Die Chefs der großen Zentralbanken der Welt werden am Donnerstag und Freitag zu einer Diskussion über die Zukunft der globalen Geldpolitik zusammenkommen. Die jährlich abgehaltene Veranstaltung, die in der Regel in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming stattfindet, war wegen Corona bereits Anfang des Jahres ins Internet verlegt worden.
Im vergangenen Jahr sorgte der damalige britische Zentralbankchef Mark Carney in Jackson Hole für Aufsehen, als er sagte, dass er das Ende des Dollar als Weltleitwährung erwarte. Doch weil ein Übergang zum chinesischen Yuan zu riskant sei, schlug Carney eine globale digitale Reservewährung vor. Zwar ist dieser Plan bisher nicht umgesetzt worden, aber vom Tisch ist er auch nicht.
Diesmal steht das Treffen nun im Zeichen der Corona-Krise. Niemals zuvor haben die weltweiten Zentralbanken so stark in die globale Wirtschaft eingegriffen wie in diesem Jahr. Sie drucken Geld im Umfang von vielen Billionen Euro und rechtfertigen dies mit dem Kampf gegen den beispiellosen wirtschaftlichen Zusammenbruch infolge der Corona-Maßnahmen.
In den USA hoffen die Anleger, dass sie im Verlauf des Jackson-Hole-Treffens vom Vorsitzenden der US-Notenbank, Jerome Powell, mehr Klarheit über die geldpolitischen Instrumente erhalten werden, die er in Betracht zieht, um den wirtschaftlichen Schaden durch Corona zu begrenzen und um die anhaltend niedrige Inflation anzuheizen.
Denn mehrere führende Beamte der US-Notenbank haben schon eine Bereitschaft angekündigt, die offizielle Preissteigerung über das erklärte 2-Prozent-Ziel der Zentralbank hinaus zu erhöhen. Sie rechtfertigen diese zusätzlich geplante Verteuerung der Konsumgüter damit, dass es längere Phasen der Unterschreitung des 2-Prozent-Ziels gegeben hat, die man ausgleichen könne.
In Europa warten Investoren Hinweise auf die nächsten Schritte der Europäischen Zentralbank von deren Chefökonom Philip Lane. Die meisten Analysten erwarten, dass die EZB ihr Corona-Anleihekaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Program) in Höhe von 1,35 Billionen Euro weiter aufstocken wird, aber wahrscheinlich frühestens im Dezember.
Die Beobachter der Bank of England werden nach Äußerungen von Andrew Bailey über eine mögliche Senkung der Zinssätze unter Null suchen. Der BoE-Chef sagte kürzlich, negative Zinssätze seien "Teil unseres Werkzeugkastens", es gebe aber keine unmittelbaren Pläne. Dennoch preisen die Märkte weiterhin eine beträchtliche Chance auf Negativzinsen im nächsten Jahr ein.
Wie die Bank von Japan bei dem Treffen am Donnerstag und Freitag vertreten sein wird, ist noch unklar. Sie war die globale Avantgarde bei geldpolitischen Instrumenten wie quantitativer Lockerung (QE), Negativzinsen, Kontrolle der Renditekurve und massive Programme zum Ankauf von Vermögenswerten, darunter neben Staats- und Unternehmensanleihen auch Aktien.
Lesen Sie am Sonnabend:
DWN-Kolumnist Ronald Barazon analysiert die Ergebnisse der Gespräche!