Finanzen

Trump treibt die technologische Abkopplung der USA von China voran

Lesezeit: 4 min
18.08.2020 10:00  Aktualisiert: 18.08.2020 10:38
Die US-Regierung treibt die Abkopplung der USA von China auf dem Bereich der technologischen Zusammenarbeit weiter voran. Auch in anderen Bereichen erinnert die Beziehung beider Länder eher an einen neuen Kalten Krieg, als an Kooperation.
Trump treibt die technologische Abkopplung der USA von China voran
Flaggen Chinas und der USA. (Foto: dpa)
Foto: Andy Wong

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

US-Präsident Donald Trump will mit Steueranreizen und Strafmaßnahmen Arbeitsplätze in der Fertigung aus China in die USA bringen. „Wir werden Steuererleichterungen für Firmen schaffen, die Jobs von China nach Amerika zurückholen“, sagte Trump am Montag auf einer Veranstaltung im Bundesstaat Minnesota. Zudem sollten Unternehmen, die Arbeit nach China auslagerten, keine Regierungsaufträge mehr erhalten. Trump sprach von zehn Millionen Stellen, die so in zehn Monaten geschaffen werden könnten.

Der Vorstoß, Arbeitsplätze aus China zurück in die USA zu holen, ist Teil einer weitergefassten Strategie der US-Regierung, deren Ziel verkürzt als Abkopplung von China definiert werden kann. Dazu gehört die Trennung von Verbindungskanälen im militärischen Bereich (Funkstille zwischen den Marineeinheiten, riskante Übungen vor der chinesischen Küste etc.) ebenso wie möglicherweise bevorstehende Sanktionen im Finanzsektor. Auch die technologische Zusammenarbeit ist unter Beschuss geraten, wie das Beispiel Huawei zeigt.

Neue Sanktionen drehen Huawei die Luft ab

Die US-Regierung verschärft zudem die Sanktionen gegen den chinesischen Technologiekonzern Huawei, um dem Unternehmen den Zugang zu jeglichen Chips aus internationaler Produktion zu kappen. Mit der am Montag bekanntgegebenen Regelung dürfen an Huawei grundsätzlich keine Chips mehr geliefert werden, die mit Hilfe amerikanischer Software entworfen oder mit amerikanischer Technik gefertigt wurden. Damit sind auch Produkte europäischer Halbleiterfirmen wie NXP oder STMicroelectronics betroffen, wie ein ranghoher US-Regierungsbeamter betonte.

Bei einer vorherigen Verschärfung der Sanktionen im vergangenen Mai galt die Regelung zunächst nur für von Huawei entwickelte Chips, die der Konzern bei Herstellern in Auftrag gibt. Jetzt wurde das Verbot auch auf eigene Produkte der Chipfirmen erweitert.

Huawei entwickelt selbst Hauptprozessoren für seine Smartphones sowie Modem-Chips für die Verbindung zum Mobilfunk-Netz. Allerdings enthalten die Telefone auch eine Vielzahl anderer Halbleiter wie diverse Sensoren oder NFC-Funkchips von NXP. Dabei werden in der Branche auf breiter Front Maschinen und Software aus den USA eingesetzt.

Die bereits im Mai 2019 eingeführten und schrittweise verschärften Sanktionen sehen vor, dass amerikanische Firmen Geschäftsbeziehungen mit Huawei nur mit einer speziellen Erlaubnis der US-Regierung unterhalten dürfen. Der US-Regierungsbeamte machte am Montag unter Hinweis auf gesetzliche Vorgaben keine Angaben dazu, ob irgendwelchen Unternehmen bereits eine solche Erlaubnis gewährt worden sei.

Zugleich setzte die US-Regierung weitere Firmen aus dem Umfeld von Huawei auf eine schwarze Liste. Unter den 38 am Montag genannten Unternehmen sind Huawei Technologies Düsseldorf, Huawei Cloud Berlin und Huawei OpenLab München. Damit sind jetzt gut 150 Huawei-Firmen von den Sanktionen betroffen. Die US-Regierung befürchtet, dass Huawei sich über sein Firmen-Netzwerk über Umwege Zugriff auf amerikanische Technik verschaffen könnte.

Das Geschäft von Huawei wird bereits spürbar von den Sanktionen beeinträchtigt. Da die Firma ihre neuen Smartphone-Modelle nicht mehr mit vorinstallierten Google-Diensten ausliefern kann, leiden die Verkäufe außerhalb Chinas. Durch die starke Position im Heimatland wurde Huawei im vergangenen Quartal dennoch zur weltweiten Nummer eins in einem geschrumpften Smartphone-Markt.

