Politik

USA wollen ihre Atomwaffen in Europa modernisieren

Die USA wollen ihr Atomwaffen-Arsenal in Europa modernisieren. Derzeit befinden sich dort etwa 150 US-Atomwaffen. Die Orte der Lagerstätten hatte im vergangenen Jahr eine belgische Zeitung enthüllt.
28.03.2020 12:10
Lesezeit: 3 min
USA wollen ihre Atomwaffen in Europa modernisieren
Mark Esper (l), Verteidigungsminister der USA, spricht als Vorsitzender der Joint Chiefs of Staff neben Mark Milley, Army-General. (Foto: dpa) Foto: Susan Walsh

Die USA planen eine Modernisierung ihres Atom-Arsenals auf europäischem Boden. Die Atomwaffen, die in Europa positioniert wurden, dienen nach amerikanischer Auffassung der Abschreckung von Russland. Obwohl die genaue Anzahl der in Europa gelagerten amerikanischen Atom-Waffen nicht vollständig bekannt ist, kann man davon ausgehen, dass sie bei rund 150 liegt.

Am 16. Juli 2019 hatte die belgische Zeitung De Morgen ein Dokument der Nato veröffentlicht, in dem die geheimen Standorte der US-Atomwaffen in Belgien, Deutschland, Italien, den Niederlanden und der Türkei offengelegt wurden.

“Diese Bomben werden in sechs US-amerikanischen und europäischen Stützpunkten gelagert - Kleine Brogel in Belgien, Büchel in Deutschland, Aviano und Ghedi -Torre in Italien, Volkel in den Niederlanden und Incirlik in der Türkei”, so die belgische Zeitung.

Das nukleare Abschreckungskonzept der Nato sieht vor, dass Verbündete im Kriegsfall Zugriff auf Atomwaffen der USA haben, also in der Lage sein müssen, die Bomben ins Ziel zu tragen. In Büchel in der Eifel sollen 20 thermonukleare B61-Gravitationsbomben der US-Streitkräfte lagern, die unter deutsche Tornados geklinkt werden können. Das Thema ist für die Beistandsverpflichtungen im transatlantischen Bündnis zentral, aber: Man kann damit in Deutschland keine Punkte machen, zumal nicht als SPD-Politiker. Gerüttelt hat die Partei daran seit dem Jahr 1958 aber nicht. “Nukleare Abschreckung bleibt auf absehbare Zeit ein wesentlicher Bestandteil der europäischen Sicherheitsarchitektur. Die nukleare Teilhabe sichert Deutschland einen größeren Einfluss auf die Nuklearstrategie der Nato”, erklärte SPD-Verteidigungspolitiker Fritz Felgentreu noch im Oktober der dpa. Und: “Den sollten wir nicht leichtfertig aufgeben - gerade dann nicht, wenn wir Rüstungskontrolle und Abrüstung durchsetzen wollen.”

Für die Nukleare Teilhabe will Deutschland rund 30 F-18 der Version "Super Hornet" anschaffen. Für das US-Modell spricht, dass eine Zertifizierung durch die USA problemloser möglich erscheint als beim Eurofighter, schließlich kann Washington selbst hier das Tempo bestimmen. Für den elektronischen Luftkampf - das Stören, Niederhalten und Bekämpfen gegnerischer Luftabwehrstellungen - werden zudem 15 F-18 in der Version "Growler" beschafft.

Die neuen Eurofighter übernehmen die anderen Aufgaben der Tornado-Flotte: Luftaufklärung, den Einsatz als konventioneller Bomber und den Einsatz als Jagdflugzeug. Die relativ große Stückzahl von mindestens 78 Eurofightern - womöglich aber auch über 90 - kommt zustande, weil auch Maschinen als Ersatz für ältere Eurofighter der Tranche 1 gekauft werden sollen. Der Plan soll die Interessen der europäischen Rüstungsindustrie wahren und den Blick auf das gemeinsam mit Frankreich betriebene Projekt eines neuen Luftkampfsystems ("FCAS") richten, das von 2040 an verfügbar sein soll.

