Top-Banker sehen auf die Finanzbranche eine Welle von Fusionen und Übernahmen zukommen. Deutsche-Bank-Finanzchef James von Moltke sagte am Dienstag, man bereite sich auf mögliche Zusammenschlüsse vor und wolle Gelegenheiten am Schopf packen. So schließt das größte deutsche Geldhaus derzeit mehr als hundert Filialen in Deutschland. Auch die beiden Schweizer Institute Credit Suisse und UBS bringen sich für Zusammenschlüsse in Stellung.
"Der Zug hat den Bahnhof verlassen, und eine Konsolidierung ist unvermeidlich", sagte UBS-Chef Sergio Ermotti auf einer Investorenkonferenz. Aufsichtsbehörden seien mittlerweile offener für Zusammenschlüsse großer Banken. In Schweizer Medienberichten hatte es zuletzt geheißen, die UBS spiele ein Zusammengehen mit den Rivalen Credit Suisse und Deutsche Bank durch.
Mit ungewöhnlich klaren Worten brachte von Moltke die Ambitionen der Deutschen Bank auf den Punkt. "Wir fokussieren uns auf die Umsetzung unserer eigenen Strategie und wir sind der Überzeugung, dass uns diese Strategie auf Fusionen vorbereitet, wenn die Zeit gekommen ist und sich die richtigen Gelegenheiten ergeben", sagte er bei einer Online-Analystenkonferenz. Das Institut sei bereit für eine Fusionswelle. "Die Konsolidierung wird in Europa an Fahrt aufnehmen." Die industrielle Logik hinter Bankenfusionen sei groß. Übernahmen im Heimatmarkt seien aber nach wie vor schwierig. 2019 hatte die Deutsche Bank eine Fusion mit der Commerzbank ausgelotet, die Gespräche wurden aber nach einigen Wochen wieder gestoppt.
Auch Credit-Suisse-Chef Thomas Gottstein sieht Hürden bei Zusammenschlüssen innerhalb der Landesgrenzen. Doch die anhaltend niedrigen Zinsen belasteten die Erträge und erhöhten den Fusionsdruck. "Schauen wir mal, wie sich das entwickelt", sagte der Manager. "Aber prinzipiell machen sie sehr viel Sinn."
Ermotti ließ dagegen keinen Zweifel daran, dass die Schweizer bei einer Konsolidierung dabei sein wollen. "Das ist gut für die Märkte." Aber Größe an sich sei bedeutungslos. Entscheidend sei, in einem Bereich groß zu sein, um nachhaltigen Aktionärswert zu schaffen. In der Vergangenheit sei die Debatte in Europa zu stark von der Frage geprägt gewesen, welche Risiken für das Finanzsystem von großen Banken ausgehe. Mit der Coronavirus-Krise habe aber ein Umdenken eingesetzt. Aufsichtsbehörden seien nun bereit, diese Fragen neu zu bewerten.
Medienberichten zufolge gibt es bei der UBS eine Wunschliste für potenzielle Partner - darauf seien die Deutsche Bank, BNP Paribas und Barclays. Mitarbeiter von UBS-Präsident Axel Weber hätten die Möglichkeit einer Fusion mit der Credit Suisse durchgespielt, sagte ein Insider.
Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hält Fusionen jedoch nicht für das Allheilmittel. Zusammenschlüsse könnten helfen, Kosten zu senken und mehr Spielräume für Preiserhöhungen geben, sagte BaFin-Exekutivdirektor Raimund Röseler. "Aber glauben wir wirklich, dass sich die Probleme des deutschen Bankenmarktes lösen würden, wenn wir statt 1400 nur noch 700 oder 500 Banken haben? Ich glaube nicht." Banken müssten sich vielmehr darum kümmern, neue Strategien umzusetzen. Die Kosten im Verhältnis zum Ertrag seien im Vergleich zu anderen Ländern zu hoch.