Politik

Duda gegen die deutschen Medien: Volle Attacke

Das neue und alte polnische Staatsoberhaupt Andrzej Duda greift Deutschland gerne mal frontal an – oft allerdings nur aus politischem Kalkül. Die deutschen Verlage und Journalisten nimmt er besonders gerne ins Visier.
20.09.2020 11:15
Lesezeit: 6 min
Duda gegen die deutschen Medien: Volle Attacke
Polens Präsident Andrzej Duda (l) auf einer Gedenkveranstaltung der Stiftung "Berliner Mauer" in der Bernauer Straße in Berlin. (Foto: dpa)

Der polnische Staatspräsident Andrzej Duda, der erst kürzlich wiedergewählt worden ist, dürfte eigentlich keine große Abneigung gegenüber Deutschland haben. Denn seine Frau, die 48jährige Agata Kornhauser, ist von Beruf Deutschlehrerin und hat einen großen Teil ihrer Laufbahn an einem Krakauer Gymnasium gelehrt.

Ihre Magisterarbeit hat sie 1997 in Germanistik über Horst Bienek geschrieben – über einen deutschen Schriftsteller, der im Zuge des Zweiten Weltkrieges aus Schlesien vertrieben wurde und dessen Werke stark von dieser Zeit geprägt sind. Dass die Familie zuhause wohl keine Aversionen gegen das Nachbarland hat, ist aufgrund des Zweiten Weltkrieges nicht überall in Polen eine Selbstverständlichkeit.

Doch vertritt der studierte Verwaltungsjurist Duda in der offiziellen Politik eine klare Abgrenzung zu Deutschland – ganz so, wie es seine Partei, die nationalkonservative PiS, und der Großteil seiner Wählerinnen und Wähler von ihm verlangen. Und die deutschen Verlage und Journalisten nimmt er dabei besonders aufs Korn.

So hatte während des Wahlkampfes das Boulevard-Blatt „Fakt“, das dem deutsch-schweizer Medien-Joint-Ventures Ringier Axel Springer (RAS) gehört, einen Artikel über Duda veröffentlicht, der überhaupt nichts mit dem Urnengang zu tun hatte. Es ging um eine Begnadigung durch Duda. Das Staatsoberhaupt amnestierte einen Mann, der seine minderjährige Tochter vergewaltigt hatte. Aus der Sicht der PiS wollten die Journalisten bei den Wählerinnen und Wählern negative Emotionen gegenüber Duda schüren. Denn das Staatsoberhaupt wurde gemeinsam mit einem offenbar Pädophilen dargestellt.

„Heute beobachten wir eine weitere Salve eines deutschen Angriffes – einer beispielslosen schmutzigen Kampagne, die gegen mich geführt wird“, sagte Duda. „Ich rechne damit, dass er brutal und voller Lügen sein wird“, so der Politiker. „Will der Axel-Springer-Konzern, der Eigentümer der Zeitung ist, auf die polnischen Wahlen Einfluss nehmen? Die Deutschen wollen in Polen den Präsidenten wählen? Das ist eine Gemeinheit!“

Aus der Sicht von Duda und der PiS ist die Konzentration deutschen Kapitals in den polnischen Medien zu hoch. Deswegen plant die Regierungspartei ein Projekt, das den Einfluss der Deutschen auf die Zeitungen, die Radios und die Internetportale zurückdrängen soll.

„Wir haben den politischen Willen dazu, dass das Gesetz schnell in der laufenden Legislaturperiode zustande kommt,“ erklärte die PiS-Abgeordnete Joanna Lichocka. „Dies dürfte bereits im Herbst der Fall sein“, so die Politikerin im Gespräch mit dem „Polnischen Radio 24“. „Die Ausarbeitung des Gesetzes dauert noch an, und die Entscheidung darüber liegt nun bei der Führungsspitze der Partei. Axel Springer wird dann auch nicht mehr eine so große dominante Rolle am Markt haben“, unterstrich die Lichocka, deren Worte bei der oppositionsnahen Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ auf Kritik stießen: „Lichocka erschreckt die Medien. Zunächst nimmt sie die ‚deutschen Medien ins Visier‘.“

Deutsche Verlage finanzieren oft nur Frauenzeitschriften

Das Problem: Die PiS und Duda kämpfen mit Gegnern, die es in dieser Form gar nicht gibt. Denn der Anteil deutschen Kapitals an den politischen Medien ist gar nicht so hoch. So tritt der Axel-Springer-Konzern in Polen nicht allein auf, sondern gemeinsam mit dem Schweizer Konzern Ringier, mit dem es das Joint-Venture RAS gebildet hat.

