Politik

Merkel warnt Russland vor Einmischung in Weißrussland

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Russland davor gewarnt, sich in die inneren Angelegenheiten Weißrusslands einzumischen.
19.08.2020 17:51
Lesezeit: 2 min
Merkel warnt Russland vor Einmischung in Weißrussland
19.08.2020, Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft im Anschluss an eine Videokonferenz des Europäischen Rates im Bundeskanzleramt ein. (Foto: dpa) Foto: Michael Sohn

Die EU erkennt das Wahlergebnis der belarussischen Präsidentschaftswahl nicht an und hat Russland vor einem Eingreifen in der ehemaligen Sowjetrepublik aufgewarnt.

“Die Wahlen am 9. August waren weder frei noch fair, deshalb erkennen wir das Ergebnis nicht an, heißt es in einer von den 27 EU-Staats- und Regierungschefs am Mittwoch verabschiedeten Erklärung. EU-Ratspräsident Charles Michel kündigte Schritte der Europäischen Union gegen den belarussischen Führungsapparat an. “Die EU wird in Kürze Sanktionen gegen eine substanzielle Anzahl von Personen verhängen, die für Gewalt, Unterdrückung und Wahlfälschung verantwortlich sind”, sagte er.

Michel hatte die 27 EU-Regierungschefs angesichts der Eskalation in dem osteuropäischen Land zu einer Videoschalte zusammengerufen. In Belarus gingen die seit Tagen andauernden Demonstrationen gegen Präsident Alexander Lukaschenko weiter, dem Wahlbetrug und ein brutales Vorgehen gegen Demonstranten vorgeworfen werden. Einem Medienbericht zufolge wies Lukaschenko das Innenministerium an, die regierungskritischen Proteste in Minsk zu beenden. Die Geheimdienste sollen weiter nach den Organisatoren der jüngsten Demonstrationen gegen Lukaschenkos umstrittene Wiederwahl suchen, meldete die Nachrichtenagentur Belta. Zudem sei eine Verstärkung des Grenzschutzes angeordnet worden, um ein Einsickern von “Kämpfern und Waffen” zu verhindern.

Lukaschenko hatte wie die russische Regierung vor einer Einmischung aus dem Ausland gewarnt. Außenminister Sergej Lawrow sagte am Mittwoch laut Nachrichtenagenturen Tass und Ifax, es gebe keinen Bedarf an einer ausländischen Vermittlung zur Beilegung der Krise. Erklärungen der EU seien von rein geopolitischen Motiven geleitet. Zugleich betonte ein Sprecher des russischen Präsidialamts jedoch, dass es keinen Bedarf an einem Eingreifen im Nachbarland gebe.

Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt hatte sich am Dienstag dagegen besorgt über Berichte geäußert, dass russische Spezialkräfte an die Grenze zu Belarus verlegt würden. “Wir sind mit Russland im Gespräch, um genau dies zu verhindern”, sagte Kanzlerin Angela Merkel mit Blick auf ein befürchtetes Eingreifen russischer Truppen. Dies würde die Lage “sehr verkomplizieren”. “Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Weißrussland seinen Weg selbst findet”, fügte sie hinzu.

Sowohl Michel als auch die Kanzlerin wiesen ihrerseits den Vorwurf einer Einmischung der EU zurück. Eine politische Lösung müsse in Belarus selbst gefunden werden. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) könne bei dem nötigen innerbelarussischen Dialog helfen. Für sich selbst sah Merkel - anders als in der Ukraine 2014 - keine besondere Vermittlungsrolle und verwies darauf, dass ein angefragtes Gespräch mit Lukaschenko nicht zustande gekommen sei. Zugleich ließ die Kanzlerin aber keinen Zweifel, auf welcher Seite die EU stehe. “Der Mut derjenigen, die friedlich demonstriert haben, hat uns beeindruckt”, sagte sie zu den Demonstranten in Minsk und anderen belarussischen Städten. “Wir stehen an der Seite der Demonstrierenden.”

