Finanzen

Kredite in Kryptowährungen steigen auf 3,8 Milliarden Dollar

Lesezeit: 2 min
26.08.2020 14:29  Aktualisiert: 26.08.2020 14:29
Die Corona-Krise hat offenbar einen Kreditboom in der Welt der Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum ausgelöst. Es locken hohe Renditen und drohen große Risiken.
Kredite in Kryptowährungen steigen auf 3,8 Milliarden Dollar
Statt seine Bitcoin im eigenen Wallet zu speichern, kann man sie auch zu erheblichem Zins und Risiko verleihen. (Foto: dpa)
Foto: Marijan Murat

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Markt für DeFi - Decentralized Finance - ist bislang nur etwas für Freaks, ein Nischenprodukt in der großen neuen Welt der Kryptowährungen. Doch die Beträge, die auf den einschlägigen Plattformen gehandelt werden, sind seit dem Ausbruch der Corona-Krise regelrecht explodiert. Experten warnen vor einer Blase.

Bei Decentralized Finance geht es vereinfacht gesagt darum, traditionelle Finanzprodukte von Banken - Darlehen, Anleihen, Währungstausch - auf die Kryptowelt zu übertragen. Seit März hat sich das Volumen dieser virtuellen Finanzprodukte auf 7,5 Milliarden Dollar versiebenfacht, wie der Branchendienst DeFi Pulse zeigt.

Vor allem das Verleihen von Cyberdevisen boomt. Allein auf dieses sogenannte "Lending" entfallen 3,8 Milliarden Dollar. Nutzer verleihen hier ihre virtuellen Münzen - statt sie in eigens dafür vorgesehenen digitalen Geldbörsen aufzubewahren - und bekommen dafür Zinsen. Der Zinssatz ist im Voraus festgelegt oder wird täglich von Algorithmen via Computer berechnet. Auf speziellen Handels-Plattformen können die so verdienten Coins in echtes Geld umgetauscht werden.

"Bislang ist es nur ein Experiment im Finanzbereich", sagt Anwalt Preston Byrne von der Kanzlei Anderson Kill in New York. "Vielleicht sind nicht alle Transaktionen immer ganz legal, aber das bedeutet nicht, dass das in der Zukunft nicht anders sein wird." Verfechter von Kryptowährungen sind davon überzeugt, dass die DeFi-Angebote das Potenzial haben, die klassische Finanzwelt der Banken auf den Kopf zu stellen. Der normale Sparer verdient schon lange kein Geld mehr nur mit Zinsen, zudem verlangen die Banken in der Regel Geld für ihre Dienstleistungen.

Finanzdienstleistungen über die Blockchain - der Technologie hinter Cyberdevisen wie Bitcoin und Ethereum - sind dagegen ohne eigenes Bankkonto möglich, kostenlos, jederzeit und überall verfügbar und transparent. "Solche Kanäle bieten in der Zukunft womöglich eine Brücke zwischen traditioneller Finanzwelt und offener Blockchain-Welt", prognostizieren die Experten der Krypto-Website Blockchaincenter.com.

Andere Fachleute warnen dagegen vor dem Risiko eines Totalverlusts. Die Kryptowährungsbranche und damit auch die mit ihr verbundenen Finanzdienstleistungen sind unreguliert, immer wieder kommt es zu Hackerangriffen auf die Handels-Plattformen. 2017 erlebten die sogenannten ICOs - in der Krypto-Welt das Pendant zum gewöhnlichen Börsengang eines Unternehmens - einen Höhenflug. Investoren finanzierten auf diesem Weg mit Milliarden fragwürdige Start-ups. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin und Kontrollbehörden in anderen Ländern warnten davor, dennoch verloren zahlreiche Anleger ihr Erspartes.

"ALLES GEHT NUR GUT, SOLANGE DIE TECHNIK LÄUFT"

Die meisten Nutzer von Krypto-Lending sind nach Ansicht von Branchenkennern Zocker. Sie leihen sich etwa die Kryptowährung Ethereum, handeln damit andere Cyberdevisen auf verschiedenen Plattformen, zahlen ihre Kredite zurück und sacken erzielte Handelsgewinne ein. "Ich habe ein paar Tausend Dollar in meinem Portfolio und mache das alles zum Spaß - und um neue Technologien kennenzulernen", sagt der 18-jährige IT-Student Antoine Mouran. Manchmal sackt er damit einen Gewinn von 30 Prozent ein.

Das Interesse von Nutzern sei in den vergangenen Monaten "enorm" gestiegen, sagt Stani Kulechov, Gründer der größten Lending-Plattform Aave, über die laut DeFi Pulse ein Volumen von 1,6 Milliarden Dollar abgewickelt wird. Das ganze Segment der DeFi-Finanzprodukte sei in der Lage, sich selbst zu regulieren und brauche keine externe Aufsicht, da es rein von Angebot und Nachfrage bestimmt werde und durch die Blockchain transparent sei. "Das geht aber alles nur gut, solange die Technik läuft."

Dass es auch schiefgehen kann, erlebten im März rund 1200 Investoren auf der Lending-Plattform Maker. In wenigen Sekunden verschwanden ihre virtuellen Positionen, weil der Preis der Kryptowährung Ethereum urplötzlich und ohne ersichtlichen Grund eingebrochen war. Aufsichtsbehörden in einigen Ländern haben in den vergangenen Jahren den Handel mit Kryptowährungen zwar schon zum Teil reguliert, aber sie können kaum mithalten mit den immer neu entstehenden Angeboten.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kommunikation im Wandel – Was es für Unternehmen in Zukunft bedeutet
25.04.2024

In einer Ära schneller Veränderungen wird die Analyse von Trends in der Unternehmenskommunikation immer entscheidender. Die Akademische...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lieferdienste in Deutschland: Bei Flink, Wolt und anderen Lieferando-Konkurrenten geht es um alles oder nichts
25.04.2024

Getir, Lieferando, Wolt, UberEats - es fällt schwer, in deutschen Großstädten beim Angebot der Essenskuriere den Überblick zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Familienunternehmer in Sorge: Land verliert an Wettbewerbsfähigkeit
25.04.2024

In einer Umfrage kritisieren zahlreiche Familienunternehmer die Politik aufgrund von übermäßiger Bürokratie und Regulierung. Besonders...

DWN
Finanzen
Finanzen So wählt Warren Buffett seine Investments aus
25.04.2024

Warren Buffett, auch als „Orakel von Omaha“ bekannt, ist eine Ikone der Investment-Welt. Doch worauf basiert seine Investmentstrategie,...

DWN
Technologie
Technologie KI-Chips trotz Exportbeschränkungen: China sichert sich US-Technologie durch die Hintertür
25.04.2024

Trotz der US-Exportbeschränkungen für Hochleistungsprozessoren scheint China einen Weg gefunden zu haben, sich dennoch mit den neuesten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Russlands Kriegswirtschaft: Putin geht das Geld nicht aus
25.04.2024

Russlands Wirtschaft wächst weiterhin, ist aber stark von der der Kriegsproduktion abhängig. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen wie Benzin und...

DWN
Politik
Politik Sunaks Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...