Die deutschen Exporteure haben sich vor Ausbruch der zweiten Pandemie-Welle weiter von der Corona-Krise erholt. Ihre Ausfuhren stiegen im September bereits den fünften Monat in Folge, und zwar um 2,3 Prozent zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten hier nur mit einem Plus von 2,0 Prozent gerechnet, nachdem es im August noch um 2,9 Prozent nach oben gegangen war. Die Importe fielen dagegen um 0,1 Prozent, nachdem sie zuvor viermal in Folge gewachsen waren.
Experten warnen wegen steigender Corona-Neuinfektionen in vielen Ländern vor schwierigen Monaten für den Export-Europameister. Dadurch könnten beispielsweise Geschäftsreisen abgesagt werden, ohne die Aufträge und Investitionen nicht besiegelt werden können. Vielen wichtigen Handelspartnern droht zudem eine neue Rezession. Das könnte die Nachfrage nach Waren "Made in Germany" wieder drücken.
Von Januar bis September blieben die Exporte ungeachtet der jüngsten Aufholjagd weit unter dem Vorjahresergebnis: Sie sanken um 11,7 Prozent auf 880 Milliarden Euro. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) geht davon aus, dass im Gesamtjahr 2020 unterm Strich ein Minus von 13 Prozent herauskommen wird. Im September allein blieben die Ausfuhren um 7,7 Prozent unter dem Niveau von Februar 2020 – dem Monat vor dem Beginn der Corona-bedingten Einschränkungen.
In ersten Reaktionen hieß es dazu:
THOMAS GITZEL, CHEFVOLKSWIRT VP BANK:
"Am Horizont ziehen bereits schon wieder dunkle Wolken auf. Die vom Ifo-Institut erhobenen Exporterwartungen trübten sich im Oktober empfindlich ein. Die zweite Corona-Welle und die damit einhergehenden Eindämmungsmaßnahmen bremsen die wirtschaftliche Erholung in den europäischen Nachbarländern deutlich ein.
Die Auslandsbestellungen werden wohl schon bald wieder Dellen bekommen. Für die deutsche Gesamtwirtschaft gilt: Zwar werden die Einbußen im Dienstleistungssektor größer sein, doch der Kelch einer schwächeren Auftragslage wird an der Industrie nicht dauerhaft vorbeigehen. Auch die Exportwirtschaft wird sich in den Herbst- und Wintermonaten wieder schwerer tun.
Doch bei aller Sorge um die aktuelle Konjunkturlage, der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen führt in den Werkshallen zu guter Laune. Klar ist, auch Joe Biden ist der hohe deutsche Außenhandelsüberschuss ein Dorn im Auge. Allerdings sitzt fortan ein Mann im Weißen Haus mit dem man reden kann. Und alleine die Aussicht auf ein vernünftiges Verhandlungsklima bei Handelsfragen wird bei der deutschen Exportwirtschaft für Frohlocken sorgen."
ALEXANDER KRÜGER, CHEFVOLKSWIRT BANKHAUS LAMPE:
"Das ist ein erneut solider Zuwachs. Die Exporte halten gegen den Lockdown-bedingten Rezessionsdruck im Inland. Sie profitieren von der weltweiten Konjunkturerholung, vor allem in China. Auch aufgrund der guten Stimmungslage besteht Hoffnung, dass wenigstens der Außenhandel die Wirtschaft im laufenden Quartal stützen wird. Von Export-Normalisierung kann dabei aber keine Rede sein. Das Vor-Corona-Niveau wird noch um fast acht Prozent unterschritten."