Zustimmung bekommt die Split-Lösung von Unionsfraktionsvize Johann Wadephul (CDU), der eine zügige Entscheidung will. “Der militärische Bedarf der Luftwaffe muss bei der Entscheidung im Vordergrund stehen”, forderte er. “Bei einer Zwei-Flottenlösung wäre die Bundeswehr der größte Nutzer des Eurofighters.” Dies sei ein “klares Bekenntnis zur europäischen Luftfahrtindustrie”. Und: “Gleichzeitig hätte man für die besonderen Aufgaben der Luftwaffe ein erprobtes und verlässliches Modell, das kurzfristig beschafft werden könnte.”

Grundsatzkritik kommt von der Linken, für die Sevim Dagdelen forderte, “angesichts der Corona-Pandemie alle Rüstungsprojekte sofort auf Eis zu legen”. Dagegen hält FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann Pläne für den Kauf von zwei unterschiedlichen Flugzeugtypen grundsätzlich für richtig. Unverständlich sei aber, dass nicht gleich auf das modernste und wirtschaftlich attraktive Modell F-35 gesetzt werde. “Dass endlich Bewegung in die Tornado-Nachfolge kommt, ist richtig, auch, wenn sie viel zu spät kommt”, so die FDP-Politikerin.

Dagegen machte die SPD - Koalitionspartner der Union - am Donnerstag deutlich, es bei dem Thema, das seit Jahren mit spitzen Fingern angefasst wird, nicht so eilig zu haben. Die Bundestagsfraktion wolle eine “sachliche und sorgfältige Erörterung der Nuklearen Teilhabe”, so Fraktionsvize Gabriela Heinrich. “Alle Entscheidungen, die das Ergebnis der Debatte vorwegnehmen, wie die damit zusammenhängende Frage eines Nachfolgesystems für den Tornado, dürfen auf keinen Fall überstürzt getroffen werden.” Die Frage sei auch, ob in diesen Zeiten “deutsches Steuergeld in Milliardenhöhe in die USA fließen und nicht in Arbeitsplätze in Deutschland und Europa investiert werden”.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Politik
Politik Wie wähle ich bei der Bundestagswahl? Deutschland verweigert wahlberechtigten Auslandsdeutschen ihre Stimme abzugeben
22.02.2025

Mehrere Auslandsdeutsche berichten, zu spät oder bislang noch gar keine Wahlunterlagen erhalten zu haben. Nun drohen die Stimmen dieser...

DWN
Politik
Politik Rente mit 63: Wer wirklich von der abschlagsfreien Rente profitiert
22.02.2025

Die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren ist für Menschen gedacht, die beruflich sehr stark belastet sind. Doch aktuelle DIW-Zahlen...

DWN
Politik
Politik Alternativen zu Trumps Appeasement-Politik gegenüber Russland
22.02.2025

US-Präsident Donald Trump sagt, er wolle der Ukraine Frieden bringen. Aber sein Ansatz kann nicht funktionieren, weil er das Problem der...

DWN
Panorama
Panorama Deutschland "kaputt": Münchaus düstere Prognose für die Wirtschaft
22.02.2025

Deutschland steckt in der Krise – und es gibt kaum Hoffnung auf Besserung. Der deutsch-britische Autor Wolfgang Münchau sieht das Land...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kündigung rechtssicher zustellen: So vermeiden Sie teure Fehler
22.02.2025

Wie Sie eine Kündigung korrekt übermitteln – von der persönlichen Übergabe bis zum Gerichtsvollzieher. Welche Methoden wirklich...

DWN
Panorama
Panorama Kaffee bald Luxus? Wie durch ein EU-Gesetz, Abholzung und das Wetter die Preise explodieren
22.02.2025

Der Preis für Kaffee ist an den Börsen in den letzten fünf Jahren um das Vierfache gestiegen. Die Ursachen für die Rekordpreise, die...

DWN
Technologie
Technologie Mobilfunk Bahn: Empfang unterwegs verbessert sich endlich
22.02.2025

Wer im Zug telefoniert oder surft, stößt oft auf Funklöcher und langsames Internet. Jetzt verbessert eine neue Technik die Verbindung...

DWN
Politik
Politik 630 Sitze, 29 Parteien, 4.506 Kandidaten: Zahlen zur Wahl
22.02.2025

Die Bundestagswahl 2025 bringt große Veränderungen mit sich: weniger Kandidaten, ein neues Wahlrecht und eine alternde Wählerschaft. Wer...