Politik

Venezuela: Sanktions-Regime der USA ruiniert ein ganzes Volk

Lesezeit: 3 min
12.09.2020 12:30
Kaum ein deutsches Medium berichtet noch über Venezuela - anders die DWN! Ein Völkerrechtler schätzt, dass die Sanktionen durch die USA zum Tod von etwa 100.000 Menschen geführt haben. Doch Washington ist gewillt, ein ähnliches Ziel wie in den 1980er Jahren in Nicaragua zu erreichen – nämlich den Sturz der Regierung, in diesem Fall der von Präsident Nicolás Maduro.
Venezuela: Sanktions-Regime der USA ruiniert ein ganzes Volk
Ein Fledermaus-Graffiti prangt symbolhaft an einer Mauer in der drittgrößten Stadt des Landes, Valencia. (Foto: dpa)
Foto: Juan Carlos Hernandez

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Im Juli 2020 sagte US-Präsident Donald Trump, dass mit Venezuela alsbald „etwas passieren“ werde, und die USA werden „sehr stark involviert sein“ in diese Sache. „Das ist alles, was ich Ihnen sagen kann“, so Trump.

Auf Trumps Befehl hatte das US-Südkommando („Southern Command“) eine große Anzahl von Marine-Streitkräften in die Region geschickt, angeblich um eine Drogenbekämpfungsoperation gegen Venezuela durchzuführen. Die USA bezeichnen Venzuela als „Narco-Staat“ (Drogen-Staat).

Dabei geht aus offiziellen Berichten hervor, dass vor allem Kolumbien und Ecuador die Drogen-Staaten Lateinamerikas sind. Aus diesen Ländern geht ein Großteil der Drogen in die USA.

Im Mai 2020 gab Juan Guaidó, der von Washington unterstützte selbsternannte Präsident Venezuelas, grünes Licht für einen Putschversuch unter Führung amerikanischer Ex-Green Berets, der völlig gescheitert war.

Eine Umfrage ergab, dass nur drei Prozent der Venezolaner Guaidó als legitim anerkennen, und über 80 Prozent des Landes sagen, dass die gesamte Oppositionsbewegung „überhaupt keine Glaubwürdigkeit“ habe.

Trotzdem unterstützt die US-Regierung den Oppositionellen Guaidó. Eine wichtige Rolle spielt hierbei Elliott Abrams, Trumps Sonderberater für Venezuela. „Jede Lösung der venezolanischen Krise muss mit dem endgültigen Abzug des Maduro-Regimes beginnen“, sagt Abrams. Er hatte in den 1980er Jahren unter Ronald Reagan als Vize-Außenminister Nicaragua so schwer sanktionieren lassen, dass die Nicaraguaner schließlich 1990 die von den USA unterstützte Kandidatin Violetta Chamorro als Präsidentin akzeptierten.

Die Macht und der Einfluss Washingtons in Lateinamerika haben dazu beigetragen, die venezolanische Wirtschaft zum Stillstand zu bringen, wobei die Ölexporte auf den niedrigsten Stand in der modernen Geschichte Venezuelas zurückgingen. Der US-amerikanische Völkerrechtler Alfred de Zayas schätzt, dass durch die US-Sanktionen gegen Venezuela bisher etwa 100.000 Menschen (Stand: Februar 2020) verstorben sind.

Doch unter einem möglichen US-Präsident Joe Biden würde sich die Venezuela-Politik der USA nicht ändern. Biden hat auch in Bezug auf Venezuela eine harte Linie eingeschlagen und versucht, Trump in dieser Angelegenheit zu übertrumpfen. „Es ist Zeit für freie und faire Wahlen, damit das venezolanische Volk das korrupte und repressive Maduro-Regime auf den Kopf stellen kann. Als Präsident werde ich mich für das venezolanische Volk und für Demokratie einsetzen“, teilte er über Twitter mit.

Einer weiteren Umfrage zufolge sind nur 19 Prozent der Venezolaner zuversichtlich, dass sich die Situation kurzfristig verbessern würde. Sie könnten Recht behalten.

