Deutschland

Die Corona-Krise kann nur mit Steuererhöhungen finanziert werden

Die aktuelle Corona-Krise kann nur mit Steuererhöhungen und neuen Abgaben finanziert werden. Der Bund hat auf mittelfristige Sicht keine andere Wahl. Wer etwas anderes behauptet, belügt die Bürger.
05.10.2020 13:05
Aktualisiert: 05.10.2020 13:05
Lesezeit: 2 min
Die Corona-Krise kann nur mit Steuererhöhungen finanziert werden
14.03.2018, Berlin: Die Mitglieder des neuen Bundeskabinetts haben auf der Regierungsbank Platz genommen. (Foto: dpa) Foto: Michael Kappeler A4265

Bundesfinanzminister Olaf Scholz plant wegen der Corona-Krise mit Schulden von annähernd 100 Milliarden Euro. Zur Finanzierung der Ausgaben sind derzeit weder Sparrunden noch Steuererhöhungen vorgesehen. Doch die Betonung liegt auf dem Wort „derzeit“. Denn die wirtschaftlichen und sozialen Folgen des ersten Corona-Lockdowns und der noch ausstehenden Maßnahmen für die Wintersaison haben sich noch nicht entfaltet. Sparrunden werden nur schwer umsetzbar sein, doch ab dem Jahr 2021 muss der Bund Wege finden, um seine Schulden finanzieren zu können. Steuererhöhungen und die Einführung eines Corona-Solis erscheinen als der letzte Ausweg, um dieses Ziel zu erreichen.

Der Ansatz der CDU, wonach nach der Corona-Krise ein ausgeglichener Haushalt angestrebt werden soll, ist völliger Unsinn. Denn mit dem Ende der Pandemie werden die wirtschaftlichen Folgen erst richtig spürbar werden. Somit könnte sich die Corona-Krise mit ihren wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen bis auf über ein Jahrzehnt erstrecken. Unionsfraktionsvize Andreas Jung (CDU) sagte in der vergangenen Woche: „Das Ziel der Union bleibt die schwarze Null. Sie hat uns in die Lage versetzt, dass sich der Staat gegen die Krise stemmen kann. Einen Zeitpunkt, wann die schwarze Null wieder erreicht wird, kann man aber noch nicht nennen. Viel wird von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängen.“

Die Bundesregierung will im nächsten Jahr für den Kampf gegen die Corona-Krise noch einmal neue Schulden von rund 96 Milliarden Euro aufnehmen. Dafür soll erneut die Schuldenbremse im Grundgesetz ausgesetzt werden. 2022 sollen die Vorgaben der Schuldenbremse wieder eingehalten werden. Auch danach sind in einem geringeren Umfang neue Schulden erlaubt, dies ist laut Finanzplan vorgesehen für die Jahre 2022 bis 2024.

Der SPD-Kanzlerkandidat Scholz hat bereits Steuererhöhungen für „Wohlhabende“ angekündigt, falls er nach der Wahl 2021 Kanzler wird. Diese Aussage von Scholz kann bestenfalls als Populismus umschrieben werden. Denn Steuererhöhungen und die Einführung neuer Abgaben werden nicht nur die sogenannten „Wohlhabenden“, sondern auch den Normalbürger treffen. Außerdem ist nicht ausgeschlossen, dass es zu einer spürbaren Inflation kommt, die die Kaufkraft der Löhne schmälert, was wiederum zu weiteren Spannungen innerhalb der Gesellschaft führen könnte.

Die Wirtschaftsauskunftei Crifbürgel rechnet in den kommenden Monaten mit einem sprunghaften Anstieg der Firmenpleiten in Deutschland. Denn die coronabedingte Sonderregelung für zahlungsunfähige Unternehmen ist Ende September ausgelaufen, seit vergangenem Donnerstag (1.10.) gilt in solchen Fällen wieder eine Pflicht zum Insolvenzantrag. Die Insolvenzwelle wird „noch weit ins Jahr 2021 hineinreichen“, prognostizierte Crifbürgel am Donnerstag.

„Die wirtschaftlichen Probleme vieler Unternehmen durch die Corona-Krise zeigen sich bislang nicht in einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen. Die Hilfszahlungen verschleiern derzeit die wahre finanzielle Struktur einiger Unternehmen. Derzeit haben über 300.000 Unternehmen in Deutschland finanzielle Probleme“, stellte Crifbürgel-Geschäftsführer Frank Schlein mit Blick auf die Zahlen der ersten neun Monate 2020 fest.

Für das Gesamtjahr 2020 rechnet Crifbürgel mit bis zu 18.000 Firmenpleiten in Deutschland. Besonders gefährdet seien Unternehmen aus den Branchen Gastronomie, Touristik (zum Beispiel Reisebüros), Entertainment (zum Beispiel Kinos) sowie Messebauer.

Doch Scholz ist angewiesen auf positive Botschaften, wenn er weiterhin seine Ambitionen als Kanzlerkandidat der SPD verfolgen will. Er meinte im Juni bei dem Beschluss über das milliardenschwere Corona-Konjunkturpaket: „Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen.“

Das einzige, was an dieser Aussage prophetisch ist, ist das „Wumms“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...