Finanzen

US-Notenbank hebt Konjunkturprognose an, Leitzins soll bis 2023 niedrig bleiben

Die US-Notenbank verspricht langfristig niedrige Zinsen. Damit sollen die Folgen der Corona-Pandemie überwunden werden. Die Zentralbank ermuntert aber auch Kongress und Regierung zu weiterem Handeln.
17.09.2020 11:27
Lesezeit: 2 min

Trotz der anhaltenden Corona-Krise hat die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ihre Konjunkturprognose deutlich angehoben. Zudem will sie ihren Leitzins voraussichtlich bis Ende 2023 bei nahe Null belassen, wie die Zentralbank am Mittwoch mitteilte. Zentralbankchef Jerome Powell erklärte, die Wirtschaft erhole sich schneller von der Krise, als noch im Juni gedacht. Eine vollständige Erholung sei aber unwahrscheinlich, bis die Coronavirus-Pandemie unter Kontrolle gebracht sei. Die Zentralbank seit weiter entschlossen, ihre „volle Bandbreite an Werkzeugen“ einzusetzen, um die Folgen der Corona-Krise abzufedern, sagte er.

Die weitere Konjunkturentwicklung der weltgrößten Volkswirtschaft sei wegen der Pandemie aber weiterhin sehr unsicher, schränkte Powell ein. Der Geldmarktausschuss beließ den Leitzins daher unverändert in der Spanne von 0 bis 0,25 Prozent. Die Fed geht nun davon aus, dieses Zinsniveau beizubehalten, bis die Ziele der Vollbeschäftigung und einer Inflationsrate von bis zu oder gut zwei Prozent erreicht seien.

Die Fed hob ihre Konjunkturprognosen aber deutlich an. Für 2020 erwartet die Notenbank nun ein Schrumpfen der Wirtschaft um 3,7 Prozent. Im Juni war noch ein Einbruch von 6,5 Prozent befürchtet worden. Auch die Prognose für die Arbeitslosenquote ist nun optimistischer. Sie soll bis Jahresende auf 7,6 Prozent fallen, nach einer Prognose von 9,3 Prozent im Juni. Bis Ende 2021 erwartet die Fed demnach eine Arbeitslosenquote von 5,5 Prozent. Auch das wäre noch deutlich höher als vor der Zuspitzung der Corona-Pandemie. Im Februar hatte die Quote noch bei sehr niedrigen 3,5 Prozent gelegen.

Powell erklärte, die gegenwärtige Krise sei die schwerste Rezession der jüngeren Geschichte und könne nicht rasch überwunden werden. Um eine völlige Erholung zu erreichen, sei nicht nur die Geldpolitik, sondern auch die Fiskalpolitik gefragt, sagte Powell mit Blick auf das Handeln von Regierung und Kongress. „Mein Gefühl ist, dass es noch mehr fiskalische Unterstützung brauchen wird“, sagte Powell. Die bisherigen Konjunkturpakete seien für die Stabilisierung der Wirtschaft inmitten der Corona-Krise entscheidend gewesen, sagte er.

Die Verhandlungen um ein weiteres Konjunkturpaket zwischen Parlament und Regierung stecken allerdings seit Wochen in einer Sackgasse. Präsident Donald Trumps Republikaner wollen nur ein begrenztes Konjunkturpaket in Höhe von einigen hundert Milliarden US-Dollar, den Demokraten schwebte zuletzt ein Kompromisspaket von 1,5 bis 2 Billionen Dollar vor. Kongress und Regierung haben seit Beginn der Corona-Krise bereits Konjunkturpakete in Höhe von fast drei Billionen US-Dollar beschlossen, was mehr als zehn Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung entspricht, berichtet Bloomberg.

Die Pandemie bremst die Konjunktur der weltgrößten Volkswirtschaft weiterhin aus. Die Arbeitslosenquote war im August zwar wieder auf 8,4 Prozent gefallen, aber rund 30 Millionen Menschen beziehen derzeit noch eine Form von Arbeitslosenhilfe.

Trump, der sich im November um eine zweite Amtszeit bewirbt, rechnet mit einer sehr raschen wirtschaftlichen Erholung bis zum Jahresende. Die Prognosen der meisten Analysten sind allerdings zurückhaltender.

Wegen der Pandemie hat die Fed seit Februar bereits ihren Leitzins gesenkt, Anleihenkäufe vervielfacht und weitreichende Kreditprogramme aufgelegt, um die Finanzmärkte und die Realwirtschaft zu stabilisieren. Experten zufolge sind die Krisenmaßnahmen der Fed bereits umfassender als jene nach der globalen Finanzkrise 2008/2009.

Derzeit werden in den USA täglich rund 40 000 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Insgesamt gibt es Daten der Universität Johns Hopkins zufolge inzwischen knapp 6,6 Millionen bestätigte Infektionen mit dem Erreger Sars-CoV-2 und rund 196 000 damit verbundene Todesfälle.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Airbus-Aktie fällt nach A320-Software-Update
01.12.2025

Ein Pflicht-Update für die A320-Reihe schickt die Airbus-Aktie auf ein Zweimonatstief. Airlines reagieren hektisch, doch der Hersteller...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht zum Wochenstart ab: Liquidationswelle bringt Kryptowährungen unter massiven Druck
01.12.2025

Der Bitcoin-Kurs startet tiefrot in den Dezember: Ein Wochenend-Schock hat den Markt binnen Stunden umgekrempelt. Liquidationen rollen auf...

DWN
Politik
Politik Bürgergeldreform „Bullshit“: Arbeitsministerin Bas muss bei Jusos einstecken - wackelt die neue Grundsicherung?
01.12.2025

Die Bürgergeldreform steht bevor, der erste Teil der neuen Grundsicherung soll noch im Dezember durch das Bundeskabinett von Kanzler Merz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Industrie: Materialmangel trifft Autoindustrie am härtesten – Ursache wohl in China
01.12.2025

Materialmangel trifft die deutsche Industrie unerwartet hart und legt Schwachstellen in globalen Lieferketten offen. Besonders Halbleiter...

DWN
Politik
Politik NATO-Krise: Ex-Spitzenoffizier fordert im DWN-Interview totale Umstellung von Gesellschaft und Wirtschaft
01.12.2025

Ein früherer NATO-Spitzenoffizier warnt in einem exklusiven Interview, dass Europa nur wenige Jahre hat, um sich auf einen möglichen...

DWN
Finanzen
Finanzen Hugo Boss-Aktie: Machtkampf mit Großaktionär Frasers?
01.12.2025

Beim Modekonzern Hugo Boss knirscht es im Machtgefüge: Der wichtigste Investor zieht dem Aufsichtsratschef die Unterstützung weg,...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Wird 2026 alles steigen? Prognose für Aktien, Bitcoin-Kurs und Goldpreis
01.12.2025

Der November brachte an den US-Börsen einen synchronen Aufschwung über sämtliche Anlageklassen hinweg. Jetzt legen die größten Häuser...

DWN
Finanzen
Finanzen Dividenden-Aktien: Wie Anleger jetzt potenzielle Dividendenrenditen erkennen
01.12.2025

Dividenden-Aktien gewinnen für Anleger in unsicheren Zeiten an Bedeutung, da sie regelmäßige Ausschüttungen mit potenziellem...