Deutschland

Kanzleramt droht abweichenden Ländern mit deutlich längerem Lockdown

Nachdem mehrere meist SPD- oder Grün-geführte Bundesländer angekündigt hatten, Grundschulen schon ab Mitte Januar öffnen zu wollen, droht Kanzleramtschef Braun vor einem deutlich längeren Lockdown.
07.01.2021 15:16
Lesezeit: 2 min
Kanzleramt droht abweichenden Ländern mit deutlich längerem Lockdown
Merkel und Braun. Im Kanzleramt gibt es offenbar großen Unmut über die vom Corona-Kurs leicht abweichenden Bundesländer. (Foto: dpa) Foto: Michael Kappeler

Im Kanzleramt gibt es großen Unmut darüber, dass etliche Bundesländer bereits wieder von den jüngst beschlossenen Corona-Beschlüssen abweichen. Kanzleramtschef Helge Braun warnte in einem Reuters-Interview vor einem deutlich längeren Lockdown in Deutschland, wenn die gemeinsam getroffenen Maßnahmen wie die Schließung der Schulen bis Ende Januar nicht konsequent umgesetzt würden. "Mit jeder Lockerung jetzt ist die Wahrscheinlichkeit auf noch länger notwendige Beschränkungen immer größer", sagte der CDU-Politiker am Donnerstag im dem Interview mit Reuters-TV.

Zuvor hatten etliche, meist SPD- oder Grün-geführte Bundesländer angekündigt, die Grundschulen doch schon ab Mitte Januar öffnen zu wollen. Länder wie Baden-Württemberg wollen zudem die Einschränkung des Bewegungsradius in Corona-Hotspots mit einer Inzidenz von mehr als 200 vorerst nicht umsetzen.

Bund und Länder hatten sich am Dienstag für eine Verlängerung des Lockdowns bis zum 31. Januar ausgesprochen und zusätzlich die Kontakt- und Bewegungsvorschriften verschärft. Hintergrund sind die weiterhin hohen Zahlen an Neuinfektionen. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete für Deutschland zuletzt 26.391 Neuinfektionen. Damit stieg die Gesamtzahl auf 1,835 Millionen. Die Zahl der Todesfälle legt laut RKI innerhalb von 24 Stunden um 1070 auf 37.607 zu. Die Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI mit 121,8 an. Die Zahl gibt an, wie viele Menschen sich rechnerisch pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche anstecken. Bund und Länder streben einen Wert von 50 an.

Trotz der hohen Zahlen rücken etliche Ländern bereits wieder von den Beschlüssen ab. Der Berliner Senat etwa will ab dem 18. Januar wieder Grundschüler der Klassen 1 bis 3 in die Schulen lassen - was die Berliner CDU kritisiert. Abweichungen gibt es auch in Hessen oder Mecklenburg-Vorpommern. Strittig ist vor allem die Beschränkung des Bewegungsradius für Personen aus Corona-Hotpots. Damit sollte etwa der Ansturm auf Wintersportorte gebremst werden, worum etliche Kommunen gebeten hatten. Der Harzer Tourismusverband erwartet dennoch nach Angaben einer Sprecherin für das Wochenende einen erneuten Ansturm. "Selbst wenn die 15-Kilometer-Regelung gilt, wird das vermutlich nicht viel ändern, weil im niedersächsischen Teil des Harzes die meisten Besucher aus Niedersachsen kommen und dort meines Wissens nach nirgends die Inzidenz über 200 liegt", sagte sie dem RedaktionsNetzwerkDeutschland (RND).

Auch der Druck aus der Wirtschaft wächst: So forderte der Reisekonzern TUI ein Ende von Reisewarnungen und Quarantänepflichten, weil in der EU bereits zwei Impfstoffe zugelassen seien. Laut RKI sind in Deutschland mittlerweile aber erst 417.060 Menschen geimpft worden. Innerhalb eines Tages wurden weitere 46.332 Menschen geimpft.

Kanzleramtschef Braun warnte vor einer erneut verschärften Lage bis zu einem völligen Kontrollverlust durch die Ausbreitung von Virus-Varianten, wie sie etwa in Großbritannien registriert werden. "Wenn sich auf dem hohen Infektionsniveau, das wir haben, die Mutationen ausbreiten, dann wird es sehr schwer, ein Wachstum der Infektionszahlen überhaupt noch in den Griff zu bekommen", sagte er. Dann käme man in der nächsten Bund-Länder-Runde am 25. Januar möglicherweise auch an "maximalen Beschränkungen" nicht mehr vorbei.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...

DWN
Politik
Politik Gasförderung Borkum: Kabinett billigt Abkommen mit den Niederlanden
02.07.2025

Die Bundesregierung will mehr Gas vor Borkum fördern und stößt damit auf heftigen Widerstand von Umweltschützern. Das Vorhaben soll...

DWN
Immobilien
Immobilien Klimaanlage einbauen: Was Sie vor dem Kauf wissen müssen
02.07.2025

Die Sommer werden heißer – und die Nachfrage nach Klimaanlagen steigt. Doch der Einbau ist komplizierter, als viele denken. Wer nicht in...

DWN
Technologie
Technologie Balkonkraftwerke: 220.000 neue Anlagen binnen sechs Monaten
02.07.2025

Mehr als 220.000 neue Balkonkraftwerke sind in Deutschland binnen sechs Monaten ans Netz gegangen. Während Niedersachsen glänzt, fallen...