Zudem ließ das US-Handelsministerium am Montag die Ausnahmeregelung auslaufen, die Huawei die Versorgung amerikanischer Mobilfunk-Anbieter erlaubte. Jetzt ist dem chinesischen Unternehmen nur noch erlaubt, für die Sicherheit bestehender Netzwerke zu sorgen. Bisher war auch die allgemeine Wartung der Netztechnik zugelassen. Die USA hätten Huaweis Kunden genug Zeit gegeben, sich umstellen, erklärte Außenminister Mike Pompeo. „Diese Zeit ist jetzt abgelaufen.“ In den USA hatten vor allem lokale Mobilfunk-Anbieter günstigere Huawei-Technik in ihre Netze gepackt.

US-Präsident Donald Trump bekräftigte die Vorwürfe gegen Huawei am Montag. „Wir wollen ihre Ausrüstung in den Vereinigten Staaten nicht, weil sie uns ausspionieren“, sagte Trump im Sender Fox News. „Ich nenne sie Spy-wei.“ Der Konzern hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Dagegen wurde vor einigen Jahren die massive Spionagetätigkeit amerikanischer und britischer Geheimdienste auf der ganzen Welt durch die Enthüllungen des ehemaligen NSA-Angestellten Edward Snowden publik.

Begnadigt Trump Snowden?

Apropos Snowden: Trump will eine Begnadigung des Whistleblowers prüfen, der vor sieben Jahren das ausufernde Überwachungssystem amerikanischer Geheimdienste enthüllte. Er sei zwar nicht besonders vertraut mit der Angelegenheit, „aber ich werde mir das ansehen“, sagte Trump am Samstag (Ortszeit) auf eine entsprechende Frage von Reportern bei einer Pressekonferenz. Snowden bekam Asyl in Russland, wo er während seiner Flucht gestrandet war.

Die Frage an Trump kam auf, nachdem der Präsident der Zeitung New York Post gesagt hatte, eine Menge Leute seien der Ansicht, dass mit Snowden nicht fair umgegangen worden sei. Auch jetzt sagte Trump, es gebe unterschiedliche Meinungen zu Snowden: „Manche Leute denken, er sollte anders behandelt werden, andere denken er hat sehr schlimme Dinge getan.“

Snowden hatte im Jahr 2013 mehreren Journalisten eine Vielzahl vertraulicher Dokumente des amerikanischen Abhördienstes NSA und seines britischen Partners GCHQ gegeben. Das Material offenbarte ein tiefgreifendes System der Internet- und Telekommunikationsüberwachung durch US-Geheimdienste und ihre britischen Verbündeten.

In den USA wurde Snowden der Spionage und des Diebstahls von Staatseigentum beschuldigt. Er floh zunächst nach Hongkong. Auf dem Weiterflug nach Ecuador strandete er auf einem Moskauer Flughafen, weil die US-Regierung seinen Reisepass annulliert hatte. Snowden bekam Asyl in Russland, nach einer Verlängerung aktuell bis 2020. Er versuchte vergeblich, in einem EU-Staat wie Deutschland oder Frankreich Asyl zu bekommen. Wegen der Veröffentlichung seiner Memoiren leitete die US-Regierung 2019 gegen ihn ein weiteres Verfahren wegen Verletzung seiner Schweigepflicht als ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter ein.

Snowden wurde für seine Enthüllungen international vielfach geehrt und ausgezeichnet. So erhielt er 2014 den Alternativen Nobelpreis «Right Livelihood Award». Auch in den USA hegen viele die Ansicht, dass Snowden der Gesellschaft mit der Aufdeckung der Überwachung einen Dienst erwiesen habe. Das Thema Datenschutz kam international verstärkt auf die Tagesordnung.

Die Folgen von Snowdens Enthüllungen wirken bis heute nach: Erst vor wenigen Wochen kassierte der Europäische Gerichtshof zum zweiten Mal eine Vereinbarung zur Übermittlung der Daten von Europäern in die USA, weil die Informationen dort nicht ausreichend geschützt seien.

Trumps Vorgänger Barack Obama hatte eine Begnadigung Snowdens abgelehnt. „Ich kann niemanden begnadigen, der nicht von einem Gericht verurteilt wurde»“, sagte Obama 2016 dem «Spiegel» und der ARD. Allerdings haben US-Präsidenten bereits Personen begnadigt, die wegen der ihnen vorgeworfenen Taten nicht vor Gericht standen. Zum Ende seiner Amtszeit hatte Obama 2017 die verurteilte Whistleblowerin Chelsea Manning begnadigt. Manning hatte der Enthüllungs-Plattform Wikileaks diplomatische Korrespondenz und Militärunterlagen weitergegeben. Besonders bekannt wurde ein Video, in dem Zivilisten und Reporter im Irak von US-Truppen beschossen werden.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...