Politik

Spahn will mit Immunitäts-Ausweis das Grundgesetz aushebeln

Trotz der massiven öffentlichen Kritik will Gesundheitsminister Jens Spahn unter dem Vorwand der Corona-Krise einen Immunitätsausweis einführen. Doch Patientenschützer warnen vor diesem Schritt, weil es die Persönlichkeitsrechte, die im Grundgesetz verankert sind, gezielt aushebelt.
15.05.2020 21:11
Aktualisiert: 15.05.2020 21:11
Lesezeit: 1 min
Spahn will mit Immunitäts-Ausweis das Grundgesetz aushebeln
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn legt sich mit Patientenschützern an. (Foto: dpa) Foto: Piroschka Van De Wouw

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hält in der Corona-Krise grundsätzlich an Plänen zur Einführung eines Immunitätsausweises fest. Man werde sich verstärkt mit der Frage beschäftigen müssen, "welche Einschränkungen wann für wen zulässig sind", sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Andere Staaten planen bereits, die Einreise künftig von einem derartigen Immunitätsnachweis abhängig zu machen", betonte Spahn. "Denn die Lösung kann ja nicht sein, dass unsere Bürgerinnen und Bürger nicht mehr in Länder reisen können, die solche Regelungen planen."

Doch Patientenschützer sind gegen den Ausweis. "Der Immunitätsausweis wäre ein tiefer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte", sagte der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Vorschlag gehe "ethisch weit über die aktuelle Bekämpfung der Pandemie hinaus", beklagte er. Das Persönlichkeitsrecht ist nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung "das aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG abgeleitete allgemeine Recht des Einzelnen auf Achtung und freie Entfaltung seiner Persönlichkeit gegenüber dem Staat und im privaten Rechtsverkehr (allgemeines P.)."

"Denn während die Immunisierten Teilhabe am öffentlichen Leben erhalten, wird sie den Nichtimmunisierten verwehrt. Das ist zutiefst diskriminierend." Zudem verleite der Immunitätsausweis zu vorsätzlichen Selbstinfektionen. "Der Hochrisikogruppe bliebe dann nur die Wahl zwischen langanhaltender Isolation oder Lebensgefahr. Eine solche Spaltung der Gesellschaft ist unverantwortlich", zitiert die dpa Brysch.

Spahn hatte Anfang Mai erklärt, dass es vorerst keine Regelungen dazu geben soll, inwiefern solche Immunitätsnachweise Ausnahmen von Alltags-Beschränkungen wie in der Corona-Krise ermöglichen könnten. Spahn hat den Deutschen Ethikrat um eine Stellungnahme dazu gebeten. Neben der Opposition hatte sich auch SPD-Chefin Saskia Esken skeptisch über Pläne für Immunitätsnachweise geäußert.

Spahn rief zugleich die Sicherheitsbehörden zu Nachsicht auf, wenn bei friedlichen Demonstrationen gegen Corona-Einschränkungen die Abstandsregeln nicht eingehalten werden. "Für alle größeren Menschenansammlungen gilt: Wer Abstandsregeln nicht einhält, gefährdet sich und andere, denn gerade dort breitet sich das Virus verstärkt aus. Sollte man deshalb eine friedliche Demonstration auflösen? Ich habe große Zweifel, ob das verhältnismäßig wäre", sagte Spahn dem RND. Schließlich werde dort ein Grundrecht ausgeübt. "Langfristig halten wir das Virus nicht mit Zwang in Schach", fügte er hinzu.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Das Zeitalter des intelligenten passiven Einkommens: Bitcoin-Mining mit BlackchainMining

In der heutigen, sich rasant entwickelnden digitalen Wirtschaft sind Kryptowährungen wie Bitcoin nicht nur Vermögenswerte, sondern auch...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jobabbau bei BASF und Co.: Deutsche Chemie-Industrie historisch schlecht ausgelastet
10.12.2025

Teure Energie, Wirtschaftskrise und Preisdruck: Die deutsche Chemiebranche steckt in der schwierigsten Krise seit 25 Jahren. Auch 2026...

DWN
Politik
Politik Schutz vor Einschüchterung: Bundesregierung beschließt besseren Schutz vor Schikane-Klagen
10.12.2025

Die Bundesregierung schützt Journalisten, Wissenschaftler und Aktivisten künftig besser vor sogenannten Schikane-Klagen. Mit dem Vorhaben...

DWN
Finanzen
Finanzen Kapitalmarkt 2026: Mehr Börsengänge in Deutschland und Europa erwartet
10.12.2025

Mit Ottobock, TKMS und Aumovio zählen drei deutsche Börsendebüts zu den gewichtigsten in Europa im laufenden Jahr. Doch viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Weihnachtsfeier steuerlich absetzen: So gelingt es – Tipps vom Steuerberater
10.12.2025

Viele Unternehmen möchten ihre Weihnachtsfeier steuerlich absetzen und gleichzeitig die Kosten im Blick behalten. Eine gut geplante Feier...

DWN
Politik
Politik „Reichsbürger“-Verfahren: Prinz Reuß wird zu Vorwürfen sprechen
10.12.2025

Der mutmaßliche „Reichsbürger“ Heinrich XIII. Prinz Reuß wird zu den Vorwürfen eines geplanten „Staatsstreichs“ Stellung...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI-Blase: Warum die Rekordausgaben der Tech-Giganten zum Risiko werden
10.12.2025

Die Tech-Konzerne pumpen Milliarden in künstliche Intelligenz und treiben ihre Investitionslast auf historische Höhen. Doch aus dem...

DWN
Politik
Politik Kampf gegen den Klimawandel: EU-Einigung auf Klimaschutzziel für 2040
10.12.2025

Die neuen Klimaziele der EU stehen fest: Der Treibhausgasausstoß soll bis 2040 um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Bei der...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungsmarkt: Angebot an Mietwohnungen steigt in Ostdeutschland
10.12.2025

Angebot runter, Preise rauf. Doch jetzt dreht sich der Trend – zumindest in Ostdeutschland. Allerdings nicht im Berliner Umland, dafür...