Politik

Wie das ZDF den Kriegstreiber John Bolton hofiert, weil er gegen Trump ist

Der US-Politiker John Bolton wird seit Monaten beim ZDF und beim ARD als Gast eingeladen, um Trump zu kritisieren. Doch Bolton selbst ist einer der bekanntesten Kriegstreiber der US-Politik. Zuletzt durfte er am 7. Januar bei „Markus Lanz“ auftreten, um sich über Trump zu beschweren. Beim deutschen Fernsehen heiligt der Zweck offenbar die Mittel.
08.01.2021 00:07
Aktualisiert: 08.01.2021 00:07
Lesezeit: 4 min
Wie das ZDF den Kriegstreiber John Bolton hofiert, weil er gegen Trump ist
Markus Lanz und John Bolton am 7. Januar 2021 im ZDF. (Screenshot)

Wenn das ZDF und die ARD US-Präsident Donald Trump für seine Verfehlungen während seiner Amtszeit kritisieren möchten, ist das nicht nur berechtigt, sondern aus Sicht von Deutschland und Europa erwünscht.

Allerdings sollte der Zweck nicht die Mittel heiligen. Im Verlauf des US-Wahlkampfs trat der ehemalige nationale Sicherheitsberater von Trump, John Bolton, immer wieder als „Kronzeuge“ bei den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF auf – und zwar mehrmals.

Einige Beispiele:

Am 2. August 2020 bei „Titel Thesen Temperamente“ – HIER.

Am 7. Oktober 2020 bei „Maischberger“ – HIER.

Am 31. Oktober 2020 bei „Tacheles“ – HIER.

Am 5. November 2020 bei „Maybritt Illner“ – HIER.

Am 7. Januar 2020 bei „Markus Lanz“ – HIER.

Er wurde auch von der „Frankfurter Rundschau“, der „SZ“, „Deutschlandfunk Kultur“, der „Deutschen Welle“ und durch andere Zeitungen interviewt, damit er Trump kritisiert.

Als Bolton im Jahr 2019 seines Amtes als nationaler Sicherheitsberater Trumps enthoben wurde, hatte die „Deutsche Welle“ noch getitelt: „Der Iran begrüßt vorsichtig die Entlassung des Kriegstreibers John Bolton“. Erst als er sich offen gegen Trump positionierte, wurde er interessant für die deutschen Medien.

Bei seinen Auftritten im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wirkt Bolton wie ein netter US-Onkel mit Schurbart und Brille, der aus einer demokratischen Überzeugung heraus Trump kritisiert. Doch Bolton ist alles andere als ein überzeugter Demokrat und Menschenrechtler. Ganz im Gegenteil: Bolton hat im Verlauf seiner Karriere mehrmals bewiesen, dass er ein Kriegstreiber ist – und er macht daraus kein Geheimnis. Zudem berichtet „NBC News“, dass er publizistisch und politisch in xenophoben Kreisen verkehrt. Der „Guardian“ stellt fest, dass Bolton der „bekannteste Kriegstreiber in Washington D.C.“ ist. „Euronews“ führt aus, dass Bolton ein Neokonservativer ist, der zu den Architekten des Irak-Kriegs 2003 gehört

John Bolton veröffentlichte im August 2017 ein Weißbuch, in dem er die Regierung Trump öffentlich aufforderte, Druck auf den Iran auszuüben, indem sich Washington vom Nuklearabkommen zurückzieht und Unruhen im Iran schürt. Das Dokument mit dem Titel „Iran Nuclear Deal Exit Strategy” beinhaltet einen Aufruf an die USA, „Unterstützung für kurdische nationale Bestrebungen, einschließlich der Kurden im Iran, Irak und Syrien”, sowie „Unterstützung für Belutschen, die Khuzestan-Araber, Kurden und andere”, bereitzustellen. Die erste Forderung des Weißbuchs wurde bereits erfüllt.

Bolton ist ein Gegner der UN und der EU

Bolton, stellt nach Ansicht von Beobachtern nicht nur eine Gefahr für den Nahen Osten und die Stabilität der EU dar, sondern vor allem auch für die Sicherheit der USA selbst. Während seiner Amtszeit als UN-Botschafter der USA zwischen August 2005 und Dezember 2006 machte er mehrmals seine Verachtung für die UN deutlich. Seine Ernennung zum UN-Botschafter wurde in den USA von zahlreichen US-Diplomaten und Kongressmitgliedern kritisiert, zumal er sich auch schon zuvor im Jahr 1994 im Rahmen einer Senatsanhörung abschätzig über die UN geäußert hatte.

