Die globale Rohstahlproduktion in den 64 Ländern, die von der World Steel Association erfasst werden, belief sich im April auf 137,1 Millionen Tonnen. Dies war ein Rückgang um 13 Prozent gegenüber dem April des Vorjahres entspricht. Aufgrund von Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Corona handelt es sich bei den Zahl teils noch um Schätzungen, doch der Trend in der aktuellen Krise scheint klar.
Der weltweit größte Stahlproduzent China produzierte demnach im April 85 Millionen Tonnen Rohstahl, was einem Anstieg von 0,2 Prozent gegenüber April 2019 entspricht. Indien produzierte im April lediglich 3,1 Millionen Tonnen Rohstahl - ein extremer Einbruch um 65,2 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Japan produzierte 6,6 Millionen Tonnen - ein Rückgang um 23,5 Prozent.
Die Produktion in der EU wird im April 2020 auf 10,7 Millionen Tonnen geschätzt (-22,9%), in den USA auf 5 Millionen Tonnen Rohstahl (-32,5%) und in den Staaten der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) auf 6,6 Millionen Tonnen (-22,6%). Die Ukraine produzierte 1,4 Millionen Tonnen Rohstahl (-30,9%), Brasilien 1,8 Millionen Tonnen Rohstahl (-39,0%) und die Türkei 2,2 Millionen Tonnen (-26,3%).
Viele von Chinas Rohstahlproduzenten befinden sich in Staatsbesitz. In der Corona-Krise sind sie die einzigen weltweit, die ihre Produktion leicht erhöhen, während überall sonst auf der Welt die Produktion eingebrochen ist. Die Entwicklung erinnert an die Weltfinanzkrise, als China schon einmal seinen weltweiten Marktanteil drastisch ausbaute. Im April produzierte China nun 62 Prozent des weltweiten Rohstahls.
Seit dem Jahr 1996 ist die weltweite Rohstahlproduktion um rund 150 Prozent angestiegen. Im vergangenen Jahr 2019 erreichte sie nach einem erneuten Anstieg um rund 3 Prozent den neuen Rekordwert von 1.869 Millionen Tonnen. Dies geht aus dem gerade veröffentlichten Bericht 2020 der World Steel Association hervor. Seit 1996 hat es nur drei Jahre gegeben, in denen die jährliche Rohstahlproduktion zurückgegangen ist:
- die asiatische Finanzkrise im Jahr 1998 mit einem Rückgang um 2,7 Prozent
- die globale Finanzkrise im Jahr 2009 mit einem Rückgang um 7,8 Prozent
- das Jahr 2015 mit einem Rückgang um 3,0 Prozent
Im Jahr 2015 versuchte China unter dem Druck der niedrigen Stahlpreise, die Überproduktion seiner Stahlproduzenten in den Griff zu bekommen. Chinas Stahlgiganten hatten während und nach der Finanzkrise weiterhin massiv Rohstahl produziert. Doch wegen der weltweit gesunkenen Nachfrage fielen die Preise und Chinas Konzerne machten Verluste.
Chinas Marktanteil ging im Jahr 2008 zurück, als wegen der Olympischen Spiele in Peking einige der größten Stahlproduzenten und Umweltverschmutzer geschlossen wurden. Doch anschließend produzierte China einfach weiter, und sein Marktanteil an der weltweiten Rohstahlproduktion stieg von 38 Prozent im Jahr 2008 auf 46,6 Prozent im Jahr 2009.
Im Jahr 2017 produzierte China zum ersten Mal mehr als der Rest der Welt zusammen. Im Jahr 2018 hat es seinen Vorsprung weiter ausgebaut. Im Jahr 2019 stieg Chinas Produktion erneut um 8,3 Prozent, während die Produktion im Rest der Welt um 2,3 Prozent zurückging. Dadurch stieg Chinas Marktanteil auf 53,3 Prozent. Stand April dieses Jahres liegt er auf monatlicher Basis nun bei 62 Prozent.
Im Jahr 2019 produzierte China mit 996,3 Millionen Tonnen etwa neunmal so viel Rohstahl wie der zweitgrößte Produzent Indien. Schon vor der Corona-Krise waren acht der 15 Stahlunternehmen mit den größten Produktionsmengen chinesische Unternehmen. Sechs dieser acht chinesischen Unternehmen befinden sich zudem im Besitz oder unter der Kontrolle von staatlichen Stellen.
China verwendet den größten Teil des Rohstahls in seinen Fabriken, wo er in Stahlprodukte umgewandelt wird, die entweder in den Export gehen oder in Chinas selbst weiterverarbeitet werden, etwa in der Bauindustrie oder bei der Herstellung von Pipelines, Kraftfahrzeugen, Waschmaschinen und Hängebrücken. Diese Produkte werden teils ebenfalls für den Export produziert.
Nur etwa 5 Prozent der gesamten chinesischen Rohstahlproduktion wurden im vergangenen Jahr exportiert. Dennoch ist das Land mit Nettoexporten in Höhe von 48,3 Millionen Tonnen der größte Nettoexporteur von Rohstahl der Welt, vor Japan (26,7 Millionen Tonnen), Russland (22,7 Millionen Tonnen) und der Ukraine (14,0 Millionen Tonnen).