Finanzen

Anleger investieren so stark in Gold-ETFs wie nie zuvor

Die Goldbestände der weltweiten Gold-ETFs sind seit Jahresbeginn um mehr als 1000 Tonnen angewachsen - so stark wie niemals zuvor. Nie zuvor haben diese Fonds so viel Gold gehalten, und der Zulauf von Anlegern in aller Welt hält unvermindert an.
09.10.2020 14:13
Lesezeit: 3 min

Im September steckten Anleger den zehnten Monat in Folge mehr Geld in mit Gold hinterlegte an der Börse gehandelte Fonds und ähnliche Produkte als sie daraus abzogen. Derart lange Zeiträume ausschließlicher Nettozuflüsse in die globalen Gold-ETFs hatte es zuvor nur in den Jahren 2008 und 2016 gegeben.

Die Bestände der Gold-ETFs stiegen im September um 68,1 Tonnen auf 3.880 Tonnen, obwohl der Goldpreis im September mit minus 3,6 Prozent den größten Rückgang seit November 2016 verzeichnete. Das verwaltetes Vermögen der Gold-ETFs stieg um 4,6 Milliarden Dollar beziehungsweise um 2,0 Prozent.

Gold war nur einer von mehreren wichtigen Vermögenswerten, darunter die Aktienmärkte und zahlreiche Rohstoffe, die das dritte Quartal kräftig begonnen hatten, dann aber im September Verluste verzeichneten. Seitdem hat sich der Goldpreis aber wieder deutlich erholt und liegt wieder über der Marke von 1.900 Dollar.

Im laufenden Jahr haben die globalen Gold-ETFs Stand Ende September bereits Nettozuflüsse in Höhe von 1.003,3 Tonnen verzeichnet - so viele wie in keinem Jahr zuvor. Der bisherige Rekord aus dem Jahr 2009 lag bei 646 Tonnen. Damit liegt die von den ETFs gehaltene Goldmenge auf einem neuen Allzeithoch von 3.880 Tonnen.

Mit Nettozuflüssen von 1.003,3 Tonnen haben die globalen Gold-ETFs die Nachfrage nach Gold in diesem Jahr stark angekurbelt. Die globalen Zentralbanken hingegen, die über einige Jahre starke Nettokäufer gewesen waren, haben ihre Goldbestände im August sogar erstmals wieder gesenkt.

Die globalen Gold-ETFs verwalten nun ein Vermögen von rund 235 Milliarden Dollar. Das ist so viel wie niemals zuvor und unglaubliche 67 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.

Die nordamerikanischen Gold-ETFs verzeichneten erneut die stärksten Zuflüsse. Allein die nordamerikanischen Fonds haben ihre Goldbestände in den ersten drei Quartalen um 649 Tonnen ausgebaut. Damit machen sie im laufenden Jahr bisher rund zwei Drittel der globalen Nettozuflüsse in die globalen Gold-ETFs aus.

Die europäischen Fonds, die noch im August Abflüsse verzeichnet hatten, meldeten im September wieder einen Anstieg. Die asiatischen Fonds verzeichneten mit einem Plus von 5,9 Prozent den stärksten relativen Anstieg. Dazu die vom World Gold Council zusammengestellten Zahlen:

  • Nordamerika: Zufluss von 34,6 Tonnen (2,2 Milliarden Dollar, 1,8 Prozent)
  • Europa: Zufluss von 26,0 Tonnen (1,9 Milliarden Dollar, 2,0 Prozent)
  • Asien: Zufluss von 6,8 Tonnen (432 Millionen Dollar, 5,9 Prozent)
  • Andere Regionen: Zuflüsse von 0,6 Tonnen (23 Millionen Dollar, 0,6 Prozent)

Der relativ hohe Anstieg in Asien erklärt sich dadurch, dass in China zum zweiten Mal in Folge zwei neue Fonds aufgelegt wurden, womit sich die Gesamtzahl der neuen Fonds in der Region in diesem Jahr auf sieben erhöhte. Die Flucht aus der Rupie förderte im Laufe des Monats auch die indischen Fondszuflüsse.

Zwischen April und Juli hatte der Goldpreis kräftig um 22 Prozent angezogen und erreichte Anfang August ein neues Allzeithoch von über 2.070 Dollar je Feinunze. Wenn die Preise so schnell steigen, kommt es anschließend häufig zu einer Pause oder zu einem Rückzug des Preises im Zusammenhang mit Gewinnmitnahmen - wie nun im September.

