Finanzen

Gold-Nachfrage so schwach wie zuletzt 2009, Corona stellt die Branche auf den Kopf

In der Corona-Krise hat sich eine ganze Reihe von Trends in der Goldnachfrage umgekehrt. Die Produktion hingegen erweist sich als ungewöhnlich stabil und krisenresistent.
04.11.2020 09:44
Aktualisiert: 04.11.2020 09:44
Lesezeit: 3 min
Gold-Nachfrage so schwach wie zuletzt 2009, Corona stellt die Branche auf den Kopf
Starke Verkäufe von Anlagemünzen konnten den Einbruch der Goldnachfrage im dritten Quartal abmildern. (Foto: dpa) Foto: Sven Hoppe

Zwar ist die Nachfrage von Investoren nach Gold im 3. Quartal vor dem Hintergrund der anhaltenden Corona-Krise deutlich angestiegen. Doch dies konnte den Rückgang der Nachfrage in anderen Bereichen nicht ausgleichen. Die Nachfrage nach Gold fiel im dritten Quartal auf 892,3 Tonnen. Dies war die niedrigste Quartalssumme seit dem dritten Quartal 2009.

Im Verlauf der ersten drei Quartale dieses Jahres verzeichnete der World Gold Council eine Nachfrage nach Gold in Höhe von insgesamt 2.972,1 Tonnen. Dies war ein Rückgang im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres um rund 10 Prozent. Zudem war es der niedrigste Wert für diesen Zeitraum seit dem Jahr 2009.

Zwar hat sich im abgelaufenen dritten Quartal die Schmucknachfrage gegenüber dem Rekordtief im zweiten Quartal erholt. Doch die anhaltenden Corona-Maßnahmen, die damit einhergehende wirtschaftliche Abkühlung und der hohe Goldpreis wirkend sich belastend auf die Schmuckverkäufe aus - vor allem in Indien und China. Die Nachfrage von 333 Tonnen lag um 29 Prozent unter dem Vorjahresquartal.

Starke Nachfrage nach Gold in Q3 durch Investoren

Im Gegensatz dazu nahm die Nachfrage nach Barren und Münzen im dritten Quartal zu. Sie stieg um 49 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal auf 222,1 Tonnen. Ein Großteil des Zuwachses entfiel auf Anlagemünzen, was auf die anhaltend starke Nachfrage in den westlichen Staaten und in der Türkei zurückzuführen ist, wo Münzen die am weitesten verbreitete Form der Goldanlage sind.

Im dritten Quartal kam es auch zu anhaltenden Zuflüssen in goldbesicherte börsengehandelte Fonds (Gold-ETFs), allerdings waren die Zuflüsse weniger stark als in den ersten beiden Quartalen. Die Anleger stockten ihren Bestand an Gold-ETFs weltweit um 272,5 Tonnen auf. Seit Jahresbeginn flossen 1.003,3 in Gold-ETFs - so viel wie niemals zuvor.

Die Zentralbanken waren im dritten Quartal Nettoverkäufer. Erstmals seit dem vierten Quartal 2010 verkauften sie zusammen mehr Gold als sie zukauften. Die Verkäufe wurden allerdings im Wesentlichen von nur zwei Zentralbanken - Usbekistan und Türkei - getätigt, während eine Handvoll Banken weitere kleine Käufe tätigte.

Die Nachfrage nach Gold, das in der Technologie verwendet wird, blieb im dritten Quartal schwach und sank im Jahresvergleich um 6 Prozent auf 76,7 Tonnen. Der Sektor verzeichnete jedoch eine deutliche Verbesserung im Vergleich zum zweiten Quartal, da einige wichtige Märkte aus dem Lockdown herauskamen.

Angebot an Gold sinkt im dritten Quartal

Das Gesamtangebot an Gold fiel im dritten Quartal um 3 Prozent im Jahresvergleich auf 1.223,6 Tonnen. Dabei ging die Minenproduktion infolge der Auswirkungen der Corona-Beschränkungen um 3 Prozent zurück. Das Angebot an rezykliertem Gold hingegen nahm im Jahresvergleich um 6 Prozent zu.

Die Minenproduktion blieb im dritten Quartal hinter dem Vorjahresniveau zurück, obwohl viele Betriebe, die im ersten Halbjahr von weit verbreiteten Unterbrechungen betroffen waren, die Tätigkeit inzwischen wieder aufgenommen haben. Die Bergwerksproduktion belief sich auf insgesamt 883,8 Tonnen. Dies ist eine rasche Erholung der Produktion gegenüber dem zweiten Quartal.

In den ersten drei Quartalen insgesamt war das Goldangebot wegen Corona um 5 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum. Die Minenproduktion in den ersten drei Quartalen betrug mit 2.477,4 Tonnen nur etwa 5 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum, was die Widerstandsfähigkeit der Branche gegenüber der Corona-Pandemie unterstreicht.

Das Angebot an Recycling-Gold stieg im dritten Quartal im Jahresvergleich um 6 Prozent auf 376,1 Tonnen. Dies ist die höchste Menge seit dem vierten Quartal 2012, als das Recycling wegen des hohen Goldpreises sprunghaft anstieg. Doch wegen der schwachen ersten beiden Quartale wurden dieses Jahr bisher nur 944,5 Tonnen recycelt, also etwa so viel im Vorjahr und sogar weniger als zwischen 2009 und 2012.

Nachdem der Goldpreis Anfang August ein neues Allzeithoch von über 2.070 Dollar je Feinunze erreicht hatte, fiel er im September wieder weit unter die Marke von 1.900 Dollar. Doch die globalen Notenbanken halten an ihren immensen Wertpapierkäufen fest. Die Federal Reserve will die Zinssätze auf Jahre bei Null halten und schreckt nicht einmal mehr vor einer Inflation über 2 Prozent zurück.

Angesichts dieses globalen Gelddruckens durch die Notenbanken sehen die Fundamentaldaten für Gold also weiterhin gut aus. Auch Silber wird von Analysten weiter empfohlen. "Bei Silber sind bis Ende 2021 bis 35 US-Dollar drin", schreibt etwa Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse-Abteilung der Baader Bank. Denn anders als Gold werde das weiße Edelmetall gebraucht und verbraucht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Technik streikt: Zählt Ausfallzeit zur Arbeitszeit?
01.07.2025

Wenn im Büro plötzlich die Technik versagt, stellt sich schnell eine Frage: Muss weitergearbeitet werden – oder zählt die Zeit...

DWN
Politik
Politik NATO ohne Substanz: Europa fehlen Waffen für den Ernstfall
01.07.2025

Europa will mehr für die Verteidigung tun, doch der Mangel an Waffen, Munition und Strategie bleibt eklatant. Experten warnen vor fatalen...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...