Finanzen

Der Trend zu Nullzinsen erfasst den Junkbond-Markt

Der weltweite Trend zu Null- und Negativzinsen verstärkt sich. Als einziges Anleihesegment warten nur noch Ramschanleihen mit vergleichsweise hohen Zinsen auf – doch auch hier brechen die Renditen für Investoren ein.
16.08.2020 12:23
Lesezeit: 2 min
Der Trend zu Nullzinsen erfasst den Junkbond-Markt
Händler an der Börse von Karatschi. (Foto: dpa) Foto: Shahzaib Akber

Grafik: Entwicklung des Durchschnittszinsen im Junk Bond-Segment. Daten von Bloomberg)

Seit der Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 greifen die wichtigsten Zentralbanken der Welt mit massiven geldpolitischen Interventionen – genannt seien hier nur die Herabsetzung der Leitzinsen auf null, die Käufe von Staats- und Unternehmensanleihen sowie die Verteilung von Notkrediten im Interbankenmarkt – in die Finanzmärkte ein.

Als Folge der expansiven Geldpolitik sinkt das allgemeine Zinsniveau in Nordamerika, Europa und Japan seit Jahren deutlich ab. Inzwischen herrscht eine bedrohliche Zins-Ebbe im Anleiheuniversum – Schätzungen zufolge weisen inzwischen schon rund 60 Prozent aller weltweit verfügbaren Staats- und Unternehmensanleihen eine Rendite von unter einem Prozent auf. Zudem sind inzwischen Staatsanleihen im geschätzten Gesamtvolumen von 14 bis 17 Billionen Dollar mit Negativzinsen versehen – bringen dem Investor also Verluste ein.

Investoren konnten die Renditeausfälle bislang unter Inkaufnahme eines höheren Risikos im Segment für Ramschanleihen kompensieren, doch auch hier nimmt der Trend zu sinkenden Zinsen spürbar an Fahrt auf. Wie die Financial Times berichtet, ist die durchschnittliche Rendite bei Unternehmensanleihen seit Ausbruch der Corona-Pandemie A nfang des Jahres von etwa 11 Prozent auf aktuell nur noch rund 5 Prozent gesunken.

Nun hat erstmals ein Unternehmen mit Ramschstatus (Bonität von BB+ und damit eine Stufe unter dem letzten als relativ sicher geltenden Investment Grade-Rang BBB) Anleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren emittiert, deren Rendite unter der Marke von 3 Prozent liegt. Der US-amerikanische Aluminiumdosenfabrikant Ball Corporation muss demnach 2,875 Prozent für seine Verbindlichkeiten zahlen. Weil die Nachfrage von Investoren größer als gedacht ausfiel, konnte das Unternehmen sogar 1,3 Milliarden Dollar statt der ursprünglich geplanten 1 Milliarde Dollar am Markt aufnehmen.

„Dies ist ein weiteres Zeichen für den unstillbaren Hunger nach Rendite, mit dem es die Welt derzeit zu tun hat“, wird ein Manager der Vermögensverwaltung Diamond Hill von der FT zitiert. Der Juli des laufenden Jahres soll zudem der umsatzstärkste Monat bei Ramschanleihen seit dem Jahr 2011 gewesen sein.

Das Portal Finanzmarktwelt schreibt dazu in einem Artikel mit dem Titel „Wie die globale Wirtschaftskrise ‚weg-regiert‘ und ‚weg-gedruckt‘ wird“:

Die Folge dieser Politik in den USA, in Kombination mit Billionen-Rettungen und Flutung am Interbankenmarkt: Selbst die Emissionen von Schrottanleihen, also Anleihen mit besonders hohem Ausfallrisiko, zeigen zuletzt dramatisch fallende Renditen. Mehr als 40 Prozent der jüngst verkauften Schrottanleihen hatten eine Rendite von weniger als 4 Prozent. Der Chart zeigt die Durschnittsrendite mit einem Hoch von über 11 Prozent zum Start der Coronakrise. Und jetzt ist man bei unter 5 Prozent angekommen. Der Markt sieht also eine immer weiter fallende Ausfallwahrscheinlichkeit für diese Anleihen. Wenn sowieso alles geflutet und gerettet wird, dann wird auch der Schrott mit durchgeschleppt durch diese Wirtschaftskrise? Oder anders gesagt: Die Anleger kaufen alles. Und wenn hier noch ein paar Prozent Rendite anfallen, warum nicht Schrottanleihen kaufen? Die Kurse steigen durch zunehmenden Kaufdruck, die Rendite sinkt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Technologie
Technologie Erkennen Sie schnell instabile Li-Ion-Batterien

Brady Corporation bietet eine neue, kostengünstigere Lösung an, um instabile Li-Ion-Batterien im Lager schnell und einfach zu erkennen....

DWN
Technologie
Technologie Atomkraft-Comeback? Weltweiter Run auf Kernenergie laut IEA
23.01.2025

"Neue Ära der Kernenergie": Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert einen wachsenden Strombedarf weltweit und ruft...

DWN
Technologie
Technologie Rätselhafte ChatGPT-Störung verärgert tausende Nutzer
23.01.2025

Derzeit kommt es zu massiven Störungen bei der Nutzung des ChatGTP-Bots. Nutzer rätseln derweil über die Ursachen der Panne. Das...

DWN
Politik
Politik "Das Maß ist endgültig voll": Merz will nach Aschaffenburg Asyl-Kehrtwende
23.01.2025

Nach dem tödlichen Angriff auf eine Kita-Gruppe in Aschaffenburg verlangt der CDU-Chef fundamentale Änderungen in der Migrationspolitik....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Wachstumslokomotive: Wie Spanien zum Wachstums-Star wird
23.01.2025

Wachstums-Star Spanien: Während Deutschlands Wirtschaft stagniert, erlebt Spanien ein beeindruckendes Comeback. Dank Rekorden im...

DWN
Politik
Politik Merz will TV-Duell mit Alice Weidel: "Gehe der Diskussion nicht aus dem Weg"
23.01.2025

Kanzlerkandidat Friedrich Merz will ein TV-Duell mit AfD-Chefin Alice Weidel. Der CDU-Vorsitzende möchte die "fundamentalen Unterschiede"...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskrise: Deutschland hinkt bei Investitionen global hinterher - und verliert an Wettbewerbsfähigkeit
23.01.2025

Ob Wohnungsbau, Maschinen oder Forschung: Deutschland bleibt bei den Investitionen hinter anderen Ländern zurück, zeigt eine neue...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Generation Z und Handwerk: Glühbirne wechseln? Zu gefährlich! Heimwerker-Nachwuchs mit zwei linken Händen?
23.01.2025

„Do-it-yourself“ wird die Zukunft: Unbesetzte Stellen, hohe Personal- und Materialkosten führen zu monatelangen Wartezeiten und teuren...

DWN
Politik
Politik Messerangriff: Aschaffenburg heute in Schockstarre - Politik fordert Aufklärung nach Gewalttat
23.01.2025

Ein weiterer Messerangriff eines Migranten, erneut mit tragischem Ausgang. Heute könnte der Verdächtige dem Haftrichter vorgeführt...