Technologie

Neue Weltwährung? China startet mit den Tests für seinen digitalen Yuan

Lesezeit: 2 min
17.07.2020 11:40  Aktualisiert: 17.07.2020 11:40
Die chinesische Zentralbank testet ihre neue digitale Währung auf den großen Online-Plattformen des Landes. Peking will sich wieder mehr direkte Kontrolle über das Bezahlen in China sichern und den Yuan zur führenden Weltwährung ausbauen.
Neue Weltwährung? China startet mit den Tests für seinen digitalen Yuan
Chinas Zentralbank sichert sich mehr Kontrolle über das digitale Bezahlen. (Foto: dpa)
Foto: Sven Hoppe

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die chinesische Zentralbank plant, den neuen digitalen Yuan auf mehreren Online-Plattformen zu testen, die von Meituan Dianping betrieben werden, dem riesigen landesweiten Essenslieferservice von Tencent Holdings. Dies ist ein weiterer entscheidender Schritt auf dem Weg zur massenhaften Einführung des digitalen Yuan. In der vergangenen Woche hatte bereits der Car-Sharing-Dienstleister Didi Chuxing, auch bekannt als das "chinesische Uber", seine Beteiligung an der Erforschung von Anwendungen für den digitalen Yuan angekündigt.

Die Studien und die Einführung digitaler Zentralbankwährungen sind Antworten auf zwei Phänomene, auf die Blockchain-basierten Kryptowährungen wie Bitcoin und auf neue Online-Zahlungssysteme von Finanzdienstleister. Diese letzteren wie Alipay oder Wechat-Pay sind besonders in China weit fortgeschritten und haben Bargeld - Noten und Münzen - praktisch ersetzt. Mit digitalen Zentralbankwährungen erhoffen sich Zentralbanken wieder die Kontrolle über die Zahlungs- und Finanzflüsse zu erhalten. Für die Kunden besteht der Vorteil in der hohen Sicherheit, da die Zentralbank die Gegenpartei darstellt und nicht ein undurchschaubarer Finanzkonzern.

Der Lieferservice Meituan Dianping hat mit einem Forschungszweig der chinesischen Zentralbank Gespräche über die Nutzung des virtuellen gesetzlichen Zahlungsmittels Digital Currency Electronic Payment (DCEP) geführt, wie die digitale Zentralbankwährung genannt wird, deren Einführung dort mit Nachdruck vorangetrieben wird. Die Einzelheiten der Partnerschaft müssten aber noch festgelegt werden, sagen namentlich nicht genannte Insider zu Bloomberg.

Der digitale Yuan wird über eine Handy-App genutzt, wie es die Chinesen beim Bezahlen gewohnt sind. Die Führung in Peking verfolgt das Ziel, sich wieder eine größere Kontrolle über das Finanzsystem des Landes zu sichern. Denn infolge der De-facto-Abschaffung des Bargelds, das eine Form von Zentralbankgeld darstellt, nutzen die Chinesen nun fast ausschließlich Geschäftsbanken und Zahlungsdienstleister, wo ihre Guthaben lediglich Ansprüche gegenüber diesen Unternehmen darstellen, nicht aber gegenüber der Zentralbank.

Wie der Car-Sharing-Dienstleister Didi so verzeichnet auch die von Meituan betriebene Plattform mehrere Milliarden Bezahlvorgänge pro Tag, von der Essenszustellung bis hin zu Online-Reisediensten. Seine Teilnahme am digitalen Yuan wäre ein riesiger Schritt zur Massenakzeptanz des digitalen Yuan. Die Forschungsabteilung der Zentralbank befindet sich einem Insider zufolge derzeit auch in Gesprächen mit Bilibili, einem weiteren von Tencent unterstützten Unternehmen, das Videostreaming betreibt.

Mit den geplanten bisher umfangreichsten Tests seine digitalen Yuan baut Peking seine weltweite Führung bei digitalen Zentralbankwährungen (central bank digital currencies, CBDC) aus. Bereits Ende letzten Jahres hatten mehrere Großbanken, drei Telekommunikationsanbieter, Huawei und andere wichtige Wirtschaftsteilnehmer in vier Städten ein Pilotprojekt mit dem digitalen Yuan durchgeführt. China erhofft sich von der Technologie ganz neue Möglichkeiten der Geldpolitik und der staatlichen Kontrolle über die Geldflüsse.

Chinas Zentralbank macht den Zahlungssystemen von Tencent und der zur Alibaba Group gehörenden Ant Group Konkurrenz, um sich einen Anteil an der 27 Billionen Dollar schweren Zahlungsindustrie in dem Land zu sichern. Ein digitaler Yuan könnte Chinas Behörden ein Maß an Kontrolle über über die Wirtschaft und die riesige Finanzdienstleistungsindustrie des Landes bieten, das mit physischem Bargeld einfach nicht möglich wäre.

Zudem könnte ein digitaler Yuan eines Tages dem Dollar und dem auf dem Dollar basierenden globalen Währungssystems Konkurrenz machen. Die chinesische Zentralbank hat bei der Entwicklung digitaler Zentralbankwährungen weltweit eine Vorreiterrolle übernommen. Doch auch EZB-Chefin Christine Lagarde treibt eine eigene digitale Zentralbankwährung als Bargeld-Ersatz voran, wobei sie die Unterstützung der Deutschen Bank und anderer Finanzinstitute in Europa hat.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Clean Industrial Deal: Warum die EU jetzt handeln muss
26.12.2024

Vor fünf Jahren setzte die EU mit dem Europäischen Green Deal neue Maßstäbe im globalen Klimaschutz. Heute, angesichts wachsender...

DWN
Politik
Politik Papst eröffnet Heiliges Jahr mit Hoffnungsbotschaft
26.12.2024

Ein strammes Programm hatte der gesundheitlich angeschlagene Papst an Weihnachten zu stemmen: Er eröffnete das Heilige Jahr der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschland schafft Gasspeicherumlage ab: Entlastung für Nachbarländer, Mehrkosten für Verbraucher
26.12.2024

Deutschland verabschiedet sich von der umstrittenen Gasspeicherumlage an Grenzübergangspunkten zu Nachbarländern. Mit einer Änderung des...

DWN
Immobilien
Immobilien Sechs Jahre Mietenstopp: Können Mietpreiserhöhungen gesetzlich verboten werden?
26.12.2024

Der aktuelle Wohnmarkt bereitet Volk wie Bundesregierung Kopfzerbrechen. Laut Umfragen glauben immer weniger Deutsche daran, sich den Traum...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kann Automatisierung die deutsche Industrie retten?
26.12.2024

Die deutsche Wirtschaft kämpft mit Fachkräftemangel und explodierenden Kosten. Wie können Automatisierung und Robotik diese...

DWN
Politik
Politik Wahlforscher Jung: Die Union hat ein "Merz-Problem" - und Habeck eine gute Chance
26.12.2024

Es sei sehr wahrscheinlich, dass Unionskandidat Merz der nächste deutsche Bundeskanzler wird, sagt Wahlforscher Matthias Jung. Doch er...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Fünf Jahre Corona: Als Covid-19 die Welt in den Stillstand zwang
26.12.2024

Lockdowns, Masken, Grenzschließungen: Fünf Jahre nach dem Auftauchen der ersten Covid-19-Fälle hat die Corona-Pandemie weltweit ihre...

DWN
Politik
Politik Chaos und Dutzende Tote in Mosambik nach Wahlergebnis
26.12.2024

Seit der Verkündung des Wahlsiegs der Regierungspartei kommt es zu immer blutigeren Unruhen. Demonstranten befreien Gefangene und...