Deutschland

Während des Lockdowns: Bundesregierung genehmigte Einsatz von Insektengift

Unbemerkt von der Öffentlichkeit, hat die Bundesregierung während des Corona-Lockdowns ein Insektengift zugelassen. Es darf zunächst in Rheinland-Pfalz, Bayern und Baden-Württemberg eingesetzt werden. Das Gift trägt maßgeblich zum Bienensterben bei.
10.01.2021 17:27
Aktualisiert: 10.01.2021 17:27
Lesezeit: 1 min
Während des Lockdowns: Bundesregierung genehmigte Einsatz von Insektengift
"Imker in spe: Neonicotinoide vergiften unsere Zukunft" steht auf einem Banner. (Foto dpa) Foto: Frank May

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) teilte am 18. Dezember 2020 mit: „Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat am 18. Dezember 2020 dem Pflanzenschutzdienst Baden-Württemberg, der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) sowie dem Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Rheinland-Pfalz Notfallzulassungen zur begrenzten Saatgutbehandlung und anschließenden Aussaat von Zuckerrübensaatgut mit dem Wirkstoff Thiamethoxam vom 1. Januar 2021 bis 30. April 2021 erteilt. Die Notfallzulassungen des Pflanzenschutzmittels Cruiser 600 FS zur Behandlung von Zuckerrübensaatgut für die drei Bundesländer wird für Baden-Württemberg auf 12.000 Hektar, für Bayern auf 20.600 Hektar und für Rheinland-Pfalz auf 12.700 Hektar ausschließlich für Hotspots in den Vertragsgebieten der in den Zulassungen angegebenen Zuckerfabriken erteilt.“ Thiamethoxam gehört zu der Gruppe von Neonicotinoiden. Während die Anordnung als begrenzte Ausnahme für Notfälle von einem derzeitigen EU-weiten Verbot von Chemikalien getarnt ist, argumentieren Umweltorganisationen, dass dies erst der Beginn einer erneuten Genehmigung der seit 2013 verbotenen Chemikalien ist. 2018 hatte eine Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten dem Vorschlag der EU-Kommission zugestimmt, wonach der Einsatz „von drei für Bienen und andere Bestäuber besonders gefährlichen Neonicotinoiden im Freiland“ verboten werden soll. Die Bundesregierung stimmte dem zu. Doch Klöckner umgeht diese Bestimmung mit einer sogenannten „Notfallzulassung“.

„Die drei Neonicotinoide wurden aus gutem Grund verboten: Sie stellen erwiesenermaßen eine große Gefahr für eine Vielzahl von Insekten dar und bedrohen die biologische Vielfalt. Dass diese Ackergifte trotz des dramatischen Insektensterbens jetzt durch Notfallgenehmigungen wieder zum Einsatz kommen können, ist absolut unverantwortlich. Landwirtschaftsministerin Klöckner behauptet weiterhin, dass 'vom Markt müsse, was der Biene schadet'. Doch dass die Ministerin die Notfallzulassungen im Zuckerrübenanbau nicht verhindert, zeigt, dass es sich dabei um bloße Rhetorik handelt“, zitiert das „Fruchtportal“ Christine Vogt, Referentin für Landwirtschaft beim Umweltinstitut München.

Die dpa führte im Oktober 2020 zusammenfassend aus: „Es geht um die sogenannten Neonicotinoide. Diese Insektizide sind auch in Deutschland umstritten. Sie können bei Bienen Studien zufolge Störungen bei Fortpflanzung, Orientierung und Überlebensfähigkeit verursachen. Biologen sorgen sich vielerorts um zurückgehende Bestände blütenbesuchender Insekten, die Tiere sind wichtig für die Pflanzenbestäubung und spielen eine zentrale Rolle im Ökosystem. Andererseits müssen Landwirte weiter effektive Mittel gegen Schädlinge einsetzen können.



Neonicotinoid-Insektizide (NNI) werden etwa als Saatgutbeizmittel genutzt, beim Wachsen verteilt sich das Gift bis in Pollen und Nektar. 2013 hatte die EU-Kommission die Nutzung der Substanzen Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid wegen der Risiken für Bienen begrenzt. Bestimmte Anwendungen blieben aber möglich. Ab Ende 2018 durften die Stoffe nur noch in geschlossenen Gewächshäusern verwendet werden.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Rechtsruck in Polen – schlechte Aussichten für Berlin?
02.06.2025

Polen hat einen neuen Präsidenten – und der Wahlausgang sorgt europaweit für Nervosität. Welche Folgen hat der Rechtsruck für Tusk,...

DWN
Politik
Politik Trump zieht Investoren ab – Europa droht der Ausverkauf
02.06.2025

Donald Trump lockt mit Milliarden und Zöllen Investoren zurück in die USA – Europa verliert an Boden. Bricht der alte Kontinent im...

DWN
Politik
Politik Plan von Klingbeil: Steuerentlastungen für Unternehmen – das sind die Details
02.06.2025

Die schwarz-rote Koalition will zeigen, dass sie Probleme angeht – auch die schwächelnde Wirtschaft. Finanzminister Lars Klingbeil will...

DWN
Technologie
Technologie Robotikbranche 2025 in schwieriger Phase – Umsatzrückgang droht
02.06.2025

Die deutsche Robotikbranche kämpft 2025 mit rückläufigen Umsätzen und schwankenden Rahmenbedingungen. Welche Teilbereiche sind...

DWN
Finanzen
Finanzen Biontech-Aktie hebt ab: Milliardenkooperation mit US-Pharmaunternehmen
02.06.2025

Die Biontech-Aktie erhält neuen Aufwind: Eine milliardenschwere Allianz mit Bristol-Myers Squibb weckt Hoffnung bei Anlegern und...

DWN
Finanzen
Finanzen Hensoldt-Aktie auf Rekordjagd: Was Anleger jetzt wissen sollten
02.06.2025

Die Hensoldt-Aktie überrascht mit einem historischen Kursfeuerwerk – doch ist der Höhenflug gerechtfertigt? Anleger sollten genauer...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KfW-Analyse: Mittelstand zieht sich aus dem Ausland zurück
02.06.2025

Eine aktuelle KfW-Analyse zeigt: Immer mehr Mittelständler ziehen sich aus dem Auslandsgeschäft zurück. Was steckt hinter dem Rückzug...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Personalstrategie: Warum Top-Kandidaten oft scheitern – und was das über unser System verrät
02.06.2025

Ein Blick hinter die Kulissen zeigt: Bei der Personalauswahl geht es immer weniger um Kompetenz – und immer mehr um Bauchgefühl,...