Darüber hinaus gibt der Großteil der polnischen Medien, die mit deutschem Kapital finanziert werden, Publikationen heraus, die von Frauen- oder Jugendthemen handeln – beispielsweise wie die „Claudia“. Dieses Blatt gehört der Burda-Media-Group und dürfte kaum in der Lage sein, irgendwelche deutschen Interessen zu vertreten oder überhaupt Politik zu machen. Dass der Präsident gerade vor ihnen warnt, wirkt schon fast abstrus.

Alle deutschen Korrespondenten in Sippenhaft genommen

Doch nicht nur die Verlage, sondern auch einzelne deutsche Journalisten nimmt Duda ins Kreuzfeuer. Während des Wahlkampfes griff er den deutschen Korrespondenten der „Welt“ an – Philipp Fritz. In seiner Zeitung habe „Herr Fritz kürzlich festgestellt, dass Herr Trzaskowski für Deutschland der bessere Präsident wäre“, sagte Duda. Dies sei „der nächste deutsche Angriff“ auf die Wahl in Polen.

Solche Attacken auf deutsche Journalisten durch Vertreter der nationalkonservativen PiS haben schon Tradition, weil sie damit die Stimmen bei den nationalistischen Wählerinnen und Wählern sichern können. 2006 hatte die linke „taz“ eine Satire über Lech und Jarosław Kaczyński veröffentlicht, in der die deutschen Journalisten die beiden Führungskräfte der PiS sehr stark persönlich angriffen. Dadurch kam die Korrespondentin der „taz“, Gabriele Lesser, stark unter Druck.

Ihr drohte sogar die Ausweisung aus Polen – und das, obwohl sie den Artikel gar nicht geschrieben hatte. Zusätzlich stellte die PiS-nahe Tageszeitung „Nasz Dziennik“ sämtliche deutschen Korrespondenten in einer Liste an den Pranger, weil sie angeblich die gesamte Atmosphäre zwischen Deutschland und Polen verschlechtert hätten. Darunter befanden sich auch Kolleginnen und Kollegen, die mit der Veröffentlichung dieses Beitrages in der taz nun wirklich gar nichts zu tun hatten.

Dass Journalisten in Polen Teil der politischen Auseinandersetzung werden, kommt ziemlich schnell vor, weil sie dort einen höheren Status als in Deutschland haben. Sie gelten als diejenigen, die die Politik gezielt mitgestalten – ähnlich wie die Politiker. Und dass die PiS-Politiker gerade Angst vor Deutschland schüren, ist typisch für die Vertreter der Partei, die derzeit Polen fest im Griff hat. Denn sie besetzen nahezu alle hohen Verfassungsorgane.

Auch Duda bedient sich immer wieder dieser Rhetorik, ohne dass dies aber von größeren Emotionen geprägt wäre. Es ist eher machtpolitisches Kalkül und Taktik, wenn er Deutschland angreift – beispielsweise den Bau der Gasleitung „Nordstream 2“, die die Deutschen gemeinsam mit Russland errichten. Polen sieht darin einen gemeinsamen Angriff von Russland und Deutschland gegen die politischen Interessen Polens.

Die Zeiten, in denen Lech und Jarosław Kaczyński voller Emotionen gegen den westlichen Nachbarn wettern, sind sowieso schon längst vorbei. Die PiS-Partei ist professionell organisiert und weiß, wie sie welche Themen anzusprechen hat, um an die Macht zu kommen und vor allem, um diese zu erhalten.

Zur Einordnung: Grundsätzlich ist das Amt des polnischen Staatspräsidenten mit einigen wichtigen politischen Kompetenzen ausgestattet – beispielsweise mit dem Recht auf Gesetzesinitiative und mit dem Oberbefehl über das Heer.

Relativ starke politische Kompetenzen

Die Kompetenzen sind allerdings nicht so stark wie beim französischen Präsidenten. Doch ein Präsident, der überwiegend repräsentiert wie der Bundespräsident, ist er auch nicht. Sein Kompetenzbereich befindet sich irgendwo dazwischen. Grundsätzlich verfügt er über relativ starke politische Rechte, ohne nur ein ausführendes Organ im politischen Getriebe zu sein, das keine Meinung hat. Und somit sind auch die politischen Aussagen des Präsidenten für den Machterhalt der PiS besonders wichtig. Die Angriffe, die er gegen die deutschen Verlage und Journalisten richtet, muss man folglich auch genau beobachten und darf sie nicht vernachlässigen.

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