Finanzen

EU-Einlagensicherung soll deutsche Banken retten

Die befürchtete Welle an Firmenpleiten infolge der Corona-Krise könnte deutschen Banken Probleme bereiten. Die deutsche Einlagensicherung wäre überfordert. Top-Ökonomen plädieren deshalb für eine EU-Einlagensicherung, um deutsche Banken vor dem Ruin zu bewahren.
05.08.2020 21:03
Aktualisiert: 05.08.2020 21:03
Lesezeit: 2 min
EU-Einlagensicherung soll deutsche Banken retten
EZB-Chefin Christine Lagarde ist eine Unterstützerin der europäischen Einlagensicherung. (Foto: dpa) Foto: Ng Han Guan/Pool

Die befürchtete Welle an Firmenpleiten infolge der Corona-Krise könnte einer Studie zufolge auch die deutschen Geldhäuser in die Bredouille bringen.

In einem Krisen-Szenario geht das Berliner Forschungsinstitut DIW davon aus, dass die nationale Banken-Einlagensicherung letztlich überfordert wäre, und plädiert deshalb für eine europäische Einlagensicherung im Sinne der EZB-Chefin Christine Lagarde: "Selbst wenn der Fiskus einspringt und alle Einlagen sichert, wäre eine Europäische Einlagensicherung (Edis) im Vergleich die bessere Variante", erläutern die Autoren der Studie.

Sie unterstellen in ihrem Modell, dass sich die Schocks auf das deutsche Finanzsystem im Rahmen der Corona-Krise über ein Jahr erstrecken und an ihrem Höhepunkt etwa zwei Prozent der deutschen Bankeinlagen nicht mehr bedient werden. Dies entspreche im Jahresdurchschnitt etwa sechs Prozent. "Aktuelle Studien schätzen, dass der Anteil notleidender Banken – in Abhängigkeit der coronabedingten Konjunkturentwicklung - von weniger als einem Prozent auf sechs bis 24 Prozent steigen wird", heißt es in der Studie. "Sechs Prozent wäre dabei der Schwellenwert, ab dem die nationalen Einlagesicherungssysteme ausgeschöpft wären", erläutert Ko-Autor Marius Clemens. Dabei werde unterstellt, dass ein Teil dieser Banken auch tatsächlich pleite gehe. Notleidend heißt erstmal nur, dass Geldhäuser die von der Aufsicht geforderte Eigenkapitalanforderungen nicht mehr erfüllen können.

Wegen der aufgestauten Insolvenzanträge sei im Herbst mit einem “deutlichen Anstieg” der Pleiten zu rechnen, warnt auch DIW-Chef Marcel Fratzscher. Die könnte dann auf den Finanzsektor überschwappen. Deshalb plädiert das DIW für, das heiße Eisen einer europäischen Einlagensicherung endlich anzupacken. “Eine effizient gestaltete europäische Einlagensicherung kann helfen, die ökonomischen Kosten einer großen Krise wie der Corona-Pandemie abzufedern”, sagt Ko-Autor Stefan Gebauer.

Doch Edis ist umstritten: Nach Ansicht des Bundesverbands Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) darf eine Vertiefung der Bankenunion die Funktionsfähigkeit der “bewährten deutschen Sicherungssysteme” nicht gefährden. Eine Vergemeinschaftung der Finanzmittel der nationalen Sicherungssysteme auf EU-Ebene sei abzulehnen. Auch der Sparkassenverband DSGV hält dagegen: Die Entwicklung der notleidenden Kredite laufe genau in die gegenteilige Richtung, sagte eine Sprecherin. “Die Zeichen der Zeit stehen gerade nicht in Richtung Vergemeinschaftung.”

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte schon 2019 Vorschläge zur Vollendung der Bankenunion gemacht, die eine bessere Aufsicht und die Möglichkeit einer Abwicklung maroder Institute umfasst. Ihm schwebt ein Einlagensicherungsmechanismus vor - in gestaffelter Form. Zunächst würden demnach die Mittel der nationalen Einlagensicherung eingesetzt. Wenn diese ausgeschöpft sind, soll ein europäischer Einlagensicherungsfonds in begrenztem Maße weitere Liquidität über rückzahlbare Darlehen bereitstellen. Wenn dann noch Finanzbedarf besteht, soll der betroffene Mitgliedstaat einschreiten.

Allerdings gibt es bislang keine abgestimmte Position der Bundesregierung zur Weiterentwicklung der Bankenunion. Ein Insider sagte Reuters zuletzt, eine Grundsatzeinigung in Europa sei relativ schnell möglich. Danach bräuchte es aber rund eineinhalb Jahre, um die rechtlichen Details zu klären. Auch die Umsetzung danach dürfte noch Jahre dauern.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Kryptowährungsmarkt im Fokus: ETFs, XRP und Moon Hash – Weihnachtsbonusverträge beflügeln Cloud-Computing-Trends

Zum Jahresende erlebt der Kryptowährungsmarkt einen neuen Aufschwung. Kryptowährungs-ETFs und XRP ziehen zunehmend Gelder traditioneller...

DWN
Panorama
Panorama Gaudís Sagrada Família: Der höchste Kirchturm der Welt
21.12.2025

Barcelona feiert 2026 die Architektur – und ein Turm der Sagrada Família soll Geschichte schreiben. Doch hinter dem Rekord stecken Geld,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Leadership-Coach Lars Krimpenfort: „Klopp ist ein gutes Beispiel für klare Führung unter Druck“
21.12.2025

Im Mittelstand steigen die Belastungen gefühlt täglich. Wie gelingt es Führungskräften dennoch, unter Druck richtig zu entscheiden?...

DWN
Politik
Politik EU-Kapitalmarktunion: Warum kleine Staaten um ihre Finanzmacht kämpfen
21.12.2025

Die EU will ihren Kapitalmarkt neu ordnen und zentrale Aufsichtsrechte nach Paris verlagern, während kleinere Staaten den Verlust ihrer...

DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 51: Die wichtigsten Analysen der Woche
21.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 51 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mittelstand vor existenziellen Problemen: Keine Aufträge und schlechte Rahmenbedingungen
21.12.2025

Wie eine aktuelle Umfrage des ifo-Instituts ergab, sehen sich 8,1 Prozent der befragten Firmen direkt in ihrer wirtschaftlichen Existenz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Zölle auf Kleinsendungen: Neue Abgabe trifft Online-Bestellungen aus Drittstaaten
21.12.2025

Der Online-Handel mit günstigen Waren aus Drittstaaten wächst rasant und stellt den europäischen Binnenmarkt vor strukturelle...

DWN
Finanzen
Finanzen Topanalyst enthüllt: Das sind die attraktivsten Rüstungsaktien
21.12.2025

Die globale Sicherheitslage wandelt sich rasant, und die Verteidigungsindustrie gewinnt an Bedeutung für Regierungen und Kapitalmärkte....

DWN
Technologie
Technologie Natrium-Batterien: Wie China die nächste Akkurevolution vorantreibt
20.12.2025

Chinesische Hersteller treiben die Entwicklung von Natrium-Batterien rasant voran und bedrohen damit das bisherige Lithium-Dominanzmodell...