Der Essener Kraftwerksbetreiber Steag will voraussichtlich rund 1000 seiner 3500 Arbeitsplätze in Deutschland abbauen. «Wir streben einen möglichst fairen und sozialverträglichen Arbeitsplatzabbau an», sagte Andreas Reichel, Mitglied der Geschäftsführung, laut einer Mitteilung vom Donnerstag. Allerdings stünden dafür aufgrund der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens begrenztere finanzielle Mittel zur Verfügung als in der Vergangenheit.
Der Stellenabbau betrifft demnach die Kraftwerksstandorte im Ruhrgebiet und Saarland, die damit im direkten Zusammenhang stehenden Aktivitäten, die Verwaltungsbereiche sowie die übrigen operativen Geschäfte in Deutschland.
Der Einschnitt sei Teil der Strategie des Vorstandes für eine neue Struktur des Unternehmens, die zum Beginn des Geschäftsjahres 2022 umgesetzt sein soll, hieß es weiter. Die Pläne wurden dem Aufsichtsrat am Mittwoch vorgestellt. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll die Belegschaft an diesem Donnerstagvormittag über die Pläne informiert werden.
Kern ist laut «WAZ» die Abschaltung der älteren Steinkohlekraftwerke und ein Fokus auf Erneuerbare Energien. Bis Anfang 2022 wolle der Vorstand Klarheit schaffen, wann welches Kraftwerk vom Netz gehen werde. Der sechs Ruhrgebietskommunen gehörende Konzern ziehe damit die Konsequenzen aus dem Kohleausstieg, der fast jede dritte seiner Stellen in Deutschland koste.
Während Braunkohlekraftwerke dem Ausstiegsgesetz zufolge noch bis 2038 laufen könnten, sollten die meisten Steinkohlekraftwerke bereits in den kommenden Jahren vom Netz gehen. Das treffe alle sechs deutschen Steag-Standorte, nur der jüngste Block 10 in Duisburg-Walsum könnte dem «WAZ»-Bericht zufolge noch länger laufen. Wie die «WAZ» weiter berichtet, sollen die meisten Stellen in den Kraftwerken wegfallen. Die Verwaltung solle deutlich verkleinert werden. Der Abbau treffe auch die technischen Serviceeinheiten.
Mit Klage gegen niedrige Entschädigungen gescheitert
Steag war Mitte August mit seinem Versuch gescheitert, vor dem Bundesverfassungsgericht höhere Entschädigungen beim Kohleausstieg durchzusetzen. Die Karlsruher Richter haben einen Eilantrag des Kraftwerksbetreibers abgelehnt. Als Unternehmen in öffentlicher Hand könne sich die Steag nicht auf Grundrechte berufen, teilte das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch mit. Damit ist es auch aussichtslos, - wie eigentlich von der Steag angekündigt - noch Verfassungsbeschwerde zu erheben. (Az. 1 BvQ 82/20)
Der mehreren Kommunen aus dem Ruhrgebiet gehörende Stromerzeuger ist einer der größten Betreiber von Steinkohlekraftwerken in Deutschland. Er sieht sich bei den Entschädigungen für das vorzeitige Abschalten der Anlagen gegenüber den Betreibern von Braunkohlekraftwerken benachteiligt, die feste Entschädigungssummen erhalten. Für Steinkohlekraftwerke sind dagegen Ausschreibungsverfahren mit Höchstsummen vorgesehen. Steag hatte die Beträge als "unangemessen niedrig" kritisiert. Betreiber von Steinkohlekraftwerken befürchten, auf einem erheblichen Teil ihrer Investitionen in jüngere Anlagen sitzen zu bleiben.
"Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist für Steag eine herbe Enttäuschung", sagte Unternehmenschef Joachim Rumstadt. Weil die Ablehnung des Eilantrags aus formalen Gründen erfolgt sei, habe das Gericht die Frage der Verfassungskonformität des Kohleausstiegsgesetzes überhaupt nicht geprüft. Steag könne sich gegen die Eingriffe in seine Unternehmensrechte "nun faktisch nicht zur Wehr setzen".
Insgesamt sind acht Auktionen mit sinkenden Entschädigungen geplant. Weil die erste Runde bereits am 1. September endet, hatte Steag den Eilantrag gestellt. Man wolle nicht das Inkrafttreten des Gesetzes verhindern oder seine Durchführung verzögern, hatte Rumstadt gesagt.