Deutschland

Anwaltskanzlei verklagt Finanzaufsicht BaFin im Wirecard-Skandal

Die BaFin habe ihre gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse grob missachtet, sagt Rechtsanwalt Andreas Tilp. Die Behörde hätte gegen Wirecard wegen Marktmanipulation ermitteln müssen.
24.07.2020 09:53
Aktualisiert: 24.07.2020 09:53
Lesezeit: 1 min
Anwaltskanzlei verklagt Finanzaufsicht BaFin im Wirecard-Skandal
Hessen, Frankfurt/Main: Der Sitz der Bafin. (Foto: dpa) Foto: Boris Roessler

Die Anwaltskanzlei Tilp verklagt im Wirecard-Skandal nun auch die Finanzaufsicht BaFin auf Schadenersatz. Die Amtshaftungsklage sei beim Landgericht Frankfurt eingereicht worden. "Die BaFin hat sich unseres Erachtens jahrelang unter grober Missachtung ihrer gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse eigener Ermittlungen gegenüber der Wirecard AG wegen Marktmanipulation verweigert", sagte Rechtsanwalt Andreas Tilp am Freitag.

Obwohl sie die öffentliche Berichterstattung über massive Unregelmäßigkeiten bei Wirecard genau gekannt habe, sei die Behörde einseitig gegen Journalisten und Leerverkäufer vorgegangen. Die Behörde wies die Vorwürfe zurück. "Die BaFin ist sämtlichen Hinweisen, die sie erhalten hat, pflichtgemäß nachgegangen", sagte eine Sprecherin.

Wirecard ist einer der größten Bilanzskandale in der deutschen Geschichte. Der Dax-Konzern hat nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft München mindestens seit 2015 seine Bilanzen gefälscht. Doch erst Mitte Juni stellte Wirecards langjähriger Bilanzprüfer EY fest, dass rund 1,9 Milliarden Euro, die angeblich auf Treuhandkonten bei philippinischen Banken lagen, nicht existierten - ebenso wie große Teile des Asien-Geschäfts.

Der Dax-Konzern, der zu seinen Hochzeiten an der Börse mit fast 25 Milliarden Euro bewertet wurde, meldete Ende Juni Insolvenz an. Tilp hat wegen des Skandals bereits EY und frühere Vorstände des zusammengebrochenen Zahlungsabwicklers verklagt.

Tilp argumentiert, dass die BaFin mindestens für Geschäfte mit Wirecard-Papieren ab dem 18. Februar 2019 Schadenersatz leisten müsse. "Hätte sie ordnungsgemäß ermittelt, wäre der Bilanzbetrug am Freitag, dem 15. Februar 2019, längst öffentlich bekannt gewesen", sagte er. An dem Tag hatte die BaFin die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) mit der Prüfung der Wirecard-Bilanz beauftragt.

Wie in den früheren Klagen beantragte Tilp auch diesmal ein Musterverfahren. Bei einem Musterverfahren handelt es sich um eine Art Sammelklage, bei der einer im Namen von vielen klagt.

Er ist allerdings juristisch umstritten, ob die BaFin überhaupt haftbar gemacht werden kann. Die BaFin-Sprecherin erklärte, Amtshaftungsansprüche von Dritten, etwa von Anlegern, seien gesetzlich ausgeschlossen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Grünes Image unter Druck: EU plant strengere Regeln für Umweltwerbung
09.07.2025

Begriffe wie „klimaneutral“ oder „biologisch abbaubar“ begegnen Verbraucherinnen und Verbrauchern inzwischen fast überall – von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturplan: Eine Chance für europäische Bauunternehmen?
09.07.2025

Deutschland plant das größte Infrastrukturprogramm seiner Geschichte. Doch es fehlen Bauarbeiter. Können andere europäische Firmen und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs stabil trotzt Milliardenbewegung: Anleger bleiben dennoch vorsichtig
08.07.2025

80.000 Bitcoin aus der Satoshi-Ära wurden bewegt – doch der Bitcoin-Kurs blieb stabil. Was hinter dem Rätsel steckt, warum Investoren...

DWN
Politik
Politik Steinmeier drängt auf mehr gemeinsame Rüstungsprojekte in Europa
08.07.2025

Bei seinem Besuch in Lettland hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für mehr Zusammenarbeit in der europäischen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schwäche in China bremst Porsche: Absatz geht im ersten Halbjahr zurück
08.07.2025

Porsche muss im ersten Halbjahr 2025 einen spürbaren Rückgang beim Fahrzeugabsatz hinnehmen. Besonders in China läuft das Geschäft...

DWN
Politik
Politik Trump verspricht Raketen für die Ukraine – doch zu welchem Preis?
08.07.2025

Donald Trump kündigt neue Waffenlieferungen an die Ukraine an – obwohl er sich lange zurückhielt. Ein Signal der Stärke oder Teil...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nvidia-Aktie auf Höhenflug: Wie realistisch ist das 250-Dollar-Ziel?
08.07.2025

Die Nvidia-Aktie eilt von Rekord zu Rekord – doch Analysten sehen noch Luft nach oben. Wie realistisch ist das Kursziel von 250 Dollar?...

DWN
Politik
Politik NATO-Chef erwartet Doppelangriff: China greift Taiwan an, Russland die NATO
08.07.2025

Ein gleichzeitiger Angriff Chinas auf Taiwan und Russlands auf die NATO – ausgerechnet NATO-Chef Mark Rutte hält dieses...