Finanzen

Die Immobilienblasen in München und Frankfurt sind die größten der Welt

Die beiden deutschen Großstädte sind mit deutlichem Abstand Spitzenreiter im Immobilienpreis-Ranking der UBS. Bei Korrekturen an den globalen Immobilienmärkten wären München und Frankfurt wohl als erste betroffen.
18.10.2020 13:13
Aktualisiert: 18.10.2020 13:13
Lesezeit: 3 min

Hauspreise und Wohnungsmieten jenseits von Gut und Böse: Die stark überhitzten Immobilienmärkte in München und Frankfurt sind landesweit bekannt. Die Immobilienpreise in den beiden deutschen Metropolen haben sich innerhalb der letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt. Die durchschnittlichen Kaufpreise pro Quadratmeter betragen zurzeit stattliche 8.645 Euro (München) beziehungsweise 6.368 Euro (Frankfurt)

Einer neuen Studie der Schweizer Großbank UBS zufolge sind München und Frankfurt damit Spitzenreiter unter den überhitzten Immobilienmärkten der Welt. Insgesamt wurden 25 Metropolen analysiert, darunter auch als ebenfalls sehr überhitzt geltende Städte wie New York, Toronto und London.

In den Indexwert fließen unter anderem folgende Indikatoren ein:

  • Immobilienpreise relativ zu Mieten und Einkommen
  • Wachstum von Hypotheken-Tilgungen und Bau-Ausgaben relativ zum Wachstum der Wirtschaftsleistung
  • Preise in der Stadt relativ zum Umland

Sieben Großstädte haben demnach ein akutes Risiko einer ausgeprägten Immobilienblase: Neben München und Frankfurt sind das Toronto, Hong Kong, Paris, Amsterdam und Zürich. Insgesamt 18 der 25 untersuchten Märkte sind laut UBS-Index „überbewertet“. Mit der Kriminalitäts-Hochburg Chicago wurde nur eine der untersuchten Städte als „unterbewertet“ eingestuft.

Bekannte Großstädte der Eurozone stechen besonders mit hohen Bewertungen hervor. In vielen europäischen Metropolen stiegen die Preise innerhalb der letzten 12 Monate um mehr als 5 Prozent. US-Großstädte befinden sich größtenteils im Bereich “überbewertet”, aber keine einzige Region gilt derzeit als akut überhitzt. Neu im Ranking ist Polens Hauptstadt Warschau, die UBS-Analysten stufen die Immobilienpreise dort als fair ein.

Dubai, Madrid, San Francisco und Hong-Kong sind die einzigen Märkte, die über das letzte Jahr fallende Preise verzeichnet haben. Weniger Städte mit negativen Preis-Entwicklungen hatte es im UBS-Ranking zuletzt 2006 gegeben.

Trotz Corona weiter hohe Preise

Die Immobilienpreise in den Großstädten der Welt trotzten der Coronakrise und blieben auch auf einem hohen Niveau stabil. Die UBS-Experten machen dafür vor allem Stützungsmaßnahmen der Regierungen in Form von Kurzarbeitergeld für Arbeitnehmer, Kreditlinien für Unternehmen und Verzögerung von Zwangsvollstreckungen für überschuldete Hausbesitzer verantwortlich. Diese und andere Faktoren haben dafür gesorgt, dass ein Großteil der potentiellen Käufer keine substanziellen Einkommensverluste erleiden musste und dass es nicht zu einer übermäßigen Erhöhung des Angebots kam. Darüber hinaus reagieren Immobilienpreise traditionell verspätet auf wirtschaftliche Entwicklungen.

Es ist wichtig anzumerken, dass keine flächendeckende weltweite Immobilienblase vorliegt. Stark ausgeprägte Immobilen-Blasen gibt es vor allem in den als attraktiv geltenden Großstädten. Auf dem Land sieht es teilweise ganz anders aus.

Für die Zukunft gibt es viele Risikofaktoren – auch in den Großstädten

Aber auch in den stark überhitzten Märkten könnte es zu einer Trendwende kommen: Beispielsweise ist die Kaufaktivität in New York stark rückläufig und speziell in Manhattan sind die Wohnungs-Preise zuletzt dramatisch um rund 20 Prozent eingebrochen.

Der Markt für Gewerbeimmobilien ist durch den Einbruch des Einzelhandels und den allgemeinen Home-Office-Trend enorm unter Druck. Die Kaufkraft der privaten Haushalte ist aufgrund von verhaltenen Konjunktur-Aussichten und möglichen Finanzierungsproblemen der Staaten ein Unsicherheits-Faktor. Außerdem könnte es – auch wegen der hohen Preise – in den nächsten Jahren zunehmend Tendenzen einer De-Urbanisierung aus den Großstädten geben.

