Finanzen

Schweiz: Briefkasten-Firmen profitieren von Corona-Krediten

Vom Schweizer Rettungsschirm für kleine und mittelgroße Unternehmen profitieren auch Briefkasten-Firmen, die sich unter der Kontrolle von ausländischen Oligarchen befinden.
07.04.2020 12:37
Aktualisiert: 07.04.2020 12:37
Lesezeit: 2 min
Schweiz: Briefkasten-Firmen profitieren von Corona-Krediten
Ein Mann mit Aktentasche geht ins Büro und spiegelt sich dabei in Glasscheiben. (Foto: dpa) Foto: Oliver Berg

In der Schweiz können kleine und mittelgroße Unternehmen seit Donnerstag größere Hilfskredite bekommen. Bis zu einer halben Million Franken (470.000 Euro) sind dabei zinslos zu haben, darüber hinaus fallen Zinsen von 0,5 Prozent an, wie aus dem Rettungspaket hervorgeht, das die Regierung wegen der Coronavirus-Pandemie aufgelegt hat. Die Firmen sollen damit Liquiditätsengpässe überbrücken können. Für die Maßnahme stehen 20 Milliarden Franken zur Verfügung.

Die Finanzaufsicht hat dafür die Auflagen für Banken gelockert, und die Nationalbank hat für diese Kredite ein Refinanzierungsprogramm aufgelegt. Mehr als 99 Prozent der knapp 600.000 Schweizer Firmen sind nach Angaben des Bundesamts für Statistik kleine und mittlere Unternehmen (KMU) - Firmen mit weniger als 250 Beschäftigten.

“Wir schätzen, dass ein Drittel der Unternehmen bereits Liquiditätsengpässe hat. Dieser Anteil wird in den nächsten zwei Monaten deutlich ansteigen. Wenn die Gelder geschenkt würden, wäre das Missbrauchspotenzial derart riesig, dass es zu großen Verwerfungen kommen würde”, sagte Rudolf Minsch, Chefökonom des Dachverbands der Wirtschaft (Economiesuisse), dem Radio SRF.

Die Financial Times lobte dieses zügig umgesetzte Maßnahmenpaket der Schweiz. Das Blatt wörtlich: “Die Schweiz hat am 25. März ihr Paket mit Notkrediten in Höhe von 20 Mrd. Franken (20 Mrd. USD) zur Unterstützung kleiner Unternehmen vorgestellt. In der ersten Betriebswoche hat sie mehr als 15 Mrd. Franken an 76.034 Unternehmen ausgezahlt. Am Freitag kündigte Bern an, die Anlage auf 40 Mrd. Franken zu verdoppeln. Ihr Erfolg zieht die Aufmerksamkeit in anderen Teilen Europas auf sich, wobei die Schweizer Banken und die Regierung in den letzten Tagen mit europäischen Kollegen über die Struktur des Systems in Kontakt standen.”

Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Denn von den Corona-Krediten sollen auch Briefkasten-Firmen, die in der Schweiz auch als Sitzgesellschaften umschrieben werden, profitieren. “Sie haben eine Adresse, aber wenig Business. In den öffentlichen Registern steht meist ein Anwalt als Verantwortlicher. Dahinter aber verbergen sich Andere. Vermögende, Private, Oligarchen. Sie, die ihr Leben oft im Ausland haben, sieht man nicht”, so das Finanzportal Inside Paradeplatz.

Auf Nachfrage, ob ob Überbrückungskredite auch für Sitzgesellschaften und Holdings ohne operative Tätigkeiten gegeben würden, teilte UBS dem Portal mit: “Nur wenn die Gesellschaft einen Umsatz ausweist. Der Kunde muss zudem in der Selbstdeklaration bestätigen, dass ein Liquiditätsengpass vorliegt.”

Wenn dies “auch für Sitzgesellschaften” zutreffen sollte, könne “der Kunde einen Überbrückungskredit” beantragen. Ob es sich dabei um Inhaber aus dem Ausland handelt ist nicht wichtig. Inside Paradeplatz berichtet: “Entscheidend ist allein, dass es einen Umsatz in der Buchhaltung gibt. 10 Prozent davon gibts ,formlos’ als Gratiskredit bis zu einer halben Million, darüber beträgt der Zins 0,5 Prozent – immer noch höchst attraktiv. Das bedeutet: Wenn eine Briefkastenfirma einen Umsatz nachweisen kann, gibts auch für sie Kredit zu null Prozent – garantiert vom Steuerzahler.”

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Bäder für Kreuzfahrtschiffe: Wie Stengel mit Serienfertigung Maßstäbe setzt
31.10.2025

Ob für Disney Cruise Line oder Carnival Cruises: Mit Nasszellen für Kreuzfahrtschiffe zeigt die Stengel GmbH aus Ellwangen, wie ein...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland investiert 900 Mio. Euro: Eine Drohnen-Brigade für Litauen
31.10.2025

Deutschland rüstet sich industriell und militärisch neu, was Fragen nach Strategie, Kontrolle und wirtschaftlichen Folgen aufwirft....

DWN
Technologie
Technologie Amazon profitiert von starkem Cloud-Wachstum – Unternehmensbereich erreicht Rekordtempo
31.10.2025

Amazons Cloud-Sparte erlebt einen kräftigen Aufschwung: Dutzende Unternehmen – von Start-ups bis zu Großkonzernen – setzen zunehmend...

DWN
Politik
Politik Nach einem knappen Wahlkampf: Linksliberale D66 setzen sich gegen Wilders durch
31.10.2025

Die Niederlande haben gewählt – und lange sah es nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Linksliberalen Jetten und dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Merz plant „Stahlgipfel“ im Kanzleramt: Wege aus der Industriekrise gesucht
31.10.2025

Die deutsche Stahlindustrie steckt in einer tiefen Krise. Um Lösungen für steigende Energiekosten und internationalen Wettbewerbsdruck zu...

DWN
Panorama
Panorama „Enhanced Games“ sorgen für Empörung: Warum Doping kein Sport ist
31.10.2025

Ein Sportwettkampf, bei dem Doping erlaubt ist – die „Enhanced Games“ spalten die Welt des Sports. Während die Organisatoren von...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bayer-Aktie unter Druck: Supreme Court bestätigt Millionenurteil
31.10.2025

Nach einem herben juristischen Dämpfer in den USA steht Bayer erneut im Fokus der Öffentlichkeit. Das oberste Gericht des Bundesstaates...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie auf Rekordniveau: Eine Analyse im Spannungsfeld von KI-Innovation und wachsender Marktdynamik
31.10.2025

Die Nvidia-Aktie steht im Zentrum einer technologischen Zeitenwende, in der KI und Hochleistungsrechnen neue Maßstäbe setzen. Der...