Bund und Länder wollen in der Coronakrise weitere Schritte zur Normalisierung gehen. So soll ein Teil der Intensivbetten in Kliniken auch wieder für andere Erkrankte zur Verfügung gestellt werden, geht aus dem Beschlusspapier für die Schalte von Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten am Donnerstag hervor. Zudem sollen Spielplätze und Museen wieder geöffnet werden. Lockerungen soll es auch für größere private Feiern geben. Kanzleramtschef Helge Braun und einige Ministerpräsidenten betonten aber, die generelle Linie mit Einschränkungen im öffentlichen Leben solle weitgehend bis Ende kommender Woche bestehen bleiben. "Die Kontaktbeschränkungen werden jetzt sicherlich erst einmal bis zum 10. Mai verlängert", sagte Braun dem Sender n-tv.
Bei dem Gespräch von Kanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten geht es am Nachmittag nach Brauns Angaben vor allem darum, sich mit den Vorschlägen der Fachminister etwa zu Schulen, Kindergärten und dem Sport zu beschäftigen. Braun (CDU) hatte sich am Mittwoch mit den Staatskanzleichefs der Länder abgestimmt. Es herrsche Einvernehmen, dass man zunächst die genauen Auswirkungen der ersten Öffnungsmaßnahmen auf die Neuinfektionen kennen müsse, bevor man weitere Schritte gehe. Darüber werde am 6. Mai mit den Ländern gesprochen. Er erwarte dies auch bei der Frage, ob die Bundesliga ihren Spielbetrieb wieder mit Geisterspielen aufnehmen solle. In der Bundesregierung hieß es ergänzend, ein Bundesliga-Start könnte auch erst Mitte oder Ende Mai möglich sein.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach im Inforadio von einer "Zwischenbilanz". Sein niedersächsischer Kollege Stephan Weil (SPD) forderte in der ARD, den Menschen eine Perspektive für Lockerungen zu geben. Nach den Vorgesprächen von Bund und Ländern soll es nur leichte Lockerungen etwa bei Museen oder Zoos geben - die aber ohnehin bereits in einigen Bundesländern wieder geöffnet sind. Eine Abschaffung der 800-Quadratmeter-Begrenzung der Verkaufsfläche für Geschäfte ist in dem Papier für die Beratung bisher nicht vorgesehen. Es gebe aber etliche SPD-geführte Länder, die auf einen völlige Freigabe pochten, hieß es in Verhandlungskreisen.
Nach Angaben des Robert Koch Instituts (RKI) ist die Zahl der Corona-Neuinfektionen erneut etwas stärker gestiegen als am Vortag. Die Gesamtzahl der Infizierten wuchs auf 159.119. Allerdings seien weitere 3100 Menschen genesen, das liegt erneut über der Zahl der Neuinfektionen von 1478. "Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung", sagte RKI-Chef Lothar Wieler mit Verweis auf den Wochenvergleich. Positiv dabei sei auch, dass die Zahl der Tests in der vergangenen Woche auf 467.000 gestiegen sei. Wieler appellierte an die Bevölkerung, sich weiter an die Regeln zu halten.
Bund und Länder wollen aber einen Teil der Intensivbetten in Krankenhäusern auch wieder für Nicht-Corona-Patienten nutzen. Die Entwicklung der Infektionszahlen und die genaue Übersicht über die verfügbaren Krankenhausbetten lasse es zu, dass man einen Teil der Betten auch wieder für andere planbare Operationen zur Verfügung stelle, heißt es nach Reuters-Informationen in der Beschlussvorlage des Bundes. Zuvor hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Vorschlag gemacht, einige der mehreren tausend derzeit ungenutzten Intensiv-Betten wieder für die Behandlung anderer Krankheiten zu verwenden.
FINDEN LÄNDER UNTEREINANDER EINE LINIE?
Ein Thema bei dem Treffen zwischen Regierung und Bundesländern ist auch, wie einheitlich die Länder selbst vorgehen wollen. Mehrere Ministerpräsidenten wie Weil, Woidke und Tobias Hans (Saarland) warnten vor der Schalte, einzelne Bundesländer sollten nach der Besprechung nicht wieder Alleingänge unternehmen. Hans forderte allerdings gleichzeitig im SWR, man müsse stärker auf regionale Unterschiede der Länder beim Öffnungskurs eingehen.
Dies könnte etwa die Schulpolitik betreffen, bei der verschiedene Bundesländer unterschiedliche Ansätze verfolgen. Es sei nicht hilfreich, wenn der Bund-Länder-Gipfel Einigkeit demonstriere und man am nächsten Tag aus der Zeitung übereinander lese, was jetzt alles geöffnet werde, sagte Hans im SWR. "Was ich aber nicht erleben möchte, ist, dass wir uns abstimmen, und dann macht trotzdem wieder jeder Seins", mahnte auch Weil. Hintergrund ist, dass nach der letzten Bund-Länder-Schalte gemeinsame Beschlüsse wie etwa die Öffnung von Geschäften unterschiedlich ausgelegt worden war.