Finanzen

Amerikaner machen ernst: Finanzinvestor Cerberus droht der Commerzbank

Der Finanzinvestor Cerberus droht der Commerzbank. Man werde die abgeblockten Forderungen nach Entsendung zweier Repräsentanten in den Vorstand der Bank nun mit anderen Mitteln durchsetzen.
16.06.2020 10:27
Aktualisiert: 16.06.2020 10:27
Lesezeit: 2 min
Amerikaner machen ernst: Finanzinvestor Cerberus droht der Commerzbank
Über der Commerzbank-Zentrale zieht ein schweres Gewitter auf. (Foto: dpa) Foto: Frank Rumpenhorst

Der US-Finanzinvestor Cerberus erhöht den Druck auf die Commerzbank-Spitze. „Wir sind nach wie vor dazu entschlossen, nachhaltige Veränderung in der Führung der Commerzbank sowie in Bezug auf die operative und strategische Ausrichtung der Bank zum Wohle aller Stakeholder zu erwirken“, schrieb der Großaktionär in einem weiteren Schreiben an den Aufsichtsrat der Frankfurter Bank.

„Künftig werden wir unsere Mittel dafür einsetzen, alternative Wege zur Herbeiführung der notwendigen Veränderungen zu bestreiten, um die anhaltende Erfolglosigkeit der Commerzbank zu überwinden, ihre durch die schwache Entwicklung in nahezu allen Geschäftskennzahlen zum Ausdruck gebrachten Probleme zu adressieren“, heißt es in dem zweiseitigen Schreiben von Cerberus Capital Management. Zerberus ist in der griechischen Mythologie jener mehrköpfige Hund, welcher den Eingang zur Unterwelt bewacht.

In einem ersten Brandbrief Anfang vergangener Woche hatte der US-Fonds zwei Posten im Kontrollgremium der Bank verlangt. Dies wies Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann zurück. Cerberus bekräftigte nun: „Unsere Forderung es in Betracht zu ziehen, zwei hoch qualifizierte Personen in den Aufsichtsrat zu berufen, war kein Selbstzweck, sondern ein erster Schritt hin zu tiefgreifenden Veränderungen.“

Nach dem Gewinneinbruch 2019 drohen bei der Commerzbank weitere Einschnitte. Konzernchef Martin Zielke hatte im Mai bekräftigt, die Bank werde ihr „Kostenmanagement in diesem Jahr nochmals intensivieren“. Zur Vorlage der Halbjahreszahlen am 5. August sollen Details zu weiteren Sparmaßnahmen genannt werden. Im Herbst hatte der Vorstand den Abbau zusätzlicher 2300 Stellen beschlossen, zudem schließt die Bank jede fünfte ihrer etwa 1.000 Filialen.

Cerberus ist seit Sommer 2017 an der Commerzbank beteiligt und mit gut fünf Prozent der zweitgrößte Aktionär des Instituts nach dem deutschen Staat, der 15,6 Prozent hält. Seit dem Einstieg von Cerberus bei der Commerzbank ist der Kurs der Aktie um fast 60 Prozent gefallen. Die geplante Mini-Dividende von 15 Cent je Anteilsschein für das Geschäftsjahr 2019 wurde gestrichen.

Die Börsenzeitung kommentiert die Vorgänge folgendermaßen:

Da schau her: Während Commerzbank-Chef Martin Zielke in seiner Eigenschaft als frischgebackener Präsident des Bankenverbands eine Runde virtueller Antrittsbesuche absolviert hat, ist in der Frankfurter Konzernzentrale Feuer unterm Dach ausgebrochen. Dass die Beteiligungsgesellschaft Cerberus eine Revolte anzettelt, müsste Management und Aufsichtsrat allein nicht unbedingt in Angst und Schrecken versetzen - auch wenn ihr Anteil von gut 5 Prozent sie dazu berechtigt, eine außerordentliche Hauptversammlung zu beantragen, um dort ihre Forderung durchzusetzen, zwei eigene Kandidaten für den Aufsichtsrat zu benennen. Der Vorstoß zeigt vor allem eines: wie groß der Gram sein muss bei der Private-Equity-Gesellschaft, die 2017 bei der Commerzbank und später bei der Deutschen Bank in der Hoffnung auf Kursgewinne und Einnahmen aus Restrukturierungsmandaten im Falle einer Großbankenfusion einstieg und damit bisher nur Geld versenkt hat.

