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Neueste Forschung: Zeitreisen sind möglich – aber eine Änderung der Vergangenheit nicht

Zwei Wissenschaftler der australischen Universität Queensland beweisen, dass Zeitreisen physikalisch in sich konsistent und logisch sein können. Allerdings ergeben die Berechnungen der Physiker: Zeitreisen haben keine Konsequenzen auf Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft.
17.10.2020 09:29
Aktualisiert: 17.10.2020 09:29
Lesezeit: 3 min
Neueste Forschung: Zeitreisen sind möglich – aber eine Änderung der Vergangenheit nicht
In der Science-Fiction ermöglichen Wurmlöcher Abkürzungen durch die Raumzeit. (Foto: Pixabay)

„Als Physiker wollen wir die fundamentalen Gesetzmäßigkeiten des Universums verstehen und ich habe mir jahrelang den Kopf zerbrochen, wie man die Wissenschaft der Dynamik mit den Vorhersagen von Einstein in Einklang bringen kann, um die Frage zu beantworten: Sind Zeitreisen mathematisch möglich?“, so der Autor des Papers, Germain Tobar. Seine Arbeit wurde in der Fachzeitschrift Classical and Quantum Gravity veröffentlicht.

„Der Stoff, aus dem Science Fiction gemacht wird“

Das Ergebnis ist laut eigener Aussage des Physikers bahnbrechend: „Wir haben gezeigt, dass Zeitreisen mit Zeitreisenden, die Handlungsfreiheit besitzen, Sinn ergeben können, ohne dass es zu logischen Wiedersprüchen kommt.“ Und sein Betreuer Dr. Fabio Costa bemerkte: “Die Mathematik ist stimmig – und die Resultate sind der Stoff, aus dem Science Fiction gemacht wird.“

Es gibt aber einen Haken: Die Science-Fiction-Fantasie einer Reise in die Vergangenheit, welche die Zukunft – und damit die Gegenwart, aus der man doch gerade in die Vergangenheit gereist ist, in einer Art und Weise , dass man gar nicht in die Vergangenheit reisen kann – beeinflusst, bleibt eine Fantasie.

Laut der klassischen Physik ist dieses sogenannte „Großvaterparadoxon“ von vornherein unmöglich. Jeder Versuch, in der Zeit zurückzureisen und beispielsweise seinen Großvater zu töten, führt die eigene Existenz ad absurdum und ist allein aus diesem Grund nicht denkbar.

Unter Berücksichtigung von Albert Einsteins Theorien ist es aber doch möglich, zumindest in einem gewissen mathematischen Rahmenwerk. Hierzu führte der berühmte Mathematiker Kurt Gödel das Konzept der geschlossenen Zeitkurve ein: So wird ein Pfad bezeichnet, der sich zirkulär durch die Raumzeit bewegt, um am Ende wieder genau am Anfang zu landen.

Hier setzen die beiden Wissenschaftler an. „Wenn multiple lokale Regionen in Gegenwart einer Zeitschleife miteinander kommunizieren, gibt es eine Reihe von Szenarien, die dem Akteur alle Handlungsfreiheit geben, ohne dass logische Inkonsistenzen wie das Großvaterparadox auftreten“, erklären die Forscher.

Ständige Neuordnung der Ereignisse

Den Kalkulationen der Physiker zufolge ist ein kausales Paradoxon also nicht denkbar. Germain Tobar erklärte das Ganze gegenüber dem Portal IFLScience folgendermaßen: „Zeitreisen können Sinn ergeben, aber es könnte bestimmte Hindernisse und Komplikationen geben. Eine Möglichkeit wäre, dass sich Ereignisse allem anpassen, was ein Paradoxon verursachen kann, so dass es gar nicht erst zu einem Paradoxon kommt.“ Anders ausgedrückt: Alle Veränderungen in der Vergangenheit würden durch nachfolgende Ereignisse quasi „korrigiert“ werden, die Ereignisse rekalibrieren sich laufend so, dass es keine logischen Wiedersprüche und Ungleichgewichte geben kann.