Angesichts des extrem hohen Verhältnisses der Preise zu den Mieten ist das Betongold in den Metropolen zunehmend unattraktiv als reines Anlageobjekt. Und langfristig könnten demographische Entwicklungen (Vergreisung) – vor allem in der westlichen Welt – die Immobilienpreise in den kommenden Dekaden belasten, unter Umständen sogar in den attraktiven Großstädten.

„Es ist unsicher, in welchem Maße sich eine erhöhte Arbeitslosigkeit und trübe Wirtschafts-Aussichten auf die Hauspreise [in den Metropolen, Anm. d. Red.] auswirken werden. Aber es scheint klar zu sein, dass sich die Preisdynamik der letzten 12 Monate nicht aufrechterhalten lässt. In den meisten Städten sinken jetzt schon die Mieten. Dies deutet darauf hin, dass […] eine Korrekturphase sehr wahrscheinlich ist“, sagte Mark Haefele, Chief Investment Officer von UBS Global Wealth Management.

Aussichten in Deutschland noch stabil

Hierzulande deutet der Gesamtindex des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp) noch keine Verwerfungen an.

Die Preise für Wohn-Objekte legten trotz Corona im zweiten Quartal um 1,4 Prozent zum Vorquartal zu. Allerdings gab es zuletzt einen markanten Einbruch im Gewerbeimmobilien-Segment.

Traditionell gibt es hierzulande aber zwei große Bullenfaktoren: Einmal ist das die deutsche Regulierungswut – die lange Bearbeitungszeit von Bauanträgen, Nachhaltigkeits-Vorgaben und individuelle Bestimmungen (allen voran die Mietpreisbremsen) drücken den Neubau künstlich nach unten. Darüber hinaus sind Objekte in Deutschland sehr beliebt bei ausländischen Investoren.

Weiterlesen:

Weltweite Umfrage: Ein neuer Zyklus am Immobilienmarkt hat begonnen

Immobilien-Wertverluste und Zombie-Kredite gefährden deutsche Banken

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Koalition erzielt Kompromisse bei Rente, Autos und Wohnungsbau
28.11.2025

Nach langen Verhandlungen haben CDU, CSU und SPD in zentralen Streitfragen Einigungen erzielt. Die Koalitionsspitzen verständigten sich...

DWN
Politik
Politik Zeitnot, Lücken, Belastung: Schulleitungen schlagen Alarm
28.11.2025

Deutschlands Schulleiterinnen und Schulleiter stehen nach wie vor unter hohem Druck: Laut einer Umfrage der Bildungsgewerkschaft VBE sind...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Datenschutz oder Fortschritt? Der Balanceakt zwischen Sicherheit und Innovation
28.11.2025

Die DSGVO sollte Vertrauen schaffen – doch sie ist für viele Unternehmen zur Innovationsbremse geworden. Zwischen Bürokratie,...

DWN
Politik
Politik Schwache Erholung: Arbeitslosenzahl im November leicht rückläufig
28.11.2025

Die erhoffte Herbstbelebung bleibt am deutschen Arbeitsmarkt auch im November verhalten. Zwar sinkt die Zahl der Arbeitslosen erneut, doch...

DWN
Politik
Politik Sicherheitsgarantien Ukraine: Warum Washington plötzlich auf einen Deal drängt
28.11.2025

Wachsende Irritationen in Europa treffen auf ein Washington, das den Ton sichtbar verschärft und ein Friedensabkommen zur Bedingung für...

DWN
Politik
Politik Korruptionsermittlungen in Kiew: Behörden durchsuchen Bürochef von Selenskyj
28.11.2025

Die ukrainischen Anti-Korruptionsbehörden haben am Morgen eine Durchsuchung bei Andrij Jermak, dem Leiter des Präsidentenbüros von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Studie: Lage von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt verschlechtert sich erneut
28.11.2025

Menschen mit Behinderung stehen auf dem Arbeitsmarkt zunehmend unter Druck: Eine neue Analyse des Handelsblatt Research Instituts im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neuer Kompromiss in Berlin: Mehr Spielraum für Verbrenner nach 2035
28.11.2025

Nach monatelangen Verhandlungen hat die Regierungskoalition eine gemeinsame Linie zum geplanten EU-Verbot neuer Autos mit Verbrennungsmotor...