Technologie

Erstes Land der Welt erlaubt Verkauf von künstlich erzeugtem Fleisch

Singapur legalisiert als erstes Land den Verkauf von künstlich im Labor erzeugtem Fleisch. Der Nahrungsmittel-Sektor soll damit vor einem Umbruch stehen, das Marktpotential könnte allerdings begrenzt sein.
24.12.2020 11:54
Lesezeit: 2 min
Erstes Land der Welt erlaubt Verkauf von künstlich erzeugtem Fleisch
Laborfleisch sieht echtem Fleisch durchaus ähnlich. (Foto: dpa) Foto: Ilia Yechimovich

Die zuständige Regulierungsbehörde des asiatischen Stadtstaats mit 5,7 Millionen Einwohnern hat dem amerikanischen Start-up Unternehmen „Eat Just“ die Genehmigung erteilt, in Laboren gezüchtetes Hähnchenfleisch zu verkaufen. Singapur ist damit das erste Land weltweit, das den Verkauf von Laborfleisch legalisiert.

In sehr naher Zukunft sollen die ersten Einheiten auf den Karten ausgewählter Restaurants zur Auswahl stehen. Nach Angaben des Mitgründers und Chefs von „Eat Just“, Josh Tetrick, soll das Laborfleisch zunächst nur in Form von kleinteiligen Nuggets verkauft werden und preislich im gehobenen Segment liegen.

Singapur ist stark von Nahrungsmittel-Importen abhängig. Nur 10 Prozent der Lebensmittel werden im Inland erzeugt. Mit der Förderung von Laborfleisch und High-Tech-Farming soll dieser Anteil in Zukunft deutlich steigen. Die Genehmigung für „Eat Just“ hat womöglich auch noch andere Gründe. Die staatliche Investment-Gesellschaft „Temasek Holdings“ hält Anteile des 2011 gegründeten Unternehmens, welches seitdem mehr als 300 Millionen Dollar an Kapital eingesammelt hat. Neben Laborfleisch will man auch in die Produktion von auf Bohnen basierten Ei-Substituten investieren. Ende nächsten Jahres soll erstmals die Gewinnschwelle erreicht werden, danach könnte bald ein Börsengang folgen. Im Moment wird der Wert von „Eat Just“ auf 1,2 Milliarden Dollar taxiert.

In einem Interview äußerste sich Tetrick sehr positiv zum Zukunftspotential des Marktes: „Ich denke, dass man sich in den USA, Westeuropa und anderen Ländern ein Beispiel an Singapur nehmen wird.“ Die Großbank Barclays schätzt die Größe des globalen Marktes für Laborfleisch bis 2029 auf 140 Milliarden Dollar. Schon heute sind mehr als 20 Firmen in diesem Zukunftsmarkt aktiv, so etwa der US-amerikanische Agrarkonzern „Cargill“ und der Fleisch-Riese „Tyson Foods“. Auch die Lebensmittel-Giganten „Nestlé“ und „Unilever“ wollen den Trend nicht verpassen.

Die etwas einseitige Argumentation für Laborfleisch

Den Konsumenten wird das neue Lebensmittel-Produkt vor allem aus ethischer Sicht nahegelegt, aber das ist nur auf den ersten Blick schlüssig. Zwar müssen für die Produktion von Laborfleisch keine Tiere getötet werden, aber auch dort ist immer noch der Einsatz großer Mengen an Antibiotika und Wachstumshormonen nötig. Nur so ist ein künstliches Wachstum des auf Basis tierischer Muskelzellen gezüchteten Fleisches möglich.

Und wenn sich die Nachfrage im Fleisch-Markt tatsächlich in Richtung Laborfleisch verschieben sollte, werden durch Kapazitätsverkleinerungen in der konventionellen Landwirtschaft einfach insgesamt weniger Tiere geboren. Trotz der erhofften positiven Wirkung auf den Klimawandel: Ob das ethisch per se wünschenswert ist, kann man durchaus in Frage stellen.

Ist der Markt deutlich kleiner als prognostiziert wird?

Bis dahin könnte es aber noch eine ganze Weile dauern. Denn ob die Produkte von „Eat Just“ und Nachahmern Erfolg haben, muss sich noch zeigen. Im Zweifelsfall werden potentielle Kunden vermutlich eher den gewohnten Geschmack natürlicher Fleischprodukte bevorzugen. Wie nahrhaft und vor allem wie bekömmlich Laborfleisch im Vergleich zu konventionellen Erzeugnissen ist, ist auch noch unklar. Der aufgrund hoher Herstellungskosten relativ hohe Preis ist eine weitere Einstiegshürde. Außerdem wird Laborfleisch auch mit pflanzen-basierten Fleischersatzprodukten konkurrieren müssen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

DWN
Technologie
Technologie Unser neues Magazin ist da: Deutschland digital – warum die Zukunft nicht warten kann
20.11.2025

Deutschland steht an der Schwelle zu einer digitalen Zeitenwende – doch wir zögern. Zwischen überbordender Bürokratie,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Hohe Strom- und Arbeitskosten: LKW-Hersteller MAN baut 2.300 Stellen in Deutschland ab
20.11.2025

Der Lastwagen- und Bushersteller MAN will in Deutschland rund 2.300 Stellen abbauen. Belastend seien hohe Strom- und Arbeitskosten und der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen EU untersucht Google wegen möglicher „Herabstufung von Nachrichteninhalten“
20.11.2025

Brüssel nimmt Googles Anti-Spam-System ins Visier. Die EU vermutet, dass das Google-Ranking Nachrichtenwebseiten systematisch herabstuft...

DWN
Finanzen
Finanzen Ukraine-Hilfen: EU-Kommission rechnet mit möglichen Kriegsende bis Ende 2026
20.11.2025

Die EU plant weitere 135,7 Milliarden Euro Ukraine-Hilfe. Dabei basieren die Vorschläge der EU-Kommission zur finanziellen Unterstützung...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Stellenabbau auf Negativrekord: Beschäftigung in der Autobranche fällt auf Tief seit 2011
20.11.2025

Die Industrie steckt in einer schweren Krise: Besonders betroffen ist die Autobranche, aber auch im Maschinenbau gehen Tausende Jobs...

DWN
Politik
Politik Kampf gegen Klimawandel: Deutschland gibt eine Milliarde für Tropenfonds
20.11.2025

Deutschland hat bei der UNO-Klimakonferenz in Brasilien eine Milliarde Euro für den globalen Waldschutzfonds TFFF zugesagt. Wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Abwanderung deutscher Arbeitsplätze: Unternehmen verlagern Zehntausende Jobs ins Ausland
20.11.2025

Niedrigere Lohn- und Energiekosten, weniger Bürokratie und attraktivere Wettbewerbsbedingungen: Deutsche Unternehmen haben in den...

DWN
Politik
Politik Russland im Krieg: Journalistin enthüllt seltene Einblicke in die Gesellschaft
20.11.2025

In Zeiten, in denen Russland für viele Beobachter ein verschlossenes Land geworden ist, wagt eine Journalistin den Blick hinter die...