Tobar gibt ein Beispiel für das Konzept anhand der Coronakrise, wobei er von einem Patient Null ausgeht (der erste mit dem Coronavirus infizierte Mensch). „Man könnte in die Vergangenheit reisen und versuchen zu verhindern, dass sich Patient Null ansteckt, aber bei dem Versuch würde man selbst oder jemand anderes zu Patient Null werden“. Man kann so oft versuchen ein Paradoxon zu kreieren, wie man will, es funktioniert nicht. Die Ereignisse werden sich immer so anpassen, dass es keine Inkonsistenzen gibt.“

Die Physiker gehen hier von einem einzigen Zeitstrahl aus. Es gibt auch noch andere Ansätze dieses Paradoxon zu beseitigen, so zum Beispiel multiple alternative Zeitstränge. Mit jeder noch so kleinen Veränderung der Vergangenheit wird ein neuer Zeitstrang ausgelöst. In der Konsequenz muss es unendliche parallel existierender Zeitebenen geben.

Beide Ansätze, Mischformen und andere Ideen wurden und werden weiterhin in der Science Fiction ausgelebt, so zum Beispiel auch im neuesten Film von Christopher Nolan ("Tenet"). Nicht immer sind die Geschichten dabei in sich schlüssig. Richtig populär wurde die Zeitreise-Thematik mit dem 1895 erschienenen Roman „Die Zeitmaschine“ von H.G. Wells.

Wissenschaftliche Zeitreise-Konzepte

Wenn es um die Umsetzung von Zeitreisen angeht wird es in der Science-Fiction deutlich dünner. Die Mechaniken werden häufig gar nicht erklärt, die mannigfaltigen Zeitmaschinen existieren einfach.

Der vielversprechendste wissenschaftliche Ansatz sind als „Wurmlöcher“ bezeichnete Abkürzungen in der Raumzeit. Das Wurmloch-Konzept passt problemlos in Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie, der zufolge Raum und Zeit durch die Gravitation verzerrt werden. In der Science-Fiction dienen Wurmlöcher meistens als Abkürzung zwischen weit entfernten Raumpunkten, doch auch Reisen in die Vergangenheit sind mit Wurmlöchern – unter gewissen Bedingungen – theoretisch möglich. Denn eine geschlossene Schleife im Raum könnte auch zu einer Zeitschleife werden, die den Benutzer aber maximal in die Zeit der Entstehung des Wurmloches zurückkatapultieren kann – weiter zurück geht es auf diesem Weg nicht.

In der Realität konnten Wurmlöcher weder nachgewiesen noch konstruiert werden. Reisen in die Zukunft finden dagegen jetzt schon täglich statt. Der Ablauf des Lebens ist eine Reise in die Zukunft. Wenn man von Zeitreisen in die Zukunft spricht, dann meint man also „Sprünge“ in die Zukunft beziehungsweise eine schnellere Reise in die Zukunft im Vergleich zum normalen Leben auf der Erde. Signifikant schnellere Vorwärtsbewegungen in der Zeit treten beispielsweise am Ereignishorizont von Schwarzen Löchern auf, wo die Raumzeit extrem verzerrt ist. Nur ist die Schwerkraft dort so hoch, dass entsprechende Manöver äußerst riskant wären.

Gäbe es in der Zukunft Zeitmaschinen, würden wir in der Gegenwart nichts davon bemerken

Bezüglich des Forschungspapiers muss man allerdings folgendes betonen: Auch die beiden Wissenschaftler haben sich nicht mit der Umsetzung von Zeitreisen beschäftigt. Sie wollten lediglich einen mathematischen Beweis erbringen, dass Zeitreisen inhärent logisch und konsistent sein können.

Und weil der Ansatz rein mathematisch ist, sollte man die Ergebnisse mit einer gewissen Vorsicht interpretieren. Denn die Forscher erkennen selbst an, dass noch untersucht werden muss, ob die postulierte Rekalibrierung der Ereignisse auch in der Praxis im realen Universum funktionieren kann.

Wenn sie jemals erfunden werden sollte: Bis zur ersten funktionsfähigen Zeitmaschine wird es wohl noch eine ganze Weile dauern. Und wenn man die Forschungs-Ergebnisse auf die Realität anwendet, dann muss man leider (oder je nach Sichtweise Gott sei Dank) konstatieren: Es ist denkbar, dass es schon längst Menschen gibt, die in unserer Gegenwart – respektive Vergangenheit aus Sicht des Zeitreisenden – herumpfuschen. Allerdings blieben die Eingriffe ohne Auswirkungen und die Menschen in der Gegenwart würden davon überhaupt nichts mitkriegen.

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