Der US-Finanzinvestor Cerberus erhöht den Druck auf die Commerzbank-Spitze. „Wir sind nach wie vor dazu entschlossen, nachhaltige Veränderung in der Führung der Commerzbank sowie in Bezug auf die operative und strategische Ausrichtung der Bank zum Wohle aller Stakeholder zu erwirken“, schrieb der Großaktionär in einem weiteren Schreiben an den Aufsichtsrat der Frankfurter Bank.
„Künftig werden wir unsere Mittel dafür einsetzen, alternative Wege zur Herbeiführung der notwendigen Veränderungen zu bestreiten, um die anhaltende Erfolglosigkeit der Commerzbank zu überwinden, ihre durch die schwache Entwicklung in nahezu allen Geschäftskennzahlen zum Ausdruck gebrachten Probleme zu adressieren“, heißt es in dem zweiseitigen Schreiben von Cerberus Capital Management. Zerberus ist in der griechischen Mythologie jener mehrköpfige Hund, welcher den Eingang zur Unterwelt bewacht.
In einem ersten Brandbrief Anfang vergangener Woche hatte der US-Fonds zwei Posten im Kontrollgremium der Bank verlangt. Dies wies Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann zurück. Cerberus bekräftigte nun: „Unsere Forderung es in Betracht zu ziehen, zwei hoch qualifizierte Personen in den Aufsichtsrat zu berufen, war kein Selbstzweck, sondern ein erster Schritt hin zu tiefgreifenden Veränderungen.“
Nach dem Gewinneinbruch 2019 drohen bei der Commerzbank weitere Einschnitte. Konzernchef Martin Zielke hatte im Mai bekräftigt, die Bank werde ihr „Kostenmanagement in diesem Jahr nochmals intensivieren“. Zur Vorlage der Halbjahreszahlen am 5. August sollen Details zu weiteren Sparmaßnahmen genannt werden. Im Herbst hatte der Vorstand den Abbau zusätzlicher 2300 Stellen beschlossen, zudem schließt die Bank jede fünfte ihrer etwa 1.000 Filialen.
Cerberus ist seit Sommer 2017 an der Commerzbank beteiligt und mit gut fünf Prozent der zweitgrößte Aktionär des Instituts nach dem deutschen Staat, der 15,6 Prozent hält. Seit dem Einstieg von Cerberus bei der Commerzbank ist der Kurs der Aktie um fast 60 Prozent gefallen. Die geplante Mini-Dividende von 15 Cent je Anteilsschein für das Geschäftsjahr 2019 wurde gestrichen.
Die Börsenzeitung kommentiert die Vorgänge folgendermaßen:
Da schau her: Während Commerzbank-Chef Martin Zielke in seiner Eigenschaft als frischgebackener Präsident des Bankenverbands eine Runde virtueller Antrittsbesuche absolviert hat, ist in der Frankfurter Konzernzentrale Feuer unterm Dach ausgebrochen. Dass die Beteiligungsgesellschaft Cerberus eine Revolte anzettelt, müsste Management und Aufsichtsrat allein nicht unbedingt in Angst und Schrecken versetzen - auch wenn ihr Anteil von gut 5 Prozent sie dazu berechtigt, eine außerordentliche Hauptversammlung zu beantragen, um dort ihre Forderung durchzusetzen, zwei eigene Kandidaten für den Aufsichtsrat zu benennen. Der Vorstoß zeigt vor allem eines: wie groß der Gram sein muss bei der Private-Equity-Gesellschaft, die 2017 bei der Commerzbank und später bei der Deutschen Bank in der Hoffnung auf Kursgewinne und Einnahmen aus Restrukturierungsmandaten im Falle einer Großbankenfusion einstieg und damit bisher nur Geld versenkt hat.
Dass Cerberus die jüngste Aktionärsversammlung vor wenigen Wochen verstreichen ließ, ohne zu intervenieren, und nun der Bank eine Frist von gerade einmal drei Tagen für eine Erwiderung setzt, lässt nicht auf strategische Weitsicht schließen. Brisant macht den Angriff aus New York City allerdings, dass ihm klammheimlicher Beifall in Frankfurt und Berlin sicher sein dürfte. Denn eine Commerzbank, die infolge schwindender Erträge und hoher Kosten kaum etwas abwirft, beschäftigt die Aufseher, da sie nicht krisenfest ist, und hält zugleich die Buchverluste für den Großaktionär Bund hoch, der sich bei Lufthansa gerade ins nächste Beteiligungsabenteuer stürzt.
Das Raunen der Unzufriedenheit ist stetig vernehmlicher geworden, seitdem Zielke im September eine seltsam inspirations- wie aspirationsarme Strategie für 2023 vorlegte, deren Umsetzung zudem umgehend ins Stocken geraten ist, wie der gescheiterte Verkauf der Tochter MBank zeigt. In der Analyse ist Cerberus denn auch zu keinem anderen Ergebnis gekommen als die vom Bund mandatierten Berater von BCG: Im Zinstief zahlt sich für die Bank, die derzeit auf ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von noch 18 Prozent kommt, kein Wachstumskurs aus, sondern vor allem Kostenfokus.
Die Bank hat dies lange nicht wahrhaben wollen, wie schon ihre fehlgeschlagenen Strategien für 2012 und 2016 zeigten. Nun kündigt sie für August "eine Weiterentwicklung" ihrer erst im September ausgegebenen Marschroute an. Der Investorenattacke mit Ansage wird ein weiteres Restrukturierungsprogramm folgen. Ebenfalls mit Ansage.