Die deutschen Parteistiftungen versprachen ihre Zurückhaltung bei der direkten Unterstützung der Opposition. Hintergrund ist, dass sie Russland keinen Anlass für ein Eingreifen geben wollen. “Natürlich steht die KAS wie überall aufgrund ihrer Werte automatisch auf der Seite derer, die für Freiheit und Demokratie eintreten”, sagte der Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Litauen, Jakob Wöllenstein, zu Reuters. “Aber wir leisten keine finanzielle Unterstützung für die neue Oppositionsbewegung. Es wäre auch falsch, einen nötigen innerbelarussischen Prozess von außen steuern zu wollen.”

Ähnlich äußerte sich sein Kollege Christopher Forst, der für die Friedrich-Ebert-Stiftung von der Ukraine aus Belarus betreut. “Es gibt keine direkte Unterstützung für politische Parteien oder materielle Hilfe für die Opposition”, sagte er zu Reuters. Die Opposition sei sehr dezentral, was zeige, dass es einen breiten Unmut im Land über den Wahlverlauf und das Vorgehen der Polizei gebe. “Es braucht zum Zündeln nicht das Streichholz aus dem Ausland. Ich würde auch von einer Einmischung aus dem Ausland abraten” sagte Forst.

Unterdessen verließ eine weitere Oppositionsvertreterin Belarus. Veronika Zepkalo reiste nach Poland und kündigte an, sie wolle in Litauen die belarussische Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja treffen. Diese hatte am Wochenende zu friedlichen Protesten gegen Lukaschenko aufgerufen. Merkel dankte sowohl Polen als auch Litauen für ihr Engagement.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht zeitweise unter 90.000 US-Dollar: Kryptomarkt in extremer Angst
18.11.2025

Der Bitcoin-Kurs ist am Dienstag zeitweise tief gefallen und hat weltweit Unruhe unter Anlegern ausgelöst. Der Fear-and-Greed-Index warnt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Flixtrain bereit zum harten Wettbewerb um Bahn-Kunden
18.11.2025

Im Fernverkehr auf deutschen Schienen herrscht bislang wenig Wettbewerb. Das könnte sich in den kommenden Jahren ändern. Ein kleiner...

DWN
Technologie
Technologie Fliegende Autos: XPeng eröffnet erste Produktionsstätte für Flugfahrzeuge in China
18.11.2025

China eröffnet erstmals industrielle Strukturen für Fahrzeuge, die sowohl am Boden als auch in der Luft nutzbar sein sollen. Wird damit...

DWN
Technologie
Technologie Cloudflare down: Internetdienste X und ChatGPT massiv von Cloudflare-Störung betroffen
18.11.2025

Die Cloudflare-Dienste sind seit Dienstagmittag weltweit massiv gestört, betroffen sind darunter große Plattformen wie X und ChatGPT. Das...

DWN
Finanzen
Finanzen Nokia-Aktie und Nvidia-Aktie im Fokus: Wie die Partnerschaft 5G-Wachstum antreibt
18.11.2025

Die einst vor allem für Handys bekannte Nokia hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt und rückt nun wieder in den Fokus von...

DWN
Finanzen
Finanzen Vestas-Aktie im Minus: So sollen 900 gezielte Entlassungen die Ertragsziele stützen
18.11.2025

Die Vestas-Aktie steht derzeit unter Druck. Dass das Unternehmen weltweit 900 Bürostellen abbaut, scheint den Anlegern auch Sorgen zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erfolg im Job: Warum Diplome nicht mehr über Karrierechancen entscheiden
18.11.2025

Die Anforderungen an Fachkräfte haben sich deutlich verändert, und Arbeitgeber legen zunehmend Wert auf Fähigkeiten, Persönlichkeit und...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität in Europa: Beckedahl kritisiert Bundesregierung
18.11.2025

Deutschland feiert neue Google- und Microsoft-Rechenzentren, während die digitale Abhängigkeit von US-Konzernen wächst. Der...