nicht akzeptable Renditen ab", sagte Quinn. 2019 brach der Gewinn aber wegen hoher Abschreibungen auf das Geschäft an Finanzmärkten weltweit und Firmenkunden in Europa ein.

An der Börse kamen die Nachrichten schlecht an. Die HSBC-Aktie sackte in London bis zur Mittagszeit um fast sieben Prozent ab und fiel auf den tiefsten Stand seit 2016. Sauer stießen vor allem die gestrichenen Aktienrückkäufe und Aussagen zur Dividende auf.

Das Spar- und Strategieprogramm der Bank werteten die meisten Analysten dagegen als Schritt in die richtige Richtung. Interimschef Quinn setze ein Zeichen, kommentierte Marktanalyst Neil Wilson vom Handelshaus Markets.com. Der angepeilte Umbau sei sehr schmerzhaft und werde noch viel schmerzhafter werden. Im Kern gehe es HSBC darum, sich aus dem Investmentbanking in den USA und Europa zurückzuziehen. Statt dessen planten die Briten nun, ihre Investitionen in Asien und im Nahen Osten zu erhöhen.

Quinn hatte den Posten als Konzernchef im vergangenen Jahr nach dem überraschenden Rücktritt von John Flint kommissarisch übernommen. Verwaltungsratschef Mark Tucker hatte damals gesagt, dass die Suche nach einem neuen Chef sechs bis zwölf Monate dauern könne. In der Mitteilung zu den Jahreszahlen hieß es nur, dass es nichts Neues zur Chefsuche gebe und der Zeitplan weiter stehe.

Flint hatte die Bank nicht lange geführt - er war nur von Februar 2018 bis Sommer 2019 am Ruder. Er schaffte es in der Zeit nicht, die Investoren auf seine Seite zu ziehen. Vor allem seine hohen Investitionen in IT und Wachstum sorgten bei den Anlegern immer wieder für Ärger. Nicht zuletzt deshalb musste die Bank im Herbst ihr Renditeziel begraben.

Das schwache Geschäft in einigen Bereichen brockte der HSBC im vergangenen Jahr einen Gewinnrückgang ein. Der Überschuss fiel um rund die Hälfte auf knapp 6 Milliarden Dollar. Grund dafür waren Abschreibungen von 7,3 Milliarden Dollar auf das Geschäft an den Finanzmärkten weltweit und Firmenkunden in Europa. Bereinigt um Sondereffekte legte der Gewinn vor Steuern allerdings um rund fünf Prozent auf 22,2 Milliarden Dollar zu.

Die Erträge im operativen Geschäft zogen um sechs Prozent auf etwas mehr als 55 Milliarden Dollar an - die Kosten stiegen dagegen nur um drei Prozent auf knapp 33 Milliarden Dollar. Bis 2021 will das Management diesen Wert unter die Marke von 31 Milliarden Dollar drücken. Wegen des anstehenden Umbaus setzt die Bank im laufenden und kommenden Jahr den Rückkauf eigener Aktien aus. Die Gesamtdividende für 2019 bleibt mit 51 US-Cent je Aktie aber stabil. HSBC will die Höhe auch in den kommenden Jahren halten.

Trotz des Kursverlusts der Aktie in den vergangenen Monaten ist das Geldhaus mit einem Börsenwert von umgerechnet rund 144 Milliarden Euro die mit Abstand wertvollste Bank Europas. Die HSBC ist weltweit in 64 Ländern, darunter Deutschland, vertreten und spielt zudem als einziges europäisches Haus in der Liga der US-Branchenriesen JPMorgan, Bank of America , Citigroup und Wells Fargo mit.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

DWN
Finanzen
Finanzen BMW-Aktie im Aufwind: Autobauer erzielt Gewinn wie prognostiziert – was Anleger jetzt wissen müssen
05.11.2025

Die BMW-Aktie legt deutlich zu, doch hinter den glänzenden Zahlen verbirgt sich mehr als nur ein starkes Quartal. Stabilisierung in China,...

DWN
Finanzen
Finanzen Aktien Frankfurt: DAX-Kurs schließt wieder über 24.000 Punkten – Anleger in Frankfurt atmen auf
05.11.2025

Nach einem turbulenten Wochenbeginn zeigt sich der DAX-Kurs überraschend robust. Trotz globaler Unsicherheiten und schwankender US-Daten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Industrie im Umbruch: Produktion wächst, Aufträge und Beschäftigung sinken
05.11.2025

Die Industrie in Europa zeigt ein uneinheitliches Bild. Einige Länder steigern ihre Produktion, während andernorts Aufträge und...

DWN
Technologie
Technologie „DeepL Agent“: Start-up DeepL startet autonomen KI-Agenten
05.11.2025

Der Kölner KI-Übersetzungsspezialist DeepL hat bislang selbst großen Tech-Konzernen erfolgreich die Stirn geboten. Nun fordert das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Stellenabbau Mittelstand: Jedes vierte Familienunternehmen baut Jobs ab
05.11.2025

Auch bei den Familienunternehmen in Deutschland sind zunehmend Jobs in Gefahr: 23 Prozent der Unternehmer wollen in diesem Quartal...

DWN
Politik
Politik New York: Demokrat Mamdani wird Bürgermeister - eine Niederlage für US-Präsident Trump
05.11.2025

Die liberale Hochburg New York bekommt einen neuen Bürgermeister: Zohran Mamdani ist 34 Jahre alt, Muslim – und präsentiert sich schon...

DWN
Technologie
Technologie Reduzierung von CO2: Deutsche Bahn setzt erstmals Schienen aus „grünem“ Stahl ein
05.11.2025

Die Deutsche Bahn schließt einen Liefervertrag mit dem saarländischen Hersteller Saarstahl für klimafreundlich produzierte Schienen....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hybrides Arbeiten: Freiheit mit Nebenwirkungen? Wie Flexibilität nicht zur Belastung wird
05.11.2025

Homeoffice und Büro im Wechsel galten lange als Zukunftsmodell. Doch die vermeintliche Freiheit zeigt zunehmend Risse – von sinkender...