Bemerkenswert ist, dass das weltweite Volumen der börsengehandelten Goldfonds von 5,2 Milliarden Dollar im August auf 3,2 Milliarden Dollar im September zurückging. Trotz niedrigerer Preise und schwächerer Volumina stiegen die Investitionen in Gold-ETFs, was laut World Gold Council auf eine anhaltende langfristige strategische Positionierung schließen lässt.

Ein entscheidender Grund für die starken Zuflüsse in Gold-ETFs in diesem Jahr sind die verbesserten Opportunitätskosten des Goldes, die sich aus den niedrigen Zinsen ergeben. Denn wenn Anleihen kaum noch Zinsen abwerfen - oder wenn der Anleger wegen negativer Zinsen sogar draufzahlen muss, dann wird das Gold im Vergleich attraktiver.

Für das angebrochene vierte Quartal führt der World Gold Council, der Branchenverband der weltweiten Goldbergbauindustrie, eine ganze Reihe von Katalysatoren in verschiedenen Teilen der Welt an, die im globalen Goldmarkt möglicherweise für erhöhte Volatilität sorgen werden:

  • USA: Marktanalysten sehen eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Präsidentschaftswahlen angefochten werden und nach dem Wahltag noch einige Zeit ungelöst bleiben. Darüber hinaus verunsichern der Streit um ein erneutes Konjunkturpaket und die Nominierung für den Obersten Gerichtshof bereits jetzt die Märkte.
  • Europa: Ein harter Brexit ist möglich und könnte den Handel in der Region stören.
  • Global: Die Covid-19-Fälle nehmen zu, während wir uns auf den Herbst zubewegen. Zugleich erhöht sich das Potenzial für einen Impfstoff.
  • China: Die Wirtschaftsindikatoren verbessern sich, und während der Ferienzeit könnte es zu einem Anstieg der Goldkäufe der Verbraucher kommen, da China allein über 20 Prozent der jährlichen Goldnachfrage ausmacht.
  • Indien: Die zweitgrößte goldverbrauchende Nation der Welt verzeichnet zum zweiten Mal in Folge gesunde Monsunregenfälle. Dies ist seit den 1950er Jahren nicht mehr vorgekommen und könnte die negativen Auswirkungen von Covid-19 in den ländlichen Gebieten mildern, die historisch gesehen rund 60 Prozent der indischen Schmucknachfrage generieren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Shein, Temu & Co. betroffen: EU erhöht Kosten für Billigpakete aus Drittstaaten
12.12.2025

Um die Flut günstiger Online-Pakete aus Ländern wie China einzudämmen, beschließt die EU eine neue Importabgabe. Ab Juli 2026 sollen...

DWN
Politik
Politik Regierung reagiert auf Cyberangriffe: Russlands Botschafter einbestellt
12.12.2025

Nach einer Reihe hybrider Angriffe, darunter Falschnachrichten, manipulierte Videos und eine Hacker-Attacke, hat die Bundesregierung...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Flix bestellt 65 neue Fernzüge: Ausbau ab 2028 geplant
12.12.2025

Flix will das Fernverkehrsangebot deutlich ausbauen: Das Unternehmen hat beim spanischen Hersteller Talgo bis zu 65 neue Züge geordert....

DWN
Politik
Politik Regierung startet Onlineportal für Bürgerfeedback
12.12.2025

Die Bundesregierung will Bürger und Unternehmen stärker in die Verwaltungsarbeit einbeziehen. Über das neue Portal „Einfach machen“...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU setzt auf Kreislaufwirtschaft: Mehr Rohstoffe aus Schrottautos
12.12.2025

Die EU will die Wiederverwertung von Fahrzeugen deutlich verbessern. Unterhändler des Europäischen Parlaments und der Mitgliedsstaaten...

DWN
Immobilien
Immobilien Hausbrände verhüten: Wie Sie sich vor Feuer schützen
12.12.2025

Jährlich gibt es in Deutschland um die 200.000 Haus- und Wohnungsbrände. Eine verheerende Zahl, insbesondere wenn man bedenkt, dass die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzen in Deutschland steigen weiter um 5,7 Prozent
12.12.2025

Die Pleitewelle in Deutschland reißt nicht ab: Im November stieg die Zahl der Firmeninsolvenzen im Vergleich zum Vorjahr um 5,7 Prozent,...

DWN
Finanzen
Finanzen Lufthansa-Aktie hebt nach Kaufempfehlung ab: Worauf Anleger nun achten müssen
12.12.2025

Die Lufthansa-Aktie springt nach einer Kepler-Kaufempfehlung auf ein Hoch seit August 2023. Doch hinter dem Kursschub lauern Tarifrisiken,...