In Russland findet heute die Kiellegung von vier Kriegsschiffen sowie zwei U-Booten statt. Auf der Severnaya-Werft in St. Petersburg sollen zwei Fregatten gebaut werden, die „Admiral Jumaschev“ sowie die „Admiral Spiridonov“. Auf der Sewmasch-Werft in Severodvinsk (Hafenstadt am Weißen Meer, circa 1.000 Kilometer nördlich von Moskau) ist der Bau von zwei Vielzweck-U-Booten mit Nuklear-Antrieb geplant. Und auf der Zaliv-Werft in Kertsch (Hafenstadt am Schwarzen Meer in der Krim, 270 Kilometer östlich von Sewastopol) beginnt die Arbeit an zwei amphibischen Landungsschiffen, die jeweils 900 Marine-Infanteristen sowie über 20 Hubschrauber aufnehmen können. Kreml-Sprecher Dimitry Peskow sagte Journalisten der staatlichen Nachrichtenagentur TASS, dass Russlands Präsident Wladimir Putin den Feierlichkeiten in Kertsch beiwohnen werde.
Der Bau der Schiffe und U-Boote ist Teil der Bemühungen Russlands, seine Seestreitkräfte zu erneuern und zu modernisieren, wie es im Strategie-Papier „Grundlagen der staatlichen Politik der Russischen Föderation im Bereich der Tätigkeit der Marine im Zeitraum bis 2030“ beschrieben steht. Hier wird auch ein Ziel beschrieben: Die russische Marine solle die „zweitstärkste einsatzfähige Marine der Welt“ sein beziehungsweise werden, wobei vier Einsatzgebieten Priorität zugeschrieben wird: Dem Nordpolarmeer, der Ostsee, dem Schwarzen Meer sowie dem Pazifik. Besonders in ersterem kommt es seit einiger Zeit immer wieder zu Begegnungen mit Nato-Schiffen und -U-Booten, bei denen beide Seiten bedacht sind, Stärke zu demonstrieren. Im westlichen Pazifik, der derzeit möglicherweise im globalen Maßstab spannungsgeladendsten Weltregion, könnte es in Zukunft nach Meinung einiger Analysten eine gegen die USA gerichteten Allianz zwischen Russland und China geben.
Letzterem Szenario erteilt Kapitän zur See a.D. Klaus Mommsen im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten allerdings eine Absage. Der ehemalige Bundeswehroffizier und jetzige Analyst, der mehrere Artikel über die russische Marine veröffentlicht hat, sagt: „Die gemeinsamen Manöver im Pazifik sind lediglich politische Demonstrationen. Man fährt nebeneinander her, macht ein paar Fernmeldeübungen, feuert vielleicht auf ein gemeinsames Ziel. Um taktische Übungen mit dem Ziel, gemeinsame Standards zu entwickeln, handelt es sich nicht.“
Überhaupt sei die russische Marine nicht in der Lage, weltumspannend zu agieren. Dafür fehle die logistische Basis, seien die fünf Flotten (mit Ausnahmen der Baltischen und der Nordflotte) nicht in der Lage, gemeinsam zu agieren. Man fahre verstreut rund um den Erdball umher, bekämpfe mal Piraten am Horn von Afrika, statte mal Venezuela einen demonstrativen Besuch ab. Ernsthafte globale Ambitionen hege man jedoch nicht. Die einzig wirkliche Aufgabe von Russlands Marine, so Mommsen: „Die Heimatverteidigung.“ Und die würde im Nordmeer, in der Ostsee und im Schwarzen Meer stattfinden.
Hierfür seien die Neubauten in Teilen gut geeignet, so Mommsen. Was die Fregatten angeht: Es handele sich um qualitativ hochwertige, kampfkräftige Schiffe, die in der vorgeschobenen Verteidigung gute Dienste leisten würden. Was die U-Boote anbelangt: Sie könnten amerikanische Trägerverbände auf Distanz halten und amerikanische U-Boote wirkungsvoll bekämpfen. Nur in punkto Landungsboote zeigt sich Mommsen skeptisch: Auch sie seien für die Offensiv-Verteidigung zwar prinzipiell brauchbar; jedoch verfüge die Werft, auf der sie gebaut werden sollen, nicht die dafür notwendige Erfahrung: „Ich schätze, vor 2035 werden die Schiffe nicht fertig werden.“
Dass die russische Marine tatsächlich die (nach den USA) zweitstärkste der Welt ist (oder in Zukunft sein wird), hält Mommsen für unwahrscheinlich: „Dieser Rang gebührt wohl der chinesischen Flotte.“
Auf jeden Fall zeigt der Bau der Schiffe eins: Russland wendet sich mehr und mehr von den Großkampfschiffen ab. Projekte wie der Bau eines atomgetriebenen Flugzeugträgers, den Putin persönlich einmal in den Raum gestellt hatte, dürften – zumindest in absehbarer Zeit – angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage nicht realisierbar sein.
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