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Linde baut in Sachsen-Anhalt größte Wasserstoff-Anlage der Welt

Lesezeit: 2 min
18.01.2021 17:11  Aktualisiert: 18.01.2021 17:11
Linde hat in den vergangenen Monaten eine regelrechte Offensive von Wasserstoff-Projekten gestartet. Gerade das letzte, das der Konzern im Januar begonnen hat, hört sich sehr vielversprechend an. Doch gibt es ein Problem.
Linde baut in Sachsen-Anhalt größte Wasserstoff-Anlage der Welt
Linde gehört zu den wichtigsten Produzenten von grünem Wasserstoff, der aus Erneuerbaren Energie hergestellt wird. (Foto: dpa)
Foto: Andreas Arnold

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Der internationale Industriegase-Hersteller mit deutschen Wurzeln, Linde, baut die größte Elektrolyse-Anlage für grünen Wasserstoff der Welt. Das teilt der Konzern in einer offiziellen Erklärung mit. Die Technologie verfügt über eine Leistungsfähigkeit von 24 Megawatt und wird die Industriekunden des Unternehmens versorgen, die Linde in seinem Leitungs-Netzwerk mit etwa 1.000 Kilometern bedient.

Die Führungsriege rechnet mit einem Start der Produktion in der zweiten Jahreshälfte 2022. Die Anlage wird am sachsen-anhaltinischen Standort in Leuna aufgebaut, der zu den größten Chemiewerken in Deutschland gehört. Der Konzern kalkuliert mit einem jährlichen Produktionsvolumen von grünem Wasserstoff, die ausreichen, um 600 Autobusse fahren zu lassen. Die Fahrzeuge können damit eine Gesamtstrecke von 40 Millionen Kilometern zurücklegen. Darüber hinaus kann man dadurch den Ausstoß von 40.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr vermeiden.

„Projekt ein Meilenstein für immer größere Werke“

„Der saubere Wasserstoff ist ein Grundstein in der deutschen und europäischen Strategie, um die Herausforderung des Klimawandels anzunehmen. Er ist eine Möglichkeit, um den Kohlendioxid-Ausstoß in vielen Industrien zu reduzieren, wozu auch die Chemie und die Raffinerien gehören“, sagte Jens Waldeck, der Leiter für die Region West bei Linde. „Dieses Projekt zeigt, dass die Kapazitäten für die Elektrolyse immer größer werden. Dies ist ein Meilenstein, um immer größere Werke zu errichten“, erklärte Waldeck.

Damit hat der Industriekonzern in den vergangenen Monaten eine regelrechte Wasserstoff-Offensive gestartet. Anfang Dezember unterzeichnete das Unternehmen Dokumente mit gleich zwei Partnern. So wird Daimler Truck, einer der größten LKW-Hersteller der Welt, gemeinsam mit dem Hersteller die nächste Generation einer Tank-Technologie für schwere Nutzfahrzeuge entwickeln, die mit Brennstoffzellen betrieben werden. Der erste Prototyp soll 2023 fertig sein, planen die Unternehmen.

Zusätzlich hat Linde mit dem europäischen Industriepartner Sam eine Absichtserklärung unterzeichnet, um gemeinsam unterschiedliche Projekte für grünen Wasserstoff umzusetzen. Sam besitzt und betreibt eines der größten Netzwerke für Naturgas in Europa, das sich über 42.000 Kilometer über den ganzen europäischen Kontinent erstreckt.

Darüber hinaus hat Linde Anfang November in seinem Werk Ontario in Kalifornien mit der Produktion von grünem Wasserstoff begonnen. Mit der neuen Investition sei der Hersteller nun in der Lage, dort so viel alternativen Sprit zu liefern, dass damit pro Tag 1.600 Fahrzeuge betankt werden können.

Hintergrund: Linde gehört zu den größten Produzenten von grünem Wasserstoff, der von allen Sorten die Umwelt am wenigsten belastet. Das glauben zumindest Experten. Denn hier wird bei Elektrolyse des Wassers Strom verwendet, der ausschließlich aus erneuerbaren Energien stammt. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, nur diese Form des Wasserstoffs mit Subventionen in Milliarden-Euro-Höhe zu fördern.

Dabei gehört Linde zu den wichtigsten Akteuren am Markt – neben dem direkten Konkurrenten Air Liquide aus Paris. Doch auch Siemens, Green Hydrogen Systems aus Dänemark und NEL aus Norwegen stehen auf der Liste der wichtigsten Produzenten.

Markt für grünen Wasserstoff wächst auf fast zwei Milliarden Euro

Das internationale Analyse-Haus Global Market Estimates (GME) rechnet damit, dass die Umsätze der Hersteller weltweit bis 2026 bis auf knapp zwei Milliarden Dollar (etwa 1,7 Milliarden Euro) steigen. Derzeit befindet er sich im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Die Dynamik, die dieses Geschäft dabei einnimmt, ist schon erstaunlich: So werden die Erlöse der Hersteller den Prognosen der Fachleute zufolge pro Jahr um mehr als 14 Prozent klettern. Die Schätzungen anderer Analyse-Häuser befinden sich in ähnlicher Größenordnung.

Diese Nachrichten über die neuen Wasserstoff-Projekte hören sich zwar sehr schön an und lassen sich am Markt gut verkaufen. Allerdings gibt es ein Problem: Wie aus den Schätzungen abzulesen ist, sind die prognostizieren Volumina für den Weltmarkt für den grünen Wasserstoff verhältnismäßig klein. Wenn alle Hersteller gemeinsam damit in den kommenden fünf Jahren gerade einmal 1,7 Milliarden Euro an Erlösen erwirtschaften, dann sind die Geschäfte, die Linde hier machen kann, in kurzer Zeit wohl kaum lukrativ.

Zum Vergleich: Das Unternehmen generiert pro Jahr Umsätze um 25 Milliarden Euro - also ein Vielfaches dessen, was der gesamte Weltmarkt für grünen Wasserstoff den Prognosen zufolge künftig umfassen soll.

Das Thema „Wasserstoff“ ist mit Sicherheit zwar politisch wichtig. Und es lässt auch an den Börsen die Aktienkurse immer mal wieder nach oben gehen. Doch dürfte sich damit für Linde erstmal kein richtiges Geld verdienen lassen. Und darauf kommt es ja an.

 


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