Angesichts der immer größeren Auswirkungen der Virus-Pandemie auf Europa steht die EZB Gewehr bei Fuß, die Krise stärker zu bekämpfen. Falls nötig, werde man weitere Impulse setzen, erklärte die Europäische Zentralbank in Frankfurt am Mittwoch. Man sei bereit, alle Maßnahmen gegebenenfalls anzupassen, sollte dies erforderlich sein. Es gehe darum, "die Liquidität im Bankensystem zu sichern" und die "reibungslose Übertragung" der Geldpolitik in allen Ländern zu gewährleisten. EZB-Vizepräsident Luis de Guindos sagte, die Zentralbank werde mutige Schritte unternehmen, sollte es erforderlich sein. Die Notenbank hat dafür laut Ratsmitglied Robert Holzmann jede Menge Spielraum. Der "Instrumentenkasten der Geldpolitik" sei nach wie vor sehr gut gefüllt, sagte der Chef der Oesterreichischen Nationalbank.
Die EZB hatte am 12. März ein umfassendes Krisenpaket geschnürt, um den Kreditfluss in der Wirtschaft zu stützen. So konnten sich Banken jüngst in einem ersten neuen Geschäft dieser Art Geldspritzen zu sehr günstigen Zinskonditionen sichern. Anders als vom Finanzmarkt erwartet, wurde allerdings keine Zinssenkung auf den Weg gebracht - allerdings hat die EZB hier kaum mehr Spielraum. Ihr Schlüsselzins zur Versorgung der Institute mit Geld liegt bei null. Auch der Einlagensatz - eine Art Strafzins für Banken, die Geld bei der EZB horten - ist bereits bei minus 0,5 Prozent. Zinssenkungen schloss EZB-Chefin Christine Lagarde für die Zukunft aber nicht aus. Wenn dies nötig sei, "werden wir das machen", sagte sie nach der jüngsten Zinssitzung.
Der Chefvolkswirt des Schweizer Bankhauses Bantleon, Daniel Hartmann, geht davon aus, dass auch gänzlich neue Instrumente zum Einsatz kommen könnten. Für denkbar hält er etwa, dass die EZB zusätzlich zu ihren Anleihenkäufen auch börsennotierte Fonds (ETF) erwerben könnte. Auch den Kauf von Bankanleihen schloss er nicht aus. Seine Prognose: "Je nach Heftigkeit des Konjunktureinbruchs könnten weitere Schritte eventuell schon vor der nächsten planmäßigen Zinssitzung des EZB-Rats am 30. April beschlossen werden."
HELIKOPTERGELD IN USA IM ANFLUG
In den USA hat die Notenbank den Leitzins bereits in zwei Schritten außer der Reihe auf fast null gedrückt. Sie stemmt sich zudem mit neuen Krisenmaßnahmen gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie. Die Währungshüter kündigten am Dienstag Schritte zur Stützung der kurzfristigen Finanzierung von Unternehmen an. Damit treten sie der Furcht vor einer Pleitewelle entgegen, die in Folge des sich rasant ausbreitenden Virus aufgekommen war. Die US-Regierung flankiert diese Initiative mit geplanten massiven Hilfen zur Bewältigung der Auswirkungen der Krise in einem Billionenvolumen - neben Krediten sollen auch Barschecks an Bürger die Wirtschaft und insbesondere den Konsum beleben.
Top-Ökonomen raten allerdings hierzulande von Steuerschecks nach dem Gießkannenprinzip für alle deutschen Bürger ab. "Jetzt brauchen spezielle Gruppen liquide Mittel, zum Beispiel Einzelunternehmer, Gastwirte, kleine Firmen", sagte der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Gabriel Felbermayr, der Nachrichtenagentur Reuters. "Denen muss gezielt geholfen werden." Sogenanntes Helikoptergeld - eine pauschale Auszahlung an alle Bürger - würde auch Personen gezahlt, die das Geld gar nicht bräuchten.
Ähnlich sieht dies das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). "Wir müssen gezielt den besonders betroffenen Gruppen helfen, also Kurzarbeitern und Arbeitslosen", sagte dessen Wissenschaftlicher Direktor Sebastian Dullien.