Politik

Wenn Bill Gates ruft, machen Staaten sofort Milliarden locker - aber das Geld verschwindet in dunklen Kanälen

Nur wenige Tage nach einem Spendenaufruf der Bill- und Melinda-Gates-Stiftung machen 40 Länder rund 8 Milliarden Dollar an Steuergeldern locker. Wo und wie das Geld der Bürger investiert wird, wird nicht kommuniziert. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen macht derweil klar, dass in den kommenden Monaten noch viel mehr Geld gebraucht werde.
05.05.2020 14:05
Aktualisiert: 05.05.2020 14:05
Lesezeit: 3 min
Wenn Bill Gates ruft, machen Staaten sofort Milliarden locker - aber das Geld verschwindet in dunklen Kanälen
Bill Gates. (Foto: dpa) Foto: Britta Pedersen

Nur wenige Tage, nachdem die Bill- und Melinda-Gates-Stiftung im Rahmen ihrer „Global Response”-Initiative dazu aufgerufen hatte, Spenden zur Entwicklung eines Impfstoffes gegen das Coronavirus und entsprechende Tests einzusammeln, haben 40 Staaten insgesamt umgerechnet rund 7,4 Milliarden Euro (etwas mehr als 8 Milliarden Dollar) an Steuergeldern lockergemacht.

Mit einem Beitrag von einer Milliarde Euro trägt die EU-Kommission einen großen Anteil dazu bei. Weitere Großspenden kommen aus Deutschland (525 Millionen Euro), Frankreich (500 Millionen Euro), Großbritannien (umgerechnet 442 Millionen Euro) und Kanada (umgerechnet 780 Millionen Euro). Die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung selbst sagte 115 Millionen Euro zu, Italien 140 Millionen Euro. Nebenbei sei angemerkt: Auch bei der von der EU-Kommission versprochenen 1 Milliarde Euro handelt es sich um Steuergelder aller EU-Staaten, die nach Brüssel übermittelt wurden.

In einer Pressemitteilung zur Spendenkonferenz schreibt die Bundesregierung: „Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte am 24. April 2020 gemeinsam mit anderen globalen Gesundheitsakteuren und der Bill und Melinda Gates Stiftung die historische “Global Response”-Initiative zum Kampf gegen das Coronavirus gestartet.“  Die von WHO und Weltbank kontrollierte Organisation „Global Preparedness Monitoring Board“ (GPMB) hatte dabei „berechnet“, dass vorerst rund 7,5 Milliarden Euro zum Kampf gegen Corona nötig seien.

Bill Gates und seine Frau Melinda sind in Form ihrer Stiftung seit Jahren der wichtigste Sponsor der Weltgesundheitsorganisation. Beobachtern wie der Wochenzeitung Zeit zufolge wäre die WHO seit Jahren gar nicht mehr handlungsfähig ohne Gates und dessen Kapital. Nachdem US-Präsident Donald Trump die Beiträge der USA für die Organisation vor einigen Tagen eingestellt hatte, kontrolliert Gates die Agenda der WHO nun vollständig, nachdem er die künftig fehlenden US-Beiträge durch zwei weitere Spenden in dreistelliger Millionenhöhe ausgeglichen hatte, berichtet der Spiegel. Der Technologie-Milliardär ist seit Jahren sehr an Gesundheitsfragen interessiert und hat außer in die WHO auch dutzende Millionen Dollar in Impfprojekte weltweit investiert.

Transparenz darüber, welche Projekte oder Unternehmen mit den 7,4 Milliarden Euro an Steuergeldern finanziert werden sollen, existiert nicht. So kritisiert Norbert Häring auf seinem Blog:

Am 24. April startet die Gates Stiftung eine Initiative, weniger als zwei Wochen später halten EU und Regierungen eine Geberkonferenz ab und steuern 7,4 Milliarden Euro bei. Das sind Reaktionszeiten wie man sie sonst nicht kennt.

Das GPMB, von dem die Bedarfszahl stammen soll, ist eine „unabhängige“ Institution, die den Grad der Vorbereitetheit von Ländern und der Weltgemeinschaft auf Pandemien bewertet und durch Beratung der Politikverantwortlichen zur Verbesserung beitragen soll. Es wurde 2018 gegründet von der Weltgesundheitsorganisation WHO, die maßgeblich von der Bill & Melinda Gates Stiftung finanziert wird, und der Weltbank, die in verschiedensten Gremien mit der Gates Stiftung auf das Engste zusammenarbeitet, unter anderem in der Better Than Cash Alliance. Für die Gates-Stiftung ist der Präsident von dessen Globalem Entwicklungsprogramm, Chris Elias im Vorstand des GPMB.

Das von der Gates Stiftung bestellte Steuergeld soll an verschiedene Gates-finanzierte Organisationen ausgeschüttet werden, damit diese es gemäß der Philosophie von Bill Gates und des Weltwirtschaftsforums an große Pharmakonzerne weiterleiten. Diese Philosophie besagt, dass die Verbesserung der Welt am effizientesten nach kommerziellen Prinzipien stattfindet und dass man damit durchaus gutes Geld verdienen kann und sollte.

Dazu, an wen die halbe Milliarde Euro aus Deutschland, die Milliarde von der EU und die sechs weiteren Milliarden der übrigen Länder verteilt werden sollen, um Impfstoffentwicklung, Herstellung von Medikamenten und von Immunitätstests zu subventionieren, schreibt die Bundesregierung in ihrer Pressemitteilung nur sehr vage: ‚Ein Großteil der gesammelten Gelder gehen an die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (Gavi) und die Koalition für Innovationen in der Epidemievorbeugung (CEPI). Damit werden sie in ihrer Leistungsfähigkeit gestärkt.‘

Gavi ist eine von der Gates-Stiftung finanzierte und kontrollierte Impf-Organisation, während CEPI vom Davoser Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum – WEF) – dem Klub der mächtigsten Großkonzerne – ins Leben gerufen wurde. Die im WEF organisierten Großkonzerne machten vor einigen Monaten von sich reden, weil sie offen die Entmachtung der Staaten forderten: Über die wirklich wichtigen Belange von weltweiter Bedeutung sollten künftig nur noch Konzerne und nicht Staaten entscheiden.

Interessant: EU-Kommissionspräsidentin Von der Leyen machte am Montag zugleich klar, dass in den kommenden Wochen und Monaten noch viel mehr Geld gebraucht werde: „Der heutige Sprint war ein großartiger Start unseres Marathons“, wird sie von der dpa zitiert. UN-Generalsekretär Antonio Guterres behauptet derweil, dass rund fünf Mal so viel Geld nötig sei, wie in der ersten Runde eingesammelt wurde.

Das Ergebnis der Geberkonferenz ist aus Sicht der Bill- und Melinda-Gates-Stiftung ein wichtiges Zeichen der internationalen Solidarität. Der Deutschland-Vertreter der Stiftung, Tobias Kahler, lobte vor allem die Rolle Deutschlands, das 525 Millionen Euro zu dem Gesamtergebnis von 7,4 Milliarden Euro beigetragen hat. „Die Zusagen der Bundesregierung sind ein entscheidender Beitrag, um die Arbeit an Tests, Medikamenten und einem wirksamen und sicheren Impfstoff voranzutreiben und auch den Menschen in den ärmsten Ländern einen gerechten Zugang zu ermöglichen“, erklärte Kahler. „Auch angesichts der bevorstehenden EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands zeigt die Bundesregierung damit Führungsstärke.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...