Deutschland

Trotz Schulden und Konjunkturprogramm: Deutsche Wirtschaft weiter im Minus

Zwar war das deutsche BIP im dritten Quartal wieder höher als noch im furchtbaren zweiten Quartal. Doch im Vergleich zum Vorjahresquartal zeigt sich weiterhin ein deutliches Minus.
30.10.2020 10:21
Aktualisiert: 30.10.2020 10:21
Lesezeit: 1 min
Trotz Schulden und Konjunkturprogramm: Deutsche Wirtschaft weiter im Minus
Wirtschaftsminister Altmaier am Freitag bei der Vorstellung der Herbstprognose der Bundesregierung. (Foto: dpa) Foto: Michele Tantussi

Nach dem Einbruch wegen der Corona-Krise im Frühjahr hat sich die deutsche Wirtschaft spürbar erholt und ist im Sommerquartal in Rekordtempo gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt stieg zwischen Juli und September um 8,2 Prozent zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Ökonomen hatten ein Plus von 7,3 Prozent erwartet.

Im zweiten Quartal war die Wirtschaft wegen Eindämmungsmaßnahmen in der Virus-Pandemie noch mit 9,8 Prozent eingebrochen und damit so stark wie nie zuvor. Der wegen der steigenden Corona-Neuinfektionen für November angekündigte Teil-Lockdown dürfte die Erholung der Wirtschaft im laufenden Quartal erneut bremsen. Einige Experten befürchten sogar wieder ein Schrumpfen der Wirtschaft zum Jahresende 2020.

Die Bundesregierung rechnet für nächstes Jahr mit einer deutlichen Erholung der Wirtschaft von der Corona-Krise. Sie geht von 4,4 Prozent Wachstum aus, wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier in Berlin sagte. Trotz des Teil-Shutdowns im November bleibt die bisherige Prognose damit unverändert. In diesem Jahr dürfte die Wirtschaft um 5,5 Prozent einbrechen. Es wäre damit eine der schwersten Rezessionen der Nachkriegszeit, aber nicht ganz so schlimm wie 2009 in der globalen Finanzkrise. Zuletzt hatte die Bundesregierung für 2020 noch ein Minus von 5,8 Prozent vorausgesagt.

"Wir stehen vor einer nationalen Kraftanstrengung", sagte Altmaier zum Lockdown. Das überraschend starke Konjunkturplus im dritten Quartal zeige, dass die deutsche Wirtschaft auch in Pandemie-Zeiten Wachstumskräfte freisetzen könne. "Das ist eine gute Nachricht." Dies gebe auch Hoffnung. "Wir stehen an einem Scheideweg."

Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz gab sich optimistisch. "Die Herbstprojektion zeigt: Trotz vieler schlechter Nachrichten gibt es auch Grund für Zuversicht", erklärte der SPD-Politiker. "Wir stehen in diesem Jahr deutlich besser da als im Frühjahr befürchtet."

Die Erholung im dritten Quartal kam von der Inlandsnachfrage und vom Außenhandel. "Das Wachstum war sowohl von höheren privaten Konsumausgaben, mehr Investitionen in Ausrüstungen als auch von stark gestiegenen Exporten getragen", erklärten die Statistiker. Details wollen sie am 24. November vorlegen. Trotz der Belebung lag die Wirtschaftskraft - preis-, saison- und kalenderbereinigt - 4,2 Prozent unter dem Vorjahresquartal.

Die steigenden Corona-Zahlen und der anstehende Lockdown im November sorgt für Skepsis bei Ökonomen. "Leider wird dies nicht der Auftakt zu einer längeren Erholungsphase sein, denn schon im November werden der Konjunktur erneut Fesseln angelegt", warnte DekaBank-Experte Andreas Scheuerle. Auch Michael Heise von HQ Trust betonte: "Die jüngst beschlossenen Maßnahmen der Regierung zur Eindämmung der aktuellen Infektionsdynamik werden die gesamtwirtschaftliche Entwicklung erneut belasten."

Weiterlesen: Risiko einer zweiten Rezession in Deutschland steigt

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