Bolton sagte: „Es gibt keine UN. Es gibt eine internationale Gemeinschaft, die gelegentlich von der einzig verbliebenen Supermacht angeführt werde - und das sind die USA. Wenn man zehn Stockwerke (des UN-Hauptquartiers in New York) wegmachen würde, dann würde das überhaupt nichts ausmachen.” Die US-Senatorin Barbara Boxer sagte, dass diese Aussage zeige, wer der „wirkliche John Bolton” sei. John Biden sagte damals, Bolton zur UN zu schicken sei so, „als schicke man einen Elefanten in den Porzellanladen.“

Im Jahr 2006 hielt er im UN-Gebäude einen Vortrag vor Journalisten, um sie davon zu überzeugen, dass der Iran kurz davor steht, eine Atombombe zu bauen. „Sein Ziel war es natürlich, uns davon zu überzeugen, dass der Iran einer Bombe nahe ist, obwohl in einer Schätzung des Nationalen Geheimdienstes der USA aus dem Jahr 2007 zum damaligen Zeitpunkt festgestellt wurde, dass Teheran sein Atomwaffenprogramm im Jahr 2003 aufgegeben hatte”, so der US-Journalist Joe Lauria in einem Gastbeitrag für Consortium News.

Die New York Times hatten zuerst über die Einschätzung der US-Geheimdienste berichtet. Bolton glaube, dass die USA außergewöhnlich und unverzichtbar und allen anderen Nationen überlegen seien, und er habe keine Angst davor, dies offen zu sagen. Er sei kein typischer „passiv-aggressiver”, sondern ein „aggressiv-aggressiver” Regierungsbeamter, so Lauria.

Bolton manipulierte Geheimdienst-Informationen

Im Jahr 2005 sagte der damalige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des US-Senats, Tony Blinken, dem Blatt The New Yorker: „Wir haben gesehen, wie Herr Bolton versucht hat, Geheimdienstinformationen zu manipulieren, um seine Ansichten zu rechtfertigen. Das kann durchaus einmal vorkommen. Aber es kam mehrmals vor und es war immer dasselbe.”

Im Jahr 2010 sagte Bolton im Gespräch mit Fox News, dass er sich für Geheimhaltung einsetzt, wenn es um Fragen der nationalen Sicherheit geht. „Und möglicherweise für Täuschungen, wenn dies angebracht ist”, so Bolton. Der Fox-Moderator Andrew Napolitano fragte daraufhin: “Glauben Sie das wirklich? Sie würden lügen, um etwas zu bewahren?”

Bolton antwortete: „Wenn ich etwas sagen müsste, von dem ich wüsste, dass es falsch ist, würde ich es tun, um die nationale Sicherheit der USA zu schützen.”

Am 26. März 2015 schrieb Bolton in einem Gastbeitrag für die New York Times unter dem Titel „Um Irans Bombe zu stoppen, muss der Iran bombardiert werden”: „Ein Angriff muss nicht die gesamte iranische Nuklearinfrastruktur zerstören, aber durch den Bruch der Schlüsselverbindungen im Kernbrennstoffkreislauf könnte ein Angriff das Atom-Programm um drei bis fünf Jahre zurücksetzen. Die USA könnten eine gründliche Zerstörungsarbeit leisten, doch Israel kann im Alleingang das tun, was nötig ist. Ein solches Vorgehen sollte mit energischer amerikanischer Unterstützung der iranischen Opposition einhergehen, die auf einen Regimewechsel in Teheran abzielt.”

Doch für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hegt Bolton offenbar große Sympathien. Anfang Oktober 2018 besuchte Spahn Bolton, in Washington D.C., um mit ihm über über biologische Waffen, Terrorismus und Epidemien zu sprechen, berichtet der englischsprachige Dienst der Deutschen Welle (DW). „Wir waren uns einig, dass wir in diesen Bereichen mehr Arbeit leisten müssen, um in Krisensituationen schneller reagieren zu können. Bioterrorismus ist die Atombombe des armen Mannes. Mit wenig Arbeit können Sie etwas Schreckliches tun. Deshalb müssen wir auf diesem Gebiet eng mit unseren amerikanischen Kollegen zusammenarbeiten“, so Spahn. Der DW zufolge hat Spahn „exzellente Kontakte in die USA“ und eine sehr freundliche Beziehung zum Ex-US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell. Grenells Ehemann Matt Lashey ist Mitgründer der Firma Treatment Technologies and Insights LLC.

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