Dass Cerberus die jüngste Aktionärsversammlung vor wenigen Wochen verstreichen ließ, ohne zu intervenieren, und nun der Bank eine Frist von gerade einmal drei Tagen für eine Erwiderung setzt, lässt nicht auf strategische Weitsicht schließen. Brisant macht den Angriff aus New York City allerdings, dass ihm klammheimlicher Beifall in Frankfurt und Berlin sicher sein dürfte. Denn eine Commerzbank, die infolge schwindender Erträge und hoher Kosten kaum etwas abwirft, beschäftigt die Aufseher, da sie nicht krisenfest ist, und hält zugleich die Buchverluste für den Großaktionär Bund hoch, der sich bei Lufthansa gerade ins nächste Beteiligungsabenteuer stürzt.

Das Raunen der Unzufriedenheit ist stetig vernehmlicher geworden, seitdem Zielke im September eine seltsam inspirations- wie aspirationsarme Strategie für 2023 vorlegte, deren Umsetzung zudem umgehend ins Stocken geraten ist, wie der gescheiterte Verkauf der Tochter MBank zeigt. In der Analyse ist Cerberus denn auch zu keinem anderen Ergebnis gekommen als die vom Bund mandatierten Berater von BCG: Im Zinstief zahlt sich für die Bank, die derzeit auf ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von noch 18 Prozent kommt, kein Wachstumskurs aus, sondern vor allem Kostenfokus.

Die Bank hat dies lange nicht wahrhaben wollen, wie schon ihre fehlgeschlagenen Strategien für 2012 und 2016 zeigten. Nun kündigt sie für August "eine Weiterentwicklung" ihrer erst im September ausgegebenen Marschroute an. Der Investorenattacke mit Ansage wird ein weiteres Restrukturierungsprogramm folgen. Ebenfalls mit Ansage.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Technologie
Technologie Batteriespeicher: Warum RWE den Takt für Europas Netze vorgibt
28.12.2025

Ein deutscher Energiekonzern baut in Wales den größten Batteriespeicher Großbritanniens und verschiebt damit die Kräfteverhältnisse in...

DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 52: Die wichtigsten Analysen der Woche
28.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 52 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jahreswagen, Vorführwagen, Tageszulassung: So sparen Sie beim Autokauf
28.12.2025

Wer beim Auto kaufen sparen will, muss nicht zwingend zum alten Gebrauchten greifen. Jahreswagen, Vorführwagen und Tageszulassung wirken...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Föderale Modernisierungsagenda: 200-Punkte-Programm für Bürokratieabbau – ist das der große Wurf?
28.12.2025

Bund und Länder haben ein Paket beschlossen, das den Staat schlanker und schneller machen soll. Über 200 Maßnahmen zielen auf Bürger,...

DWN
Politik
Politik Steuern, Deutschlandticket, Musterung – die Änderungen 2026 im Überblick
27.12.2025

2026 bringt spürbare Änderungen bei Lohn, Rente, Steuern und Alltag. Manche Neuerungen entlasten, andere verteuern Mobilität oder...

DWN
Panorama
Panorama Keine Monster, keine Aliens: Prophezeiungen für 2025 erneut widerlegt
27.12.2025

Düstere Visionen und spektakuläre Vorhersagen sorgen jedes Jahr für Schlagzeilen – doch mit der Realität haben sie meist wenig zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen E-Mail-Betrug im Mittelstand: Die unterschätzte Gefahr im Posteingang – und welche Maßnahmen schützen
27.12.2025

E-Mail-Betrug verursacht im Mittelstand mehr Schäden als Ransomware. Stoïk, ein auf Cybersecurity spezialisiertes Unternehmen, zeigt,...

DWN
Technologie
Technologie China überholt Europa: Wie europäische Energieprojekte den Aufstieg befeuerten
27.12.2025

Europa hat in den vergangenen Jahrzehnten erheblich zum Aufbau der chinesischen Industrie beigetragen, ohne die langfristigen Folgen zu...