Entscheidend ist die Monroe-Doktrin

Die Venezuela-Politik ist eingebettet in den Anspruch der USA, zur Monroe-Doktrin zurückzukehren. Grundsätzlich legte die Monroe-Doktrin fest, dass die USA sich nicht in europäische Angelegenheiten und ihre (damals noch bestehenden) Kolonien einmischen. Im Gegenzug sei es den europäischen Mächten nicht erlaubt, sich in amerikanische Angelegenheiten, was Lateinamerika einschließt (Westliche Hemisphäre), einzumischen. Andernfalls drohe eine Intervention von Seiten der US-Regierung.

In seiner Ansprache an den Kongress vom 2. Dezember 1823 artikulierte Präsident James Monroe die Politik der USA hinsichtlich der neuen politischen Ordnung, die sich in den übrigen ,Americas’ (Lateinamerika, Anm. d. Red.) entwickelte, und hinsichtlich der Rolle Europas in der westlichen Hemisphäre. Die als Monroe-Doktrin bekannte Aussage wurde von den Großmächten Europas wenig beachtet, wurde aber schließlich zu einem langjährigen Grundsatz der US-Außenpolitik.

Die Doktrin - getrennte Einflussbereiche für Amerika und Europa, Nichtkolonisation und Nichtintervention - sollte einen klaren Bruch zwischen der Neuen Welt und dem autokratischen Bereich Europas darstellen, berichtet das US-Außenministerium. Die Regierung von Monroe warnte die imperialen europäischen Mächte vor einem Eingriff in die Angelegenheiten der neuen unabhängigen lateinamerikanischen Staaten oder potentiellen Territorien der USA.

Während die Amerikaner im Allgemeinen gegen europäische Kolonien in der Neuen Welt waren, wollten sie auch den Einfluss der USA und die Handelsbeziehungen in der gesamten Region nach Süden verstärken. Der europäische Merkantilismus stellte das größte Hindernis für diese wirtschaftliche Expansion dar. Die Amerikaner befürchteten, dass insbesondere Spanien und Frankreich erneut die Herrschaft über die lateinamerikanischen Völker, welche gerade die europäische Hoheit abgeschüttelt hatten, erringen könnten. Beunruhigend waren auch die Anzeichen, dass Russland seine Präsenz von Alaska nach Süden in Richtung des Oregon-Territoriums ausdehnte. Die Briten hatten ihrerseits ein starkes Interesse daran, den Niedergang des spanischen Kolonialreiches auszunutzen, schreibt das US-Außenministerium.

Der britische Außenminister George Canning hatte den Amerikanern bereits 1823 vorgeschlagen, dass die USA und Großbritannien eine gemeinsame Erklärung abgeben, um jede andere Macht von einem Eingreifen in Mittel- und Südamerika abzuhalten. Außenminister John Quincy Adams widersetzte sich jedoch vehement der Zusammenarbeit mit Großbritannien und sagte, eine bilaterale Erklärung könne die Expansion der USA in der Zukunft einschränken. Er argumentierte auch, dass die Briten sich nicht verpflichtet hätten, die lateinamerikanischen Republiken anzuerkennen, und dass sie selbst imperial motiviert gewesen seien.

Die von den Briten vorgeschlagene bilaterale Erklärung wurde schließlich zu einer einseitigen Erklärung der USA. Monroe stellte fest: “Die amerikanischen Kontinente (...) sind fortan nicht mehr Gegenstand zukünftiger Kolonialisierung durch europäische Mächte.”

Monroe skizzierte zwei getrennte Einflusssphären: Amerika und Europa. Die unabhängigen Länder der westlichen Hemisphäre wären ausschließlich die Domäne der USA. Im Gegenzug verpflichteten sich die USA, von einer Beteiligung an den politischen Konflikten in Europa abzusehen. In den späten 1800er Jahren ermöglichte die wirtschaftliche und militärische Macht der USA die Durchsetzung der Monroe-Doktrin. Die größte Erweiterung der Doktrin war “Theodore Roosevelt's Corollary, der die ursprüngliche Bedeutung der Doktrin umkehrte und eine einseitige Intervention der USA in Lateinamerika rechtfertigte”, so das US-Außenministerium.


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