Unternehmen

Bonduelle setzt mit Blumenkohl-Roboter deutsche Konkurrenz unter Druck

Der internationale Gemüse-Hersteller Bonduelle will seine führende Position in Europa ausbauen – und zwar mit Hilfe neuester Technologie. Das setzt auch die Konkurrenz in Deutschland unter Druck.
03.10.2020 16:40
Lesezeit: 3 min
Bonduelle setzt mit Blumenkohl-Roboter deutsche Konkurrenz unter Druck
Ein Bauer erntet in Schleswig-Holstein Blumenkohl. Werden diese Arbeiten schon bald Roboter übernehmen? (Foto: dpa) Foto: Christian Charisius

Die französische Traditionsmarke Bonduelle, die weltweit in 21 Ländern aktiv ist, stemmt sich mit Macht gegen die Pandemie: Das Unternehmen hat im abgelaufenen Geschäftsjahr 2019/ 2020, das Ende Juni endete, einen massiven Gewinneinbruch um ein Viertel auf 54,6 Millionen Euro erlitten. Und die Rückgänge könnten sogar noch größer werden, sollten die Länder weltweit ihre Restriktionen zur Eindämmung des Erregers wieder flächendeckend verschärfen.

Jetzt schickt die Führungsriege um den Vorstandsvorsitzenden Christoph Bonduelle – einem Ur-Ur-Enkel des Firmengründers - eine besondere Technologie ins Rennen, um dem Business wieder die notwendige Stabilität zu verleihen.

Der Konzern entwickelt einen Roboter, der bei der Ernte von Blumenkohl eingesetzt werden soll. Partner ist das britische Startup "Fieldwork Robotics". Bonduelle wird sein Wissen über den Ernteanbau und den Zugang zu seinen Feldern in das Projekt einbringen.

Partner nennen keine Investitionsvolumina

Die Briten werden hingegen die Technologie entwickeln, die im zweiten Jahr der Zusammenarbeit als Prototyp getestet werden soll. Beide Partner gehen davon aus, dass der Roboter im Jahr 2023 marktreif sein wird, ohne ein Investitionsvolumen für die Entwicklung zu nennen.

„Bonduelle hat ein starkes Engagement bei allen nachhaltigen und diversifizierten Agrarkulturen, die wir weltweit anbauen. Die neue Technologie kann dabei helfen, dieses Engagement noch zu verstärken“, sagte Claudine Lambert, die Vertreterin von Bonduelle.

Das Unternehmen wird von der Pandemie spürbar in Mitleidenschaft gezogen: Es hat zwar seine Erlöse im abgelaufenen Geschäftsjahr 2019/ 2020 (Stichtag: 30. Juni) noch um 2,8 Prozent auf knapp 2,9 Milliarden Euro erhöht. Der Grund: Viele Konsumenten haben wegen der Restriktionen Hamsterkäufe von Konserven und Tiefkühlkost getätigt, so dass die Umsätze doch noch ein Plus auswiesen. Allerdings hapert es mit den Gewinnen, die um ein Viertel einbrachen. Denn das frische Gemüse wurde dann doch weniger als üblich gekauft.

Und die Entwicklung des Roboters soll nun helfen, dem Geschäft wieder mehr Impulse zu geben. Damit setzen die Franzosen auch die deutschen Konkurrenten unter Druck, die Digitalisierung voranzutreiben. Ihre deutsche Tochter, die mehr als 400 Mitarbeiter beschäftigt, hat im Jahr 2018 einen Erlös von 171 Millionen Euro erreicht und liegt damit auf der Liste der zehn größten Hersteller Deutschlands.

Bonduelle hinter deutschen Herstellern aus der Provinz

Dazu zählen Unternehmen aus der deutschen Provinz, die dem klassischen Mittelstand angehören – beispielsweise der Safthersteller Niederrhein Goldmann Teerstegen aus Nordrhein-Westfalen, der Produzent von Tiefkühlkost Agrarfrost aus Niedersachsen und den Salat-Erzeuger Heinrich Kühlmann aus Ost-Westfalen.

Insgesamt ist der Markt die Verarbeitung von Gemüse und Obst in Deutschland immer noch sehr zersplittert: So tummeln sich hier fast 900 Gemüse- und Obst-Verarbeiter, die oft nur jährliche Umsätze erreichen, die im niederen einstelligen Euro-Bereich liegen. Die Gesamtumsätze für die Verarbeitung von Gemüse und Obst liegen pro Jahr bei etwa drei Milliarden Euro.

Deshalb ist es für einen einzelnen Hersteller wie Bonduelle relativ einfach, mit gezielten technischen Verbesserungen wie dem Einsatz von Robotern verhältnismäßig schnell gegenüber den Mitbewerbern Marktanteile zu gewinnen.

Deutschland ist für Bonduelle, das dort fast sechs Prozent seiner Gesamterlöse generiert, auch aus einem anderen Grund ein strategisch wichtiger Markt. Denn die größte europäische Volkswirtschaft ist ebenso in anderen Bereichen in den Statistiken der landwirtschaftlichen Industrie weit vorne. Und zwar nicht nur bei der Verarbeitung von Gemüse und Obst, sondern auch bei der gesamten Herstellung von Nahrungsmitteln:

Deutschland bei Nahrungsmittel-Erzeugung in Europa auf Platz zwei

So liegt das Land in einer Tabelle, wo die größten Hersteller in Europa gelistet werden, auf dem zweiten Platz. Wie aus dem Situationsbericht des Deutschen Bauernverbandes 2020 hervorgeht, haben die deutschen Produzenten im Jahr 2017 insgesamt fast 204 Milliarden Euro erwirtschaftet. Auf dem ersten Rang befindet sich der Heimatmarkt von Bonduelle, Frankreich, mit Erlösen von 228,1 Milliarden Euro. Die dritte Position nimmt Italien mit 138,6 Milliarden Euro ein.

Trotzdem ist die Anwendung von Ernte-Robotern bei den Agrarunternehmen in Deutschland immer noch nicht sehr weit fortgeschritten. 52 Prozent der deutschen Landwirte haben erklärt, dass sie bereits digitale Technologien einsetzen. Wie einem Bericht des Digitalverbandes Bitkom allerdings zu entnehmen ist, haben sich bisher nur acht Prozent der Landwirte bereits Roboter eingesetzt. Zwei Prozent der Befragten erwägen, die Technologie einzusetzen.

So werden in Deutschland erst seit ein paar Jahren am Markt die ersten Maschinen vorgestellt, die aber nur sporadisch zum Einsatz kommen.

Es ist also höchste Zeit für die deutschen landwirtschaftlichen Betriebe, verstärkt auf die neue Technik zu setzen, bevor die Franzosen hier vor ihnen entscheidende Vorsprünge gewinnen können.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft ASML Energieversorgung: Der Strommangel bedroht Europas Technologievorsprung
26.10.2025

ASML ist das Rückgrat der globalen Chipproduktion – doch der Konzern kämpft mit einem paradoxen Problem: Es fehlt an Strom. Während...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ruhestand aufschieben: So regelt man die Weiterbeschäftigung
26.10.2025

Auch unbefristete Arbeitsverträge haben in den meisten Fällen ein natürliches Ablaufdatum: das Erreichen des Renteneintrittsalters. Aber...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Kompetenzen der Zukunft: Mit diesen Fähigkeiten sichern Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit
26.10.2025

Die Arbeitswelt verändert sich rasanter denn je. Unternehmen, die auf Kompetenzen der Zukunft setzen, sichern sich nicht nur Talente,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China setzt Europa unter Druck: Billigimporte stellen globalen Handel und Sicherheit auf die Probe
26.10.2025

Der europäische Markt steht vor wachsenden Herausforderungen durch den massiven Zustrom importierter Waren aus China. Zwischen Logistik,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Von Bier bis Cola - viele Getränke werden teurer
26.10.2025

Nach Ankündigungen von Brauereien könnte es erstmals seit mehreren Jahren wieder zahlreiche Preiserhöhungen bei Bier geben. Krombacher...

DWN
Panorama
Panorama Abbrecherquote steigt weiter: Immer mehr verlassen die Schule ohne Abschluss
26.10.2025

Die Zahl derjenigen, die nicht wenigstens mit einem Hauptschul- oder vergleichbarem Zeugnis die Schule verlassen, steigt weiter. Woran das...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz Arbeitsmarkt: Warum die KI auch Manager ersetzt
26.10.2025

Roboter übernehmen nicht mehr nur Fließbänder, sondern auch Schreibtische. Die künstliche Intelligenz dringt tief in Büros, Management...

DWN
Politik
Politik Peter Vesterbacka: Wenn Deutschland wie Estland wäre, hätte es 600 Einhörner
25.10.2025

Europa gilt zunehmend als unentschlossen, überreguliert und kraftlos – Begriffe, die sich in den vergangenen Jahren eingebürgert haben,...