Der US-Dollar gerät seit geraumer Zeit immer stärker unter Druck. Zum einen durch die gigantischen Summen, die die US-Zentralbank FED aus dem Nichts schafft und ins globale Finanzsystem pumpt. Zum anderen durch die Tatsache, dass China die USA als Handelsnation Nr. 1 inzwischen weit hinter sich gelassen und mit der Neuen Seidenstraße das bisher größte Wirtschaftsprojekt in der Menschheitsgeschichte auf den Weg gebracht hat.
Außerdem gibt es immer mehr Länder, die bereit sind, Erdöl nicht mehr in Petrodollars, sondern auch in anderen Währungen zu handeln. Schließlich ist im vergangenen Jahrzehnt noch ein neues Problem hinzugekommen: Kryptowährungen wie Bitcoin gewinnen international zunehmend an Bedeutung.
Für die USA bedeutet das: Wenn sie die Finanzhoheit über die Welt, die sie sich 1944 in Bretton Woods gesichert haben, behalten wollen, dann müssen sie handeln, und zwar schnell.
Bisher einzige globale Leitwährung: der US-Dollar
Der US-Dollar ist die einzige Währung, die es je zum Status der globalen „Leitwährung“ gebracht hat. Im letzten Jahr des Zweiten Weltkrieges nutzten die Machthaber in Washington die Gunst der Stunde, um Gold und alle übrigen Währungen der Welt zu festen Wechselkursen an den Dollar zu binden. Auf diese Weise trat er im Nachkriegsboom von 1948 bis 1973 einen phänomenalen Siegeszug an.
Trotz seiner Entkoppelung vom Gold im Jahr 1971 und dem Ende des Bretton-Woods-Systems zwei Jahre später hat es die US-Regierung geschafft, die weltweite Dominanz des Dollars bis in unsere Tage zu erhalten. Ein zunächst geheim gehaltener Deal mit Saudi-Arabien im Jahr 1974 legte fest, dass Öl fortan nur noch in der US-Währung gehandelt werden durfte – die Geburtsstunde des Petrodollars.
Da sämtliche Staaten der Erde bei ihrer Energieversorgung auf Erdöl angewiesen sind, halten fast alle Zentralbanken seitdem einen großen Teil ihrer Devisenreserven in Dollar. Das wiederum macht ihn nicht nur zur weitest verbreiteten Währung der Welt, sondern auch zum effektivsten Druckmittel, das die USA gegenüber anderen Nationen besitzen.
Da die FED die einzige Organisation auf der Welt ist, die das Recht hat, neue Dollars zu schöpfen und in Umlauf zu bringen, ist sie somit seit über 75 Jahren Herz und Motor des globalen Finanzsystems.
Angriffe auf den Dollar wurden bisher immer bekämpft - meist mit Gewalt
Eine der wichtigsten Aufgaben der FED besteht darin, alle äußeren und inneren Angriffe auf den Dollar abzuwehren. Hierbei spielt die Verteidigung des Petrodollars eine entscheidende Rolle.
Sobald ernstzunehmende Mächte erwägen, ihr Öl nicht mehr in Dollar zu verkaufen, wird gehandelt, notfalls mit Gewalt. Zu diesem Zweck lässt die FED sich besonders gern vom Pentagon und dem mit achthundert Stützpunkten im Ausland stärksten Militär der Erde unterstützen. Am härtesten bekamen das der irakische Diktator Saddam Hussein und die iranische Führung in Teheran zu spüren, die beide ankündigten, Öl auch in Euros verkaufen zu wollen.
Aber auch der Versuch, die größte Schwäche des Dollars als einer nicht an einen physischen Wert gebundenen sogenannten „Fiatwährung“ zu nutzen und ihm mit einem goldgedeckten Zahlungsmittel entgegenzutreten, wird mit allen Mitteln verhindert – wie der Fall Gaddafi zeigt. Der libysche Revolutionsführer hatte zu Beginn des Jahrtausends versucht, afrikanische Nachbarstaaten für die Einführung eines goldgedeckten nordafrikanischen Dinars zu gewinnen.
Doch nicht jedes Problem ist mit kriegerischen Mitteln zu lösen. Der kometenhafte Aufstieg Chinas in den vergangenen dreißig Jahren ist von der FED sicherlich mit Argwohn beobachtet worden, und man hätte gewiss gern versucht, ihn zu verhindern, doch befindet man sich dem mittlerweile größten Konkurrenten gegenüber in einem unlösbaren Dilemma.
China eilt voraus...
China hält einerseits US-amerikanische Staatsanleihen im Wert von über einer Billion Dollar und ist damit neben Japan der größte ausländische Finanzier der USA. Andererseits sind im Zuge der Globalisierung Millionen von Arbeitsplätzen aus den USA nach China ausgelagert worden, das sich auf diese Weise zur Werkbank der US-Technologiebranche entwickelt hat.
Mit einem Krieg gegen China würden die USA sich also selbst ganz erheblich schaden. Gleichzeitig aber wollen sie natürlich nicht tatenlos zusehen, wie der Konkurrent weltweit immer stärker an Einfluss gewinnt. Deshalb tun sie alles, um zumindest im Finanzbereich mittels der eigenen Währung die Oberhand zu behalten.
Gerade in diesem Bereich aber ist China in den vergangenen Monaten gewaltig vorangeprescht. Es hat nämlich im März den ersten großen Test mit einer digitalen Zentralbankwährung gestartet und diesen im Juni und Oktober erheblich ausgeweitet.
Die FED steht damit unter Zugzwang: Sollte China es schaffen, das digitale Zentralbankgeld flächendeckend einzuführen und den E-Yuan auch international als Zahlungsmittel anzubieten, dürfte es für die USA eng werden.
... oder kämpfen die USA mit verdeckten Karten?
Noch allerdings ist es nicht so weit und niemand kann momentan sagen, wie weit die Vorbereitungen der FED bislang gediehen sind. Immerhin hat sie ein As im Ärmel: Der US-Dollar ist nämlich nicht nur in den USA offizielles Zahlungsmittel, sondern auch in 15 weiteren Regionen und Ländern wie zum Beispiel den mittelamerikanischen Staaten El Salvador und Honduras, die sich hervorragend als Testgebiete eignen. Außerdem ist anzunehmen, dass die FED sich sehr genau über die in diesem Monat gestartete Einführung des „Sand-Dollars“, der 1 zu 1 an den US-Dollar gebundenen digitalen Zentralbankwährung auf den Bahamas, informiert.
Darüber hinaus ist es gut möglich, dass die USA die Welt zu Beginn des Jahres 2021 mit einem Paukenschlag überraschen. Am 23. März 2020 ist nämlich mit dem „Banking-for all-Act“ („Gesetz über das Banking für alle“) ein Gesetzesvorschlag ins US-Parlament eingebracht worden, der vorsieht, jedem US-Bürger ab dem 1. Januar 2021 ein digitales Zentralbankkonto zur Verfügung zu stellen.
Zwar ist das Gesetz noch nicht verabschiedet worden, aber man sollte sich in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass das Gesetz zur Einführung der FED am 23. Dezember 1912, also geschicktermaßen direkt vor Weihnachten, von der Öffentlichkeit fast unbemerkt angenommen wurde.
Im Hintergrund lauern die Kryptowährungen
Während sich die USA und China offenbar ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern, sind auch andere Zentralbanken nicht untätig. Die Europäische Zentralbank (EZB) beginnt in diesem Monat einen Test, die Bank of Japan wird Anfang 2021 nachziehen und einige Zentralbanken wie die Brasiliens und Dänemarks haben bereits die Einführung einer digitalen Zentralbankwährung für 2022 angekündigt.
Dieser internationale Wettkampf ums neue Geld wird im Hintergrund durch eine weitere Entwicklung gefördert, nämlich die Zunahme von Kryptowährungen wie zum Beispiel Bitcoin, die mittlerweile eine Marktkapitalisierung von über zweihundert Milliarden US-Dollar erreicht hat.
Den Zentralbanken gefällt dieser Trend absolut nicht, denn Kryptowährungen funktionieren außerhalb des Bankensystems, sind dezentral organisiert und entziehen sich daher jeglicher Kontrolle durch staatliche Institutionen. Aus diesem Grunde gibt es sowohl in den USA als auch in Europa ernstzunehmende Bestrebungen, Kryptowährungen zu verbieten.
Chinas Zentralbanker dürften diese Bestrebungen aus der Ferne mit einem Lächeln quittieren. Ihnen hat die Regierung in Beijing die lästige Konkurrenz nämlich bereits 2017 vom Leib geschafft, als sie den Handel mit Kryptowährungen in China offiziell verbot.
Langfristig ist ein solches Verbot eigentlich gar nicht nötig, denn egal, wer die neu Weltleitwährung stellt – es dürfte kein Problem sein, sie wie das bargeldlose Zahlen in China an ein Sozialpunktesystem zu koppeln, das jeden, der beim Einsatz von Bitcoin und Co. erwischt wird, mit Strafpunkten oder gar dem Entzug seines